Jack McEvoy 01 - Der Poet
ein zweiseitiges Exposé zukommen lassen konnte. Ich antwortete, das könne er in einer Stunde haben, und er gab mir die Nummer seines Fax-Modems. Er sagte, wenn die Story so gut sei wie das, was er im Fernsehen gesehen hatte, würde er das Buch vermutlich bis Ende der Woche verkauft haben. Ich versprach ihm, die Geschichte sei sogar noch besser.
»Noch etwas«, sagte er. »Woher haben Sie meinen Namen?«
»Er stand in A Morning for Flamingos.«
Wir verabschiedeten uns und legten auf.
Das rote Licht am Telefon blinkte mich weiterhin an, aber ich ignorierte es und setzte mich vor meinen Laptop, um das Exposé zu schreiben. Ich versuchte, die Ereignisse der letzten beiden Wochen auf zwei Seiten zu komprimieren. Das war äußerst schwierig, zumal ich nur mit einer Hand arbeiten konnte. Nach geraumer Zeit waren vier Seiten daraus geworden.
Meine verletzte Hand hatte wieder zu pochen begonnen. Ich nahm noch eine Tablette und war gerade an den Computer zurückgekehrt, als das Telefon klingelte.
Es war Glenn, und er war stocksauer.
»Jack!«, rief er. »Ich habe auf Ihren Anruf gewartet! Wo, zum Teufel, haben Sie gesteckt?«
»Ich habe Sie angerufen! Ich habe eine Nachricht hinterlassen. Jetzt sitze ich hier seit Ewigkeiten und warte auf Ihren Rückruf.«
»Ich habe zurückgerufen, verdammt noch mal! Haben Sie denn meine Nachricht nicht erhalten?«
»Nein. Sie müssen angerufen haben, als ich gerade unten war, um mir eine Cola zu holen. Aber ich habe keine ...«
»Lassen wir das. Hören Sie, was haben Sie für morgen? Jackson ist darauf angesetzt, und Sheedy ist heute Morgen ins Flugzeug gestiegen. Sie wird an einer Pressekonferenz des FBI teilnehmen. Aber was können Sie uns Neues liefern? Sämtliche Zeitungen im Lande drucken uns nach, und wir müssen zusehen, dass wir ihnen auch weiterhin voraus sind. Also?«
»Ich weiß nichts«, log ich. »Im Augenblick tut sich nicht viel. Die FBI-Leute sind vermutlich noch dabei, die Details zusammenzufügen ... Lassen Sie mich immer noch nicht selbst schreiben?«
»Hören Sie, Jack, darüber haben wir bereits gestern gesprochen. Sie stecken zu tief drin. Sie können nicht erwarten, dass ...«
»Okay, okay. War nur eine Frage. Ähm - ein paar Kleinigkeiten gibt es doch. Erstens haben sie die Spur dieses Gladden gestern Abend zu einer Wohnung zurückverfolgt und dort eine Leiche gefunden. Noch eines seiner Opfer. Das ist doch schon mal was. Und dann sagen Sie Jackson, er soll das hiesige Field Office anrufen und sich nach dem Computer erkundigen, den sie gefunden haben.«
»Dem Computer?«
»Gladden hatte einen Laptop in seinem Wagen. Die Computer-Genies haben sich die ganze Nacht und heute Vormittag damit beschäftigt. Ich weiß nicht, was sie gefunden haben, aber ein Anruf könnte sich vielleicht lohnen.«
»Und was haben Sie getan?«
»Ich bin vernommen worden. Hat den ganzen Vormittag gekostet. Sie müssen damit zum Staatsanwalt, damit der auf Tötung in Notwehr oder so etwas plädieren kann. Als ich damit fertig war, bin ich hierher zurückgekehrt.«
»Die sagen Ihnen nicht mehr, was sich tut?«
»Nein. Ich habe nur zufällig gehört, wie sich zwei Agenten über die Leiche und die Sache mit dem Computer unterhalten haben, das ist alles.«
»Na ja, besser als gar nichts.«
Ich lächelte. Die Entdeckung des letzten Opfers des Poeten preiszugeben machte mir nichts aus. Das würde ohnehin bald genug herauskommen. Aber wenn jemand wie Jackson einfach beim FBI anrief, würde man ihm nicht einmal bestätigen, dass es überhaupt einen Computer gab, geschweige denn ihm sagen, was drin steckte.
»Tut mir Leid, Greg, mehr weiß ich nicht«, wiederholte ich noch einmal. »Sagen Sie auch Jackson, dass es mir Leid tut. Und was soll Sheedy hier tun, außer bei der Pressekonferenz dabei sein?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Glenn. »Sie wird sich umhören. Wann kommen Sie zurück?«
»Fürs Erste muss ich noch hier bleiben; kann sein, dass die Staatsanwaltschaft mich noch vernehmen will. Vermutlich ist aber morgen alles erledigt.«
»Also gut. Wenn Sie etwas erfahren, lassen Sie es mich sofort wissen. Und machen Sie den Leuten unten an der Rezeption die Hölle heiß, weil die Ihnen meine Botschaft nicht ausgerichtet haben. Ich werde diese Computer-Sache an Jackson weitergeben. Bis demnächst, Jack.«
»Bis bald. Und, oh, Greg? Meiner Hand geht es gut.«
»Wie bitte?«
»Ich wusste doch, dass Sie sich Sorgen machen. Aber sie fühlt sich schon viel besser an.
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