Jack McEvoy 01 - Der Poet
bekommen Ihr Telefon. Gleich nachdem wir Sie formell verhaftet haben. Aber die Zigaretten können Sie vergessen. Im County-Gefängnis ist Rauchen verboten. Wir kümmern uns um Ihre Gesundheit.«
»Sie wollen mich verhaften? Mit welcher Begründung?«
»Verschmutzung öffentlicher Wasserstraßen, Vandalismus an städtischem Eigentum. Flüchten vor Polizeibeamten.«
Gladdens Augenbrauen hoben sich fragend. Delpy lächelte ihn an.
»Sie haben etwas vergessen«, sagte sie. »Die Mülltonne, die Sie in die Bucht von Santa Monica geworfen haben.«
Sie nickte siegesbewusst und stellte das Bandgerät ab. In der Haftzelle der Polizeistation durfte Gladden telefonieren. Als er den Hörer ans Ohr hielt, roch er die Industrieseife, die sie ihm zum Abwaschen der Stempelfarbe an seinen Fingern gegeben hatten. Das erinnerte ihn daran, dass er unbedingt hier herauskommen musste, bevor sie seine Fingerabdrücke durch den na tionalen Computer laufen ließen. Er wählte eine Nummer, die er seinem Gedächtnis gleich am ersten Abend nach seinem Ein treffen an der Küste einverleibt hatte. Krasner stand auf der Netzwerk-Liste.
Anfangs wollte die Sekretärin des Anwalts ihn abwimmeln, aber Gladden sagte, sie solle Mr. Krasner ausrichten, der Anru fer sei ihm von Mr. Pederson empfohlen worden. Dieser Name war auf dem Schwarzen Brett des Netzwerks angegeben. Danach kam Krasner rasch an den Apparat.
»Ja, hier ist Arthur Krasner, was kann ich für Sie tun?«
»Mr. Krasner, mein Name ist Harold Brisbane, und ich habe ein Problem.«
Dann berichtete Gladden Krasner detailliert, was passiert war.
Er sprach leise, weil er nicht allein war. In der Haftzelle befanden sich noch zwei weitere Männer, die auf ihre Überführung ins County-Gefängnis in Biscailuz warteten. Einer lag schlafend auf dem Boden, ein Junkie, der völlig hinüber war. Der andere saß auf der gegenüberliegenden Seite der Zelle, aber er beobachtete und belauschte Gladden, weil es sonst nichts zu tun gab. Gladden hatte den Verdacht, dass er vielleicht ein Spitzel war, ein Cop, der so tat, als sei er ein Häftling.
Gladden ließ kein Detail aus, außer seinem wirklichen Namen. Als er fertig war, schwieg Krasner für lange Zeit.
»Was ist das für ein Geräusch?«, fragte er schließlich.
»Ein Mann. Er schläft hier auf dem Boden und schnarcht.«
»Harold, das ist wirklich kein Umgang für Sie«, lamentierte Krasner auf eine herablassende Art, die Gladden missfiel. »Wir müssen etwas unternehmen.«
»Deshalb rufe ich ja an.«
»Das Honorar für meine Arbeit heute und morgen beträgt eintausend Dollar. Das ist ein großzügiger Preis. Ich gewähre ihn nur den Leuten, die mir von ... Mr. Pederson empfohlen werden. Wenn ich länger als bis morgen mit der Sache beschäftigt bin, müssen wir neu verhandeln. Ist es ein Problem für Sie, das Geld bereitzustellen?«
»Nein, kein Problem.«
»Was ist mit Kaution? Was können Sie nach Zahlung meines Honorars an Kaution aufbringen? Es hört sich so an, als käme Verpfändung von Besitztümern nicht in Frage. Kautionssteller erhalten zehn Prozent der vom Richter festgesetzten Kaution. Dieser Betrag ist Ihre Gebühr. Sie bekommen sie nicht zurück.«
»Sie haben Recht, Besitztümer können wir vergessen. Nach Zahlung Ihres stattlichen Honorars kann ich vermutlich noch weitere fünftausend aufbringen. Jedenfalls im Augenblick. Ich kann mehr bekommen, aber nicht sofort. Ich möchte es also auf maximal fünf beschränken, und ich möchte so schnell wie möglich hier raus.«
Krasner ignorierte die Bemerkung über sein Honorar.
»Heißt das fünftausend?«, fragte er.
»Ja, natürlich. Was können Sie damit erreichen?«
Gladden vermutete, dass Krasner sich inzwischen darüber ärgerte, dass er nicht noch mehr Honorar verlangt hatte.
»Okay, das bedeutet, dass Sie eine Kaution von fünfzigtausend stellen können. Ich finde, damit stehen wir recht gut da. Im Augenblick sind Sie wegen eines Verbrechens inhaftiert. Aber Flucht und Verschmutzung sind keine eindeutigen Geschichten, was bedeutet, dass sie entweder als Verbrechen oder als Vergehen betrachtet werden können. Ich bin sicher, dass sie keine große Sache daraus machen werden. Es ist eine völlig haltlose Sache, die sich die Cops aus den Fingern gesogen haben. Wir müssen Sie nur vor Gericht bringen und gegen Kaution freibekommen.«
»Ja.«
»Ich nehme an, fünfzigtausend sind in diesem Fall viel, aber sie werden Bestandteil meiner Verhandlung mit dem zuständigen
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