Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
die Detectives, und er blieb über eine Stunde lang allein.
    An der ihm gegenüberliegenden Wand war ein Spiegelfenster, und daraus entnahm Gladden, dass er in einem Zimmer war, in dem man ihn besichtigen konnte. Er wusste nur nicht mit Ge wissheit, wer auf der anderen Seite des Fensters stand. Er hielt es allerdings für ausgeschlossen, dass sie seine Spur bis nach Denver oder Phoenix oder sonst wohin verfolgt hatten.
    Einmal glaubte er, auf der anderen Seite des Fensters Stim men zu hören. Sie waren da drüben, beobachteten ihn, musterten ihn, flüsterten. Er schloss die Augen und senkte das Kinn auf die Brust, damit sie sein Gesicht möglichst nicht sehen konnten. Dann hob er das Gesicht plötzlich mit einem höhnischen, irrsinnigen Grinsen und brüllte: »Das wird euch Scheißkerlen noch verdammt leidtun!«
    Damit habe ich die Person, die die Cops da drüben haben, mächtig verunsichert, dachte er. Diese verdammte Ticket-Einsammlerin. Dann kehrte er zu seinen Rache-Tagträumen zurück.
    Nachdem er neunzig Minuten lang in dem Zimmer eingesperrt gewesen war, ging endlich die Tür auf, und dieselben beiden Cops kamen herein. Sie setzten sich, die Frau ihm gegenüber und der Mann links neben ihn. Die Frau stellte zusammen mit seinem Seesack einen Kassettenrecorder auf den Tisch. Sie haben nichts, sagte er sich immer und immer wieder, wie ein Mantra. Sie würden ihn laufen lassen, noch bevor die Sonne untergegangen war.
    »Tut mir Leid, dass Sie warten mussten«, sagte die Frau freundlich.
    »Kein Problem«, sagte er. »Kann ich meine Zigaretten haben?«
    Er nickte in Richtung Seesack. Im Grunde wollte er gar nicht rauchen, er wollte nur wissen, ob die Kamera noch darin steckte. Diesen verdammten Cops konnte man nicht trauen. Das hatte ihm nicht einmal Horace beibringen müssen. Die Frau ignorierte seine Bitte jedoch und schaltete das Gerät ein. Dann informierte sie ihn, dass sie Detective Constance Delpy war und ihr Partner Detective Ron Sweetzer. Beide gehörten dem Dezernat für Kindesmissbrauch an.
    Gladden war überrascht, dass sie hier den Ton anzugeben schien. Sie sah ungefähr fünf bis acht Jahre jünger aus als Sweetzer. Sie hatte blondes Haar, das sie kurz geschnitten trug, und ein paar Kilo Übergewicht, vor allem an den Hüften und den Oberarmen. Gladden vermutete, dass sie an Kraftmaschi nen trainierte. Außerdem vermutete er, dass sie lesbisch war. Für so etwas hatte er einen Blick.
    Sweetzer hatte ein schlappes Gesicht und schien ziemlich wortkarg zu sein. Die Haare waren ihm in einem Muster ausge fallen, das sich in einem schmalen Streifen quer über seinen Schädel zog.
    Gladden beschloss, sich auf Delpy zu konzentrieren. Sie hatte das Sagen.
    Delpy holte eine Karte aus der Tasche und las Gladden seine verfassungsmäßigen Rechte vor.
    »Wozu brauche ich die?«, fragte er, als sie damit fertig war. »Ich habe nichts verbrochen.«
    »Haben Sie diese Rechte verstanden?«
    »Was ich nicht verstehe, ist, weshalb ich hier bin.«
    »Mr. Brisbane, haben Sie ...«
    »Ja.«
    »Gut. Übrigens, Ihr Führerschein wurde in Alabama ausgestellt. Was tun Sie hier?«
    »Das geht Sie nichts an. Ich möchte sofort einen Anwalt an rufen. Ich beantworte keine Fragen. Ich sagte es bereits - ich kenne meine Rechte.«
    Er wusste, dass sie herausbekommen wollten, wo er hier wohnte und wo sein Wagen stand. Sie hatten nichts gegen ihn in der Hand.
    »Über Ihren Anwalt reden wir gleich«, sagte Delpy. »Aber ich möchte Ihnen die Chance geben, die Angelegenheit hier aufzuklären und vielleicht sogar wieder auf freien Fuß gesetzt zu werden, ohne dass Sie Ihr Geld an einen Anwalt verschwenden.«
    Sie öffnete den Seesack und holte die Kamera heraus sowie die Tüte mit Starburst-Bonbons, die die Kinder so gerne mochten.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    »Das erscheint mir ziemlich eindeutig.«
    Sie hielt die Kamera hoch und betrachtete sie, als hätte sie noch nie eine gesehen.
    »Wozu benutzen Sie die?«
    »Um Fotos zu machen.«
    »Von Kindern?«
    »Ich möchte sofort einen Anwalt anrufen.«
    »Was ist mit diesen Bonbons? Was tun Sie mit denen? Geben Sie die den Kindern?«
    »Ich möchte sofort mit einem Anwalt sprechen.«
    »Scheiß auf den Anwalt«, sagte Sweetzer wütend. »Wir haben Sie am Kanthaken, Brisbane. Sie haben die Kinder beim Duschen fotografiert. Nackte kleine Kinder mit ihren Müttern. Sie kotzen mich an.«
    Gladden räusperte sich und sah Delpy mit gleichgültigem Gesichtsausdruck an.
    »Davon weiß ich

Weitere Kostenlose Bücher