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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niel Bushnell
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nicht mit unseren Legenden, unseren Prophezeiungen vertraut. Das sehe ich jetzt. Die Rose hielt sich einst an den Küsten von Annwn auf, das ist eine Insel in der Anderswelt. Es gibt viele Reiche, musst du wissen. Was du vor dir siehst, ist ein winziger Bruchteil dessen, was es dort draußen gibt. Manche Reiche kennen wir und haben sie kartografiert. Andere sind schwer erreichbar und verborgen. Das höchste dieser vielen geheimen Reiche ist die Anderswelt.«
    »Die Anderswelt?«, fragte Jack, während er fieberhaft nach einem Ausweg aus dieser Situation suchte.
    Einen Moment lang sagte Rouland nichts. Als er dann antwortete, war seine Stimme leiser, sanfter. »Stell dir eine andere Erde vor, eine perfekte Erde, in einer anderen Dimension, einem anderen Reich. Das ist die Anderswelt, ein Ort der Schönheit und des Friedens. Der Weg dorthin ist verborgen und trügerisch. Viele haben mich für verrückt gehalten, weil ich sie gesucht habe, aber schließlich bin ich kurz dorthin gelangt. Was für ein Anblick das war, ein Ort des ewigen Sommers, ohne Tod, ohne Angst oder Schmerzen, wo ein Tag tausend Jahre währt. Ich war längst alt, als ich einen Weg zur Anderswelt fand, doch dort war ich wieder jung, und alles war neu. Die Rose war der Quell jener Kraft, also nahm ich die Rose an mich, und sie lebte eine Zeitlang in mir fort. Doch ohne die Rose glitt die Anderswelt in den Niedergang ab. Krieg war unausweichlich, ein großer und schrecklicher Krieg, und mein Besitz der Rose blieb vorübergehend. Sie wurde mir genommen, ging mir verloren, und ich wurde aus meiner geliebten Anderswelt verbannt und musste in dieses graue, grausame Reich zurückkehren, das du vor dir siehst.«
    Jack sah die Tränen in seinen Augen, und seiner gebrochenen Stimme war der Verlust anzuhören.
    »Ohne die Rose kann ich nie mehr dorthin zurückkehren. Ich habe Hunderte von Jahren überlebt, das Geschenk eines Atemzugs ist die Luft der Anderswelt. Alle um mich herum sind gestorben, aber ich bin nun dazu verflucht, immer weiterzumachen, mit intaktem Gedächtnis, sodass nun alles alt ist für mich.«
    »Was hat das alles mit mir zu tun?«, fragte Jack.
    »In den letzten Jahren ist eine Legende aufgetaucht, dass die Rose wiedergefunden wurde und nun hier in diesem Reich verborgen ist, irgendwo stromaufwärts. Ich habe es nie für möglich gehalten, dass diese Geschichten stimmen, bis heute. Denn ich glaube, du hast die Rose berührt, Jack.«
    Rouland starrte ihn eindringlich an; seine dunklen Augen fixierten ihn wie die eines Adlers. »Kaum warst du hier in dieser Zeit angelangt, da habe ich die Rose in der Luft gerochen, und nun, da du bei mir bist, ist ihr Duft beinahe unerträglich stark. Du trägst den Geruch der Anderswelt an dir.«
    Jacks Magen zog sich zusammen.
    »Ich kann einiges aus deinem Geist erfahren, Jack, ohne dein Gehirn zu schädigen. Aber wenn du dich mir widersetzt, wird das schwere Schäden zur Folge haben. Du spürst den Druck, nicht wahr?« Rouland hielt inne, und ein schwerer Ausdruck des Mitgefühls umwölkte seine Züge. »Weißt du, der Schädel eines Kindes ist schon etwas Merkwürdi ges«, fuhr er flüsternd fort. »Er kann sehr viel verbergen. Aber hat man erst einmal die Schädeldecke entfernt, ist es viel leich ter, die Geheimnisse des darunterliegenden Verstandes zu lesen. Einfach ist das Verfahren nicht, der Patient muss während der Operation am Leben und bei Bewusstsein bleiben. Ich habe sie viele Male vorgenommen, oftmals an Gehirnen, die jünger gewesen sind als das deine. Ich besitze Erfahrung genug, um das Leid abzukürzen, aber ich will dir gegenüber nicht so tun, als wäre es kein schreckliches Ende eines jungen Lebens. Niemand stirbt gern, Jack, aber ich glaube, dein Geist birgt den Schlüssel zu dem Ort, an dem sich die Rose befindet. Entsprechend einfach gestalten deine begrenzten Wahlmöglichkeiten deine Entscheidung: Du wirst mir helfen, die Rose zu finden, und anschließend wird die Rose mich zurück in die Anderswelt führen.«
    Jack kämpfte seinen Drang nieder, loszurennen und an die Tür zu hämmern, bis jemand kam, um ihn zu retten. Weil er genau wusste, dass ihm niemand helfen würde.
    Roulands glänzende Augen wurden zu Schlitzen. »Du wirst die Rose für mich finden, Jack, oder ich werde dich vernichten, dein Leben und alles, was dir lieb ist. Irgendwo in deinem Geist verbirgt sich der Schlüssel zur Rose. Entweder du entdeckst ihn selbst, oder ich werde ihn mit einem Messer herausholen. Bitte

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