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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sofort raus, direkt zum Parkplatz. Ich entdeckte seinen Wagen. Konnte ihn drinnen sehen. Die Scheiben waren ziemlich stark beschlagen, aber ich konnte ihn trotzdem sehen. Er saß am Steuer. Seltsame Art, wie er sich zurücklehnte. Ich wusste gleich, was passiert war ... Tut mir Leid, dass es Ihr Bruder war.«
    Ich nickte und betrachtete die Hütte des Rangers. Nur ein kleines Büro mit wenigen zweckmäßigen Möbeln. Mir war klar, dass fünf Sekunden vermutlich hoch geschätzt waren für die Zeit, ehe Pena den Wagen entdeckt hatte.
    »Er hat nicht gelitten«, sagte Pena.
    »Wie bitte?«
    »Wenn das zu dem gehört, was Sie wissen möchten. Ich glaube, er brauchte keine Schmerzen zu erleiden. Ich bin hingerannt. Er war tot. Sofort tot.« »In dem Polizeibericht stand, dass Sie nicht zu ihm gelangen konnten. Die Türen seien verriegelt gewesen.«
    »Ja, ich hab versucht, die Tür zu öffnen. Aber er war eindeutig tot. Ich bin hierher zurückgerannt, um Leute anzurufen.«
    »Wie lange hat der Wagen Ihrer Meinung nach auf dem Parkplatz gestanden, bevor er es tat?«
    »Das weiß ich nicht. Das habe ich der Polizei auch schon gesagt. Von hier aus kann ich den Parkplatz nicht überblicken. Ich war in der Hütte - ich habe einen Heizofen - also, ich würde sagen, mindestens eine halbe Stunde, bevor ich den Schuss hörte. Er kann die ganze Zeit dort gesessen haben. Hat vermutlich darüber nachgedacht.« Ich nickte.
    »Sie haben ihn nicht auf dem See gesehen? Ich meine, bevor der Schuss fiel?«
    »Auf dem See? Nein, niemand war auf dem See.«
    Wir schwiegen für eine Weile.
    »Gab es irgendeinen Grund?«, fragte Pena schließlich. »Ich sagte es schon, ich weiß, dass er Polizist war.«
    Ich schüttelte den Kopf. Nein. Ich wollte mich nicht mit diesem Fremden darüber unterhalten. Also dankte ich ihm und machte mich auf den Rückweg zu meinem Wagen, während er die Hütte abschloss. Der Tempo war nach wie vor der einzige Wagen auf dem freigeräumten Parkplatz. Mir fiel noch etwas ein, und ich kehrte um.
    »Wie oft wird hier geräumt?«
    Pena machte sich bereits auf den Weg.
    »Nach jedem Schneefall.«
    Ich nickte.
    »Wo steht Ihr Wagen?«
    »Wir haben ein paar hundert Meter weiter unten einen Geräteschuppen. Ich lasse meinen Wagen immer dort stehen, laufe morgens hier herauf und abends wieder hinunter.«
    »Soll ich Sie hinbringen?«
    »Nein, danke. Auf dem Pfad komme ich schneller hin.«
    Auf der ganzen Rückfahrt nach Boulder dachte ich an meinen letzten Aufenthalt am Bear Lake. Auch damals war Winter ge wesen. Aber der See war nicht zugefroren, jedenfalls nicht so zu verlässig wie diesmal. Doch als ich von dort wegfuhr, fühlte ich mich genauso kalt und einsam wie damals. Und ebenso schuldig.
    Riley öffnete mir die Tür. Sie sah aus, als sei sie seit der Beerdigung um zehn Jahre gealtert. Doch ich entdeckte noch etwas anderes: Theresa Lofton hatte ausgesehen wie eine neunzehnjährige Riley McEvoy. Ich fragte mich, ob Scalari oder sonst jemand das bei den Psychologen zur Sprache gebracht hatten.
    Sie bat mich herein. Sie wusste, dass sie schlecht aussah. Trotzdem versuchte sie ein schwaches Lächeln. Wir gingen in die Küche. Sie fragte mich, ob sie Kaffee machen solle, aber ich antwortete, ich wolle nicht lange bleiben. Ich setzte mich an den Küchentisch. Wie immer, wenn ich zu Besuch kam. Auch Seans Tod hatte daran nichts geändert.
    »Ich wollte dir sagen, dass ich über Sean schreiben werde.«
    Sie schwieg lange, und sie sah mich nicht an. Stattdessen stand sie auf und fing an, den Geschirrspüler auszuräumen.
    Ich wartete.
    »Muss das sein?«, fragte sie schließlich.
    »Ja ... ich glaube schon.«
    Sie sagte nichts.
    »Ich habe vor, den Therapeuten anzurufen. Dorschner. Ich weiß nicht, ob er mit mir reden wird, aber da Sean tot ist, sehe ich keinen Grund, weshalb er es nicht tun sollte. Doch es könnte sein, dass er vorher deine Zustimmung einholen will...«
    »Mach dir deswegen keine Sorgen, Jack. Ich werde dir keine Steine in den Weg legen.«
    Ich nickte zum Dank, aber mir war die Schärfe in ihren Worten nicht entgangen.
    »Ich war heute bei den Cops, und ich bin zum See hinaufgefahren.«
    »Ich will nichts davon hören, Jack. Wenn du darüber schreiben willst, dann ist das deine Entscheidung. Tu, was du tun musst. Aber meine Entscheidung ist, dass ich nichts davon hören will. Und wenn du über Sean schreibst, dann will ich es auch nicht lesen. Ich muss tun, was ich tun muss.«
    Ich nickte abermals und sagte:

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