Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen
Ihren Namen und Ihre Telefonnummer von ihrer Mutter. Ich hoffe, bald mit Ihnen sprechen zu können. Sie können mich jederzeit zurückrufen.«
Er hinterließ die Nummer seiner Wohnung und seine Bürodurchwahl und legte auf. Vielleicht merkte Glass, fiel ihm ein, dass seine Privatnummer einmal Lilly Quinlan gehört hatte.
Er trommelte mit den Fingern auf der Schreibtischkante. Er dachte über seinen nächsten Schritt nach. Er beschloss, nach Malibu hochzufahren, um mit Cody Zeller zu reden. Aber vorher rief er in seiner Wohnung an. Monica meldete sich mit mürrischer Stimme.
»Ja?«
»Ich bin’s, Henry. Sind meine Sachen schon gekommen?«
»Sie werden gerade geliefert. Endlich. Als Erstes bringen sie das Bett rauf. Machen Sie mir aber keine Vorwürfe, wenn Ihnen nicht gefällt, wie ich die Sachen aufstellen lasse.«
»Sagen Sie mir nur eins. Lassen Sie das Bett ins Schlafzimmer stellen?«
»Natürlich.«
»Dann wird es mir bestimmt gefallen. Warum sind Sie so verschnupft?«
»Wegen dem blöden Telefon. Alle fünfzehn Minuten ruft wegen dieser Lilly irgendein Kerl an. Eines kann ich Ihnen jedenfalls sagen: Egal, wo sie ist, sie muss ziemlich reich sein.«
Pierce gelangte immer mehr zu der Überzeugung, dass dort, wo Lilly war, Geld keine Rolle spielte.
»Kriegen Sie immer noch ständig Anrufe? Eigentlich hat man mir zugesagt, Lillys Seite bis drei Uhr aus der Website zu nehmen.«
»Also, vor fünf Minuten habe ich noch einen Anruf bekommen. Bevor ich sagen konnte, dass ich nicht Lilly bin, wollte dieser Typ schon wissen, ob ich auch eine Prostatamassage mache, was immer das ist. Ich habe einfach aufgehängt. Richtig widerlich.«
Pierce lächelte. Er wusste auch nicht, was das war. Aber er versuchte, sich nicht anhören zu lassen, dass er amüsiert war.
»Das tut mir Leid. Hoffentlich brauchen sie nicht allzu lange, um die ganzen Sachen aufzustellen. Sie können jedenfalls gehen, sobald sie fertig sind.«
»Gott sei Dank.«
»Ich muss leider noch nach Malibu hoch, sonst würde ich jetzt schon zurückkommen.«
»Nach Malibu? Was wollen Sie in Malibu?«
Pierce bedauerte, es erwähnt zu haben. Er hatte ihr vorheriges Interesse und ihre Missbilligung dessen, was er tat, ganz vergessen.
»Keine Angst, es hat nichts mit Lilly Quinlan zu tun«, log er. »Ich muss mit Cody Zeller über etwas sprechen.«
Er wusste, es war nicht sehr überzeugend, aber es musste fürs Erste genügen. Sie legten auf, und Pierce steckte seinen Notizblock in den Rucksack zurück.
»Licht«, sagte er.
10
Die Fahrt auf dem Pacific Coast Highway war Zeit raubend, aber schön. Der Highway lief am Meer entlang, und Pierce hatte die Sonne, die tief am Himmel hing, an der linken Schulter. Es war warm, und er hatte Fenster und Schiebedach auf. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so eine Spazierfahrt gemacht hatte. Vielleicht, als er sich mit Nicole auf eine lange Mittagspause aus dem Büro verdrückt hatte und mit ihr zum Geoffrey’s gefahren war, einem Restaurant mit Blick auf den Pazifik, das in der Filmszene von Malibu sehr beliebt war.
Als er die Küstenstadt erreichte und die sich am Strand aneinander drängenden Häuser ihm den Blick aufs Meer raubten, ging er vom Gas und hielt nach Zellers Haus Ausschau. Da er die Adresse nicht im Kopf hatte, musste er das Haus, in dem er über ein Jahr lang nicht mehr gewesen war, vom Sehen erkennen. An diesem Strandabschnitt standen die Häuser extrem eng beisammen und sahen alle gleich aus. Kein Rasen, direkt an den Gehsteig gebaut, eintönig wie Schuhkartons.
Gerettet wurde Pierce schließlich durch den Anblick von Zellers unverwechselbarem schwarzem Jaguar XKR, der vor der geschlossenen Garage seines Hauses stand. Zeller hatte seine Garage schon vor langem ohne Genehmigung in ein Arbeitszimmer umgebaut und musste deshalb zum Schutz seines neunzigtausend Dollar teuren Wagens bei einem Nachbarn eine Garage anmieten. Der Umstand, dass das Auto draußen stand, hieß, dass Zeller entweder gerade nach Hause gekommen war oder im Begriff war wegzufahren. Pierce kam genau richtig. Er wendete und parkte vorsichtig hinter dem Jaguar, um das Auto, das Zeller wie seinen Augapfel hütete, nicht anzufahren.
Die Haustür ging auf, bevor Pierce sie erreichte. Entweder hatte er einen Bewegungsmelder aktiviert, oder Zeller hatte ihn auf einer der unter dem Dachvorsprung montierten Überwachungskameras gesehen. Zeller war der einzige Mensch, den
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