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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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wurde. Sie wurde ungefähr vierzig Stunden nach der von den Ermittlern festgestellten Todeszeit gefunden. Der Park war jedoch bei Joggern und Spaziergängern gleichermaßen beliebt. Deshalb war es ziemlich ausgeschlossen, dass die Tote so lange in diesem öffentlichen Park gelegen hatte, ohne entdeckt zu werden, obwohl Schneefall die Zahl der Besucher erheblich eingeschränkt hatte. Dem Bericht zufolge hatte die Leiche sogar nicht länger als drei Stunden dort gelegen, als ein Jogger sie kurz nach Tagesanbruch entdeckte.
    Wo hatte sie sich in der Zwischenzeit befunden? Diese Frage konnten die Ermittler nicht beantworten. Aber sie hatten einen Anhaltspunkt.
    Die Faseranalyse hatte zahlreiche fremde Haare und Baumwollfasern aufgelistet, die auf der Leiche gefunden und aus ihrem Haar ausgekämmt worden waren. Sie würden in erster Linie dazu dienen, mit denen eines Verdächtigen verglichen zu werden - sobald man einen Verdächtigen hatte. Ein Abschnitt des Berichts war eingekreist. Er berichtete über die Entdeckung einer speziellen Faser - Kapok -, die in großen Mengen an der Leiche gefunden worden war. Dreiunddreißig Samenfasern von Kapok. Diese Zahl deutete auf direkten Kontakt mit ihrem Ursprungsort hin. In dem Bericht hieß es, dass Kapokfasern zwar denen von Baumwolle ähnelten, aber selten und vor allem in je nen Gegenständen zu finden waren, die Auftrieb erforderten, zum Beispiel in Bootskissen, Schwimmwesten und manchen Schlafsäcken. Ich wunderte mich, weshalb dieser Abschnitt ein gekreist war, und fragte Wexler danach.
    »Sean hielt die Kapokfasern für den Schlüssel zur Erkennt nis, wo die Leiche in den fehlenden Stunden gewesen ist. Sie wissen schon - wenn wir einen Ort gefunden hätten, an dem diese ziemlich seltene Faser vorkommt, dann hätten wir den Tat ort gehabt. Aber wir haben ihn nie gefunden.«
    Da die Berichte in chronologischer Reihenfolge abgeheftet waren, konnte ich nachvollziehen, wie Theorien aufgestellt und dann wieder verworfen worden waren. Und ich konnte eine zunehmende Verzweiflung spüren. Die Ermittlungen führten nirgendwo hin. Es war offensichtlich, dass mein Bruder der Ansicht gewesen war, dass Theresa einem Serienkiller, der am schwersten zu fassenden Art von Verbrechern, über den Weg gelaufen war. Es gab einen Bericht vom National Center for the Analysis of Violent Crime des FBI - dem nationalen Zentrum zur Analyse von Gewaltverbrechen - mit einem psychologischen Profil des Killers. Außerdem hatte mein Bruder in der Akte die Kopie einer siebzehn Seiten langen Checkliste von Aspekten des Verbrechens abgeheftet, die er an das Violent Crime Apprehension Program des FBI geschickt hatte. Aber die Reaktion des VICAP-Computers auf diese Liste war negativ gewesen. Der Lofton-Mord stimmte in nicht genügend Details mit anderen Morden im Lande überein, um zu rechtfertigen, dass sich das FBI weiterhin mit ihm befasste.
    Das Täterprofil, das das FBI geliefert hatte, war von einer Agentin namens Rachel Walling erstellt worden. Es enthielt eine Fülle von Verallgemeinerungen, die für die Ermittlungen weitgehend wertlos waren, weil die Charaktermerkmale zwar einleuchtend und möglicherweise sogar zutreffend waren, den Detectives aber kaum dabei halfen, aus den Millionen von Menschen, die danach als Verdächtige in Frage kamen, den Richtigen herauszufinden.
    Dem Profil zufolge war der Killer höchstwahrscheinlich ein weißer Mann, zwanzig bis dreißig Jahre alt, mit latenten Minderwertigkeitsgefühlen und Wut auf Frauen, daher die rohe Verstümmelung der Leiche. Er war vermutlich von einer dominierenden Mutter aufgezogen worden. Sein Vater hatte vermutlich nicht mit der Familie zusammengelebt oder war ausschließlich damit beschäftigt gewesen, den Lebensunterhalt zu verdienen, und überließ es der Mutter, das Kind zu betreuen und aufzuziehen. Das Profil klassifizierte den Killer als >organisiert< in seiner Vorgehensweise und wies darauf hin, dass seine scheinbar erfolgreiche Ausführung der Tat und seine Nichtergreifung durch die Polizei ihn dazu veranlassen könnten, weitere Verbrechen dieser Art zu begehen.
    Die letzten Berichte in der ersten Akte waren Zusammenfassungen von Gesprächen, Hinweisen, die überprüft worden waren, und anderen Details des Falles, die in dem Moment, als sie niedergeschrieben wurden, vielleicht völlig bedeutungslos waren, sich später aber als entscheidend erweisen konnten. Beim Überfliegen dieser Berichte konnte ich Seans wachsende Zuneigung zu Theresa

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