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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niel Bushnell
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hallte über den Park. Jack zählte elf Schläge. Er hatte länger geschlafen als gedacht. Trotz der fremden Umgebung, der Ereignisse der vergan genen Nacht und seiner Gedächtnislücke verspürte er kein bisschen Panik, nur Staunen und Ehrfurcht. Während er den wei ten Panoramablick in sich aufnahm, wurde er sich der Bedeutsamkeit des Ganzen bewusst. Die Vergangenheit war für ihn nichts Totes mehr, kein eingefrorener Moment, den die Langeweile eines Schulbuchs noch verhüllte. Sie war lebendig, lebhaft, voller Farben und Geräusche. Er fühlte sich heimisch hier, zwischen dem Rauch und den Ruinen, und kam sich vor wie eine Sternschnuppe, die sich tief in irgendeinen unkartografierten Winkel der Welt gegraben hatte. Sein Zuhause in der Siedlung, die Schule, sogar sein Vater – sie waren jetzt kaum mehr als flüchtige Erinnerungen. Die Gegenwart, in der er gelebt hatte, verblich im Vergleich zu seiner Vergangenheit. Und doch spürte er deshalb keine Furcht, kein Bedauern. Er fragte sich, warum er so empfand.
    Drei Flugzeuge zogen im Tiefflug über die Stadt hinweg, Spitfires auf dem Rückweg zu ihrer Basis, deren Propeller ein Lied des Trotzes brüllten. Sie flogen so nahe, so niedrig, dass er die Piloten in den Cockpits erkennen konnte. Jack musste lachen. Sein Blick folgte den Jagdflugzeugen, die in einer wei ten Kurve vorbeizogen, und er stellte mit Schrecken fest, dass er auf dem Balkon nicht allein war.
    Rouland saß in einem Ruhesessel, ein Buch im Schoß. Seine Rüstung war verschwunden; stattdessen trug er einen langen Mantel und darunter einen teuren Anzug.
    »Ein atemberaubender Anblick, nicht wahr?«, sagte er, ohne aufzuschauen. Seine Hand hob eine große Sanduhr an, die neben ihm stand. Rouland drehte die Uhr um und sah zu, wie der weiße Sand von dem einen Glaskolben in den ande ren rieselte. Er begann langsam zu lächeln, schmal und zufrie den, und richtete seinen unheimlichen Blick auf Jack. »Wie geht es dir? Du heißt Jack, richtig? Dein Freund hat sich nach dir erkundigt.«
    »Wo ist Davey?«
    »Er befindet sich ganz in der Nähe und ist wohlauf.«
    Jack war ganz angespannt. »Wo sind wir?«
    »Nun, im Carlton selbstverständlich. Die Zweite Welt hat wenig Lohnendes zu bieten, aber dieses Hotel gehört dazu. Man sollte sich Luxus gönnen, wann immer es möglich ist. Oder siehst du das anders?«
    Jack sagte nichts.
    »Zu meinem Bedauern ist diese Suite ein wenig … be scheiden. Gestern Nacht ist ganz in der Nähe ein Blindgänger eingeschlagen. Wir können von Glück sagen, dass die Bombe nicht explodiert ist, aber sie hat dennoch einigen Scha den am Gebäude verursacht, und meine große Suite wird ge rade wieder hergerichtet.« Rouland deutete über das Balkon geländer. Unten auf der Straße war ein Loch zu sehen, wo die Bombe eingeschlagen war. Die Feuerwehr hatte eine Absperrung errichtet, an der Passanten standen und einen Blick auf den Blindgänger warfen.
    Ein Butler rollte einen silbernen Teewagen mit Schinken, Eiern, Würstchen, Käse, Brot, Gebäck und zwei großen damp fenden Kannen auf den Balkon, in der einen Tee, in der anderen Kaffee. Er deckte einen kleinen Tisch.
    » Vielen Dank, Graham«, sagte Rouland. Der Butler verneigte sich und ging. Rouland lächelte und goss Tee in eine Tasse aus chinesischem Porzellan, die er Jack reichte, dann schenkte er sich selbst einen Kaffee ein und setzte sich an den Tisch.
    »Bitte, nimm Platz, und ich werde dir jede Frage beantworten, die du mir stellen möchtest.« Seine Hand strich über das Glas der Uhr, deren Sand unaufhörlich fiel.
    Jack betrachtete die warmen Speisen und merkte, wie hungrig er war.
    Rouland lächelte. »Keine Sorge. Ich habe nicht solche Mühen auf mich genommen, um dich jetzt einfach zu vergiften. Immerhin hätte ich dich auf ein Dutzend verschiedene Arten im Schlaf ermorden können.«
    Jack fragte sich, ob das wohl beruhigend gemeint war. Er zögerte noch einen Moment, dann zog er einen Stuhl zu sich und nahm sich gleich mehrere Würstchen auf einmal, die er mit großem Appetit verspeiste.
    »So ist es besser.« Rouland lachte. »Zunächst, ich bin Rouland Delamare, ein Mann von Stand aus der Ersten Welt. Das war ja regelrecht ein Abenteuer, Jack. Meine Paladine haben sich schon lange nicht mehr so ins Zeug legen müssen.«
    Jack sah von seinem Teller auf. »Wieso jagen Sie mich? Ich habe nichts getan.«
    »Nein, das ist wahr. Aber deine Ankunft hier hat eine gewisse Tragweite. Und erwähntest du nicht etwas von einer

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