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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Lofton spüren. Auf den ersten Seiten wurde sie immer das Opfer genannt, manchmal Theresa Lofton. Später begann er, von Theresa zu sprechen. Und in den letzten Berichten, denen, die er im Februar kurz vor seinem Tod verfasst hatte, nannte er sie Terri. Diese Kurzform ihres Namens hatte er wahrscheinlich von ihren Familienangehörigen und Freundinnen übernommen oder vielleicht von der Rückseite des Fotos von ihrem ersten Tag auf dem Campus. Dem Glückstag.
    Als ich die andere Akte aufschlug, hatte ich nur noch zehn Minuten Zeit. Diese Akte war dünner und schien ein Sammelsurium von Ermittlungs-Sackgassen zu enthalten. Da gab es zum Beispiel mehrere Briefe von Leuten, die Theorien über den Mord aufstellten. Ein Brief stammte von einem Medium, das behaup tete, Theresa Loftons Geist kreise irgendwo hoch oberhalb der Ozonschicht in einem Hochfrequenz-Tongürtel. Sie spreche so schnell, dass ihre Worte sich für das untrainierte Ohr wie Zirpen anhörten, aber das Medium könne das Zirpen entschlüsseln und sei bereit, ihr Fragen zu stellen, wenn Sean es wünsche. Die Akte enthielt keinen Hinweis darauf, dass er es getan hatte.
    In einem anderen ergänzenden Bericht hieß es, dass Theresas Bank und die Autowerkstatt vom Campus aus leicht zu Fuß zu erreichen waren. Die Detectives gingen zweimal die Strecke zwischen ihrem Zimmer im Studentenheim, der Kindertagesstätte, der Bank und der Werkstatt ab, konnten aber keine Zeugen ausfindig machen, die sich erinnerten, Theresa an jenem Mittwoch nach Ferienbeginn gesehen zu haben. Trotzdem war mein Bruder von der - in einem anderen ergänzenden Bericht niedergelegten - Theorie ausgegangen, dass Lofton entführt worden war, und zwar nachdem sie von der Kindertagesstätte aus in der Werkstatt angerufen hatte, aber bevor sie bei der Bank angekommen war, um dort das Geld für die Reparatur ihres Wagens abzuheben.
    Die Akte enthielt außerdem eine chronologische Aufstellung über die Unternehmungen der mit dem Fall beschäftigten Ermittler. Ursprünglich hatten vier CAP-Leute ausschließlich daran gearbeitet. Aber als kaum Fortschritte erzielt wurden und neue Fälle dazukamen, waren es nur noch Sean und Wexler, die weiterhin ermittelten. Und schließlich nur noch Sean. Er ließ nicht locker.
    Die letzte Eintragung in der chronologischen Aufstellung stammte vom Tag seines Todes. Es war nur eine einzige Zeile: >13. März - RUSHER im Stanley. P / R Info über Terri.<
    »Die Zeit ist um.«
    Ich schaute hoch und sah, dass Wexler auf seine Uhr deutete. Ich klappte die Akte widerspruchslos zu.
    »Was bedeutet P Schrägstrich R?«
    »Person Reporting. Es bedeutet, dass ihn jemand angerufen hat.«
    »Wer ist Rusher?«
    »Das wissen wir nicht. Im Telefonbuch stehen ein paar Leute, die so heißen. Wir haben sie angerufen, aber sie hatten keine Ahnung, wovon wir redeten. Ich habe den Namen auch durch den NCIC laufen lassen, aber da wir nur den Nachnamen kennen, hat das auch nichts gebracht. Kurz gesagt, wir wissen nicht, wer das war oder ist. Wir wissen nicht einmal, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Wir wissen nicht, ob sich Sean tatsächlich mit jemandem getroffen hat oder nicht. Im Stanley haben wir niemanden ausfindig gemacht, der ihn gesehen hat.«
    »Weshalb sollte er losgefahren sein, um diese Person zu treffen, ohne Ihnen Bescheid zu sagen oder irgendeine Notiz darüber zu hinterlassen, um wen es sich handelt? Und weshalb fuhr er allein?«
    »Wer weiß? Es gab zu diesem Fall so viele Hinweise, dass man den ganzen Tag allein mit dem Notieren der Anrufe hätte verbringen können. Und vielleicht wusste er es selbst nicht. Vielleicht wusste er nur, dass jemand mit ihm reden wollte. Ihr Bruder steckte so tief in dieser Sache drin, dass er sich mit jedem getroffen hätte, der behauptete, etwas zu wissen. Ich werde Ihnen ein kleines Geheimnis verraten. Etwas, das nicht in der Akte steht, weil er nicht wollte, dass die Leute hier ihn für verrückt hielten. Aber er ist tatsächlich losgefahren und hat das Medium aufgesucht, das in der Akte erwähnt wird.«
    »Und was hat er erfahren?«
    »Nichts. Nur irgendwelchen Blödsinn darüber, dass der Killer sich irgendwo da draußen herumtreibt und darauf wartet, einen weiteren Mord zu begehen. Und Sean musste so tun, als nähme er das ernst, und sich für den Hinweis bedanken. Aber behalten Sie das für sich. Ich möchte nicht, dass man Sean noch nachträglich für einen Spinner hält.«
    Ich machte mir nicht die Mühe, eine Bemerkung darüber zu

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