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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Anrufer aufforderte, eine Nachricht zu hinterlassen. Es war unpersönlich, aber es war ja auch eine unpersönliche Welt. Er hatte nicht die Zeit, alles persönlich zu machen.
    Als er mit der Einrichtung der Mailbox fertig war, teilte ihm eine andere elektronische Stimme mit, dass er neun Nachrichten hatte. Die Zahl überraschte Pierce – sein Anschluss war erst diesen Morgen eingerichtet worden –, aber er hoffte sofort, dass vielleicht eine von Nicole dabei war. Vielleicht sogar mehrere. Vielleicht hatte sie es sich anders überlegt. Er stellte sich plötzlich vor, sämtliche Möbel zurückzugeben, die Monica im Internet für ihn bestellt hatte. Er sah sich bereits die Kartons mit seinen Kleidern wieder in das Haus am Amalfi Drive tragen.
    Aber keine der Nachrichten war von Nicole. Es war auch keine von einem Geschäftspartner oder Geschäftspartner/Freund dabei. Nur eine war für ihn – ein Willkommensgruß des Mailbox-Service, überbracht von der inzwischen vertrauten elektronischen Stimme.
    Die anderen acht Nachrichten waren alle für Lilly, ein Nachname fiel nie. Dieselbe Frau, für die er bereits drei Anrufe abgewimmelt hatte. Alle Nachrichten waren von Männern. Die meisten gaben zwecks Rückruf Hotelnamen und Telefonnummern an. Einige nannten eine Handynummer oder eine direkte Bürodurchwahl. Einige wenige erwähnten, Lillys Nummer aus dem Internet oder von der Website zu haben, ohne sich jedoch näher dazu zu äußern.
    Pierce löschte jede Nachricht, nachdem er sie angehört hatte. Dann blätterte er auf die nächste Seite seines Notizblocks und schrieb den Namen Lilly darauf. Er unterstrich ihn, während er darüber nachdachte. Lilly – wer auch immer sie war – hatte offensichtlich aufgehört, die Nummer zu benutzen. Sie war von der Telefongesellschaft wieder in Umlauf gebracht und dann ihm zugeteilt worden. Aus der rein männlichen Anruferliste, aus der Anzahl der Anrufe, die aus Hotels kamen, und aus dem beklommenen und erwartungsvollen Ton der Stimmen, die er gehört hatte, schloss Pierce, dass Lilly möglicherweise eine Prostituierte war. Oder ein Callgirl, falls da ein Unterschied bestand. Er spürte einen schwachen Kitzel aus Neugier und Faszination. Als ob er ein Geheimnis entdeckt hätte, das er nicht erfahren sollte. Wie wenn er zum Beispiel im Büro die Überwachungskameras auf seinen Bildschirm legte und heimlich beobachtete, was in den Fluren und den für alle zugänglichen Bereichen des Büros vor sich ging.
    Er fragte sich, wie lange der Anschluss abgemeldet gewesen war, bevor ihm die dazugehörige Nummer zugeteilt worden war. Die Anzahl der Anrufe an einem einzigen Tag deutete darauf hin, dass die Telefonnummer immer noch irgendwo kursierte – wahrscheinlich auf der von einigen Anrufern erwähnten Internetseite – und dass die Leute glaubten, es sei Lillys aktuelle Nummer.
    »Falsch verbunden«, sagte er laut, obwohl er selten mit sich selbst sprach, wenn er nicht gerade auf einen Computermonitor blickte oder im Labor ein Experiment durchführte.
    Er blätterte zurück und überflog die Informationen, die ihm Monica aufgeschrieben hatte. Sie hatte auch die Kundenservicenummer der Telefongesellschaft hinzugefügt. An sich hätte er nur anzurufen brauchen und die Nummer ändern lassen. Ihm war aber auch klar, dass es ein lästiger Mehraufwand wäre, noch einmal alle per E-Mail auf die Nummernänderung aufmerksam zu machen.
    Noch etwas anderes ließ ihn zögern, die Nummer ändern zu lassen. Er gestand sich ein, dass ihn die Sache reizte. Wer war Lilly? Wo war sie? Warum gab sie die Telefonnummer auf, ließ sie aber in der Website? Hier lag ein Fehler in der logischen Abfolge, und das war es vielleicht, was ihn faszinierte. Wie ging sie ihrer Arbeit nach, wenn die Website eine falsche Nummer an ihren Kundenstamm weitergab? Die Antwort lautete, dass sie ihr nicht nachging. Es war nicht möglich. Irgendetwas stimmte nicht, und Pierce wollte wissen, was und warum.
    Es war Freitagabend. Er beschloss, bis Montag zu warten. Dann würde er anrufen, um die Nummer ändern zu lassen.
    Pierce stand von der Couch auf und ging durch das leere Wohnzimmer ins Schlafzimmer, wo an einer Wand die sechs Kartons mit seinen Kleidern standen. An einer anderen Wand hatte er seinen Schlafsack ausgerollt. Bevor er in diese Wohnung gezogen war und den Schlafsack brauchte, hatte er ihn fast drei Jahre lang nicht mehr benutzt – seit einem Ausflug in den Yosemite National Park mit Nicole. Damals, als er noch Zeit

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