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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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gedacht. Er wäre dazu imstande. Aber ich kann nicht begreifen, dass Bob mich fortgeschickt hat, ohne vorher mit mir zu reden und mir den Grund zu nennen. Das ist nicht seine Art. Er ergreift nicht für jemanden Partei, bevor er beide Seiten angehört hat.«
    »Tut mir Leid, Rachel. Aber schließlich wissen alle, dass es dein Fall ist. Und du hast die Sache mit dem Hertz-Wagen herausbekommen, was uns schließlich nach Los Angeles gebracht hat.«
    »Danke, Jack. Aber es war nur ein Erfolg von vielen. Und es spielt keine Rolle. Die Verhaftung zählt. Was vorher passiert ist, ist unwesentlich.«
    Ich wusste, dass ich nichts sagen konnte, damit sie sich besser fühlte. Also beschloss ich, das Thema zu wechseln.
    »Übrigens, das war gutes Material, was du heute geliefert hast. Sieht aus, als fügte sich jetzt alles zusammen. Wir haben den Kerl noch nicht erwischt und wissen trotzdem bereits so viel über ihn.«
    »Das stimmt. Du hast ja auch gehört, was Brass gesagt hat - empfindest du jetzt Mitgefühl für ihn, Jack?«
    »Für den Mann, der meinen Bruder umgebracht hat? Nein. Überhaupt nicht.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Aber dir tut er Leid, nicht wahr?«
    Sie ließ sich mit ihrer Antwort viel Zeit.
    »Ich stelle ihn mir als Kind vor, aus dem alles Mögliche hätte werden können, bis dieser Mann daherkam und ihn zerstörte. Beltran hat ihn auf diesen Pfad gedrängt. Er ist das wahre Monster. Ich sagte es bereits - wenn jemand bekommen hat, was er verdiente, dann war er es.«
    »Okay, Rachel.«
    Sie begann zu lachen.
    »Entschuldige, ich glaube, ich werde jetzt endlich müde. Ich wollte gar nicht plötzlich so ernst werden.«
    »Das ist schon in Ordnung. Ich weiß, was du gemeint hast. Es gibt ein Mittel zu jedem Zweck. Und jede Sache hat ihre Wurzel. Manchmal ist die Wurzel übler als die Sache, aber gewöhnlich wird die Sache am heftigsten verdammt.«
    »Du kannst gut mit Worten umgehen, Jack.«
    »Ich würde lieber mit dir umgehen.«
    »Und ich mit dir.«
    Ich lachte. Dann schwiegen wir für ein paar Sekunden über die ganze Entfernung hinweg. Ich fühlte mich wohl. Reden war nicht erforderlich.
    »Ich weiß nicht, wie nahe sie dich morgen dabei sein lassen«, sagte sie schließlich. »Aber sei vorsichtig.«
    »Das werde ich. Und du auch. Wann kommst du zurück?«
    »Morgen Nachmittag, hoffe ich. Ich habe gesagt, sie sollen den Jet für zwölf startklar machen. Ich werde noch Gladdens Postfach überprüfen und dann ins Flugzeug steigen.«
    »Okay. Und jetzt versuch zu schlafen.«
    »Bestimmt. Ich wollte, ich wäre bei dir.«
    »Ich auch.«
    Ich dachte, sie würde auflegen, aber sie tat es noch nicht.
    »Hast du heute mit Gordon über mich gesprochen?«
    Ich dachte an seine Bemerkungen und daran, dass er sie die Painted Desert genannt hatte.
    »Nein. Wir hatten einen ziemlich hektischen Tag.«
    Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie mir glaubte, und mir war nicht wohl bei dem Gedanken, dass ich sie angelogen hatte.
    »Bis morgen, Jack.«
    »Schlaf gut, Rachel.«
    Nachdem wir aufgelegt hatten, dachte ich noch eine Weile über das Telefongespräch nach. Unsere Unterhaltung hatte mich irgendwie traurig gemacht, aber es war mir unmöglich, den Grund dafür zu begreifen. Nach einer Weile stand ich auf und verließ das Zimmer. Es regnete. Vor dem Eingang des Hotels sah ich mich um, entdeckte aber niemanden. Ich schüttelte die Ängste des Vorabends ab und marschierte los.
    Im Cat & Fiddle ließ ich mir an der Bar ein Bier geben. Trotz des Regens war das Lokal gut besucht. Meine Haare waren nass, und in dem Spiegel hinter der Bar entdeckte ich, dass ich dunkle Ringe unter den Augen hatte. Ich berührte meinen Bart auf die Art, wie Rachel es getan hatte. Als ich meinen Black and Tan ausgetrunken hatte, bestellte ich einen zweiten.

40
    Mittwochmorgen.
    Die Räucherstäbchen waren längst verbrannt. Gladden hatte sich ein T-Shirt so um den Kopf gebunden, dass es Mund und Nase bedeckte. Er sah aus wie ein Bankräuber im Wilden Westen. Er hatte Parfüm aus dem Badezimmer auf sein Hemd und in der Wohnung verspritzt - wie ein Priester sein Weihwasser. Aber genau wie Weihwasser half es kaum. Der Geruch war überall, verfolgte ihn. Aber das kümmerte ihn jetzt nicht mehr. Er hatte es durchgestanden. Es war Zeit, zu gehen. Zeit, sich umzuziehen.
    Im Badezimmer benutzte er abermals den rosa Plastik-Rasierapparat, den er auf der Wannenablage gefunden hatte.
    Dann duschte er ausgiebig, zuerst heiß und dann kalt. Hinterher bewegte

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