Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niel Bushnell
Vom Netzwerk:
müssen wir tiefer runter.«
    Jack bekam einen Tropfen auf die Stirn und sah nach oben. Das Wasser zischte und brodelte einen Moment lang, dann verschwand es komplett, und es war nur noch eine massive Decke aus gemeißeltem Stein zu sehen.
    »So«, sagte Davey. »Jetzt ist sie zu. Gehen wir!«
    Jack nickte halbherzig und folgte ihm aus der Kreuzkammer in einen langen gewölbten Tunnel. Bei ihrer Annäherung glommen eingelassene Lampen automatisch auf, erhellten den altertümlichen Gang und erloschen hinter ihnen wieder. Das Gaslicht hob Nischen in den Wänden hervor. Darin lagen menschliche Schädel aufgestapelt, einer über dem anderen. Jacks Magen zog sich zusammen. »Davey, wo sind wir?«
    »In den Katakomben. Hier unten werden die Toten der Ersten Welt begraben. Schon seit Jahrhunderten.«
    Jeder Totenschädel trug eine Inschrift auf der Stirn: einen Namen und Daten. Manche waren mit kunstvollen Blumenmustern bemalt, andere komplett rot eingefärbt. Die roten waren kleiner und Jack nahm an, dass sie Kindern gehört hatten. Einige wenige große Schädel waren kobaltblau.
    »Was ist mit den blauen?«, fragte er beiläufig.
    »Das waren schlechte Menschen, Kriminelle und so. Wenn Rouland einmal sterben sollte, wird man einen ganzen Eimer Farbe brauchen.«
    »Erzähl mir von Rouland«, sagte Jack nach einer Weile. »Alles.«
    Davey seufzte schwer, wie ein Erwachsener, der sich dazu durchrang, einem etwas Schlimmes zu erzählen. »Er ist uralt, Hunderte von Jahren angeblich. Er ist Chefwissenschaftler und erster Aldermann des Hohen Rats oder war es jedenfalls. Gerüchten zufolge hat er den Hohen Rat komplett um die Ecke gebracht und jetzt das alleinige Sagen hier. Ich interessiere mich nicht so für Politik, und trotzdem merke ich, dass alles immer schlimmer wird.«
    »Immer schlimmer? Was meinst du genau?«
    »Keine Ahnung. Es ist, als ob die Leute aufgegeben haben. Ich kenne mich da nicht so aus, aber es wird schwerer, sich frei zu bewegen, wenn man nicht die richtigen Passierscheine dabei hat oder nicht die richtigen Leute besticht oder sich nicht dicht genug an der Wand entlangdrückt. Rouland lässt die Erste Welt vor die Hunde gehen, und es schert ihn an scheinend überhaupt nicht.«
    Jack verzog das Gesicht. Der Versuch, sich einen Reim auf das zu machen, was um ihn herum geschah, machte ihm richtig Kopfschmerzen, während sie weitergingen und eine Schädelstätte nach der anderen passierten. Je tiefer sie kamen, desto zerbrochener und zerfallener waren die Knochen, bis nur noch Staub die Nischen füllte. Und immer noch ging es weiter hinab, tiefer und tiefer. Die Luft wurde feucht und warm und erschwerte das Atmen. Sie schmeckte staubig und metallisch und kratzte in der Kehle.
    »Ich brauche eine Pause«, sagte Jack.
    »Ist nicht mehr weit. Wir sind gleich da.«
    Gleich da? Wo denn? Er sah nach vorn und konnte am Ende des Tunnels ein helles Licht erkennen, wo er sich wieder zu einem Gewölbe öffnete. Jack kämpfte sich auf seinen müden Füßen voran und trat endlich in einen kreisrunden Raum, von dem ein Dutzend weitere Tunnel in die Dunkelheit führten. Die Wände schienen ins Leere emporzuwachsen, die Decke lag hinter einem grauen Dunstschleier verborgen. Die Kammer war edler und kunstvoller ausgestaltet als der lange Tunnel, und in den Nischen ringsherum standen mehrere große Behältnisse aus Metall. Zwölf säulenförmige Podeste ragten empor, auf denen jeweils die Statue eines Ritters wie eine erstarrte Ehrenwache stand.
    Davey musterte die verschiedenen Ausgänge. »Hier lang«, sagte er und zeigte auf einen Tunnel. »Noch bis zum Hafen von Newton, dann sollten wir in Sicherheit sein. Ich kenne einen Kapitän, der uns bestimmt hilft.«
    Als sie sich dem Ausgang näherten, fuhr eine schwere Steinplatte herab und riegelte den Tunnel vollständig ab. Jack sah nervös zu Davey. Der versuchte es ohne Zögern mit einem anderen Tunnel und wieder versperrte ihnen eine Steinplatte den Weg. Von allen Seiten hörte Jack das Mahlen von Steinen, die sich vor die übrigen Tunneleingänge senkten; ein wahrer Chor der Verzweiflung, bis nur noch ein Tunnel offen blieb. Jack starrte ihn hinunter, und als er hörte, wie sich Schritte näherten, klopfte ihm vor Angst das Herz in der Brust.
    »Das gefällt mir nicht«, flüsterte Davey. »Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
    Jack konnte sich nicht rühren. Die langsamen Schritte wurden lauter und hallten durch die hohe Kammer. Aus den diffusen Schatten im Tunnel

Weitere Kostenlose Bücher