Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen
von dem, was er verkaufte, Diskretion war. Sie waren Freunde, die sich aus guten Zeiten und einer richtig schlimmen Zeit – zumindest für Pierce – im College kannten. Aber Geschäft war Geschäft.
»Verstehe«, sagte Pierce. »Und ich will dich auch nicht lange aufhalten, deshalb komme ich gleich zur Sache. Hast du gerade zu viel anderes am Hals, um noch was anzunehmen?«
»Wann müsste ich anfangen?«
»Äh, am besten gestern.«
»Ein Quickie. Ich stehe auf Quickies. Und ich stehe drauf, für Amedeo zu arbeiten.«
»Nicht für die Firma. Für mich. Aber ich bezahle dich.«
»Noch besser. Was brauchst du?«
»Ich möchte ein paar Leute und ein paar Firmen durchleuchtet haben, sehen, was so alles zum Vorschein kommt.«
Zeller nickte nachdenklich.
»Gefährliche Leute?«
»Das weiß ich nicht, aber ich wäre auf jeden Fall vorsichtig. Es geht in den Sex- und Pornobereich, könnte man sagen.«
Jetzt grinste Zeller breit, und die sonnenverbrannte Haut um seine Augen legte sich in Falten.
»Au, Mann, erzähl mir bloß nicht, du hast dir irgendwo den Schwanz eingeklemmt.«
»Nein, nichts dergleichen.«
»Was dann?«
»Setzen wir uns erst mal. Und hol dir lieber was zu schreiben, damit du dir Notizen machen kannst.«
Im Wohnbereich gab ihm Pierce dann alle Informationen, die er über Lilly Quinlan hatte, allerdings ohne eine Erklärung, woher er sie hatte. Außerdem bat er Zeller, so viel wie möglich über Entrepreneurial Concepts Unlimited und Wentz herauszufinden, den Kopf der Organisation.
»Hast du auch einen Vornamen?«
»Nein. Nur Wentz. Davon dürfte es in dieser Branche nicht allzu viele geben, nehme ich an.«
»Vollständige Überprüfung?«
»Alles, was du kriegen kannst.«
»Und innerhalb des Rahmens?«
Pierce zögerte. Zeller hielt den Blick weiter unverwandt auf ihn gerichtet. Er fragte Pierce, ob er innerhalb der Grenzen des rechtlich Zulässigen bleiben sollte. Aus Erfahrung wusste Pierce, dass es viel mehr zu finden gäbe, wenn Zeller diese Grenzen überschritt und in Systeme eindrang, in die einzudringen er nicht ermächtigt war. Und er wusste, Zeller war darauf spezialisiert, sie zu überschreiten. Die Doomster hatten sich in ihrem zweiten Jahr am College formiert. Damals kam Hacken bei ihrer Generation gerade langsam in Mode, und die Mitglieder der Clique mischten dabei, hauptsächlich unter der Anleitung Zellers, kräftig mit. Meistens begingen sie Streiche, von denen der beste war, dass sie sich Zugang zur Datenbank der lokalen Telefongesellschaft verschafften und die Nummer der Domino’s-Pizza-Filiale, die am nächsten beim Campus lag, mit der Privatnummer des Dekans des Informatikinstituts vertauschten.
Ihr größter Moment war jedoch auch ihr schlimmster. Alle sechs Doomster wurden von der Polizei festgenommen und später suspendiert. Vor Gericht erhielten alle Bewährung, wobei die Anklagepunkte nach sechs Monaten einwandfreier Führung aus dem Vorstrafenregister gestrichen werden sollten. Außerdem musste jeder von ihnen hundertsechzig Stunden Sozialdienst ableisten. Am College wurden sie alle ein Semester vom Studium ausgeschlossen. Nachdem er sowohl die Suspendierung als auch die Bewährung hinter sich gebracht hatte, kehrte Pierce ans College zurück. Unter dem strengen Blick von Polizei und Collegeleitung sattelte er von Informatik auf Chemie um und ließ die Vergangenheit Vergangenheit sein.
Auch Zeller ließ die Vergangenheit Vergangenheit sein. Er kehrte nicht nach Stanford zurück. Er wurde von einer Firma für Computer Security angeworben und bekam ein stattliches Gehalt. Wie ein talentierter Sportler, der früh von der Schule geht, um Profi zu werden, schaffte er die Rückkehr ans College nicht mehr, nachdem er einmal auf den Geschmack gekommen war und gesehen hatte, wie es war, Geld zu haben und seinen Lebensunterhalt mit etwas zu verdienen, was einem Spaß machte.
»Weißt du was?«, antwortete Pierce schließlich. »Beschaff dir, was du kriegen kannst. Übrigens, bei Entrepreneurial Concepts könnte, glaube ich, eine Abwandlung von Abrakadabra ganz hilfreich sein, um reinzukommen. Versuch es zuerst rückwärts.«
»Danke für den Tipp. Wann brauchst du die Informationen?«
»Wie gesagt, so schnell wie möglich.«
»Ach ja, stimmt. Ein Quickie. Und du hast dir auch wirklich nicht irgendwo den Schwanz eingeklemmt?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Weiß Nicole davon?«
»Nein, wieso auch? Sie hat mich verlassen, schon vergessen?«
»Ach ja, richtig.
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