Jack Reacher 09: Sniper
Teufel, hatte das zu bedeuten?
Der Stadtplan aus Ann Yannis Handschuhfach zeigte ihm, dass Franklins Büro mitten im Straßengewirr der Innenstadt lag. Keine ideale Lage. Ganz und gar nicht. Bauarbeiten, einsetzender Berufsverkehr, Schrittgeschwindigkeit auf oberirdischen Straßen. Reacher würde sehr großes Vertrauen zu den getönten Scheiben der Ford Motor Company haben müssen. Das stand fest.
Er ließ den Motor an und schloss das Verdeck wieder. Dann stieß er auf die Straße zurück und fuhr in Richtung Süden. Zwölf Minuten später passierte er noch mal die Farm der Olivers, bog nach Westen auf die County Road ab und erreichte dann die nach Süden in die Stadt hineinführende vierspurige Straße.
Emerson las erneut Bellantonios Bericht über die Handygespräche. Reacher hat Helen Rodin angerufen . Die beiden hatten miteinander zu tun. Sie hatten Dinge zu besprechen. Er würde sie früher oder später wieder aufsuchen. Oder sie fährt zu ihm. Er nahm den Telefonhörer ab. Sprach mit seinem Dispatcher.
»Setzen Sie einen neutralen Wagen auf Helen Rodins Büro an«, sagte er. »Lassen Sie sie beschatten, wenn sie das Gebäude verlässt.«
Reacher fuhr an dem Motor Court vorbei. Er drückte sich tief in den Sitz und schaute zu dem Motel hinüber. Keine Anzeichen für irgendwelche Aktivitäten. Keine offensichtliche Überwachung. Er kam am Friseur und dem Waffengeschäft vorbei. Der Verkehr stockte, als er sich dem auf Stelzen geführten Highway näherte. Sein Gesicht war keine anderthalb Meter von den Fußgängern auf dem Gehsteig rechts neben ihm entfernt. Keine zwei Meter von den Fahrern der stehenden Autos links neben ihm. Vier Fahrspuren, die beiden Spuren stadteinwärts mit stockendem, die beiden stadtauswärts mit stehendem Verkehr.
Er wollte von dem Gehsteig wegkommen, setzte den Blinker und zwängte sich in die linke Spur. Der Fahrer hinter ihm gestikulierte wütend. Reg dich nicht auf , dachte Reacher. Ich hab mit’nem Zweieinhalbtonner fahren gelernt. Damals hätte ich dich einfach plattmachen können .
In der linken Spur ging es etwas besser voran. Reacher kroch an den Wagen rechts neben ihm vorbei. Blickte nach vorn. Drei Autos weiter stand ein Streifenwagen in der rechten Spur. Weit vor ihnen stand eine Ampel auf Grün. Der Verkehr in der linken Spur rollte langsam darauf zu. Der in der rechten näherte sich der Ampel noch langsamer. Jeder Fahrer hielt kurz an dem Querstrich und huschte dann rasch über die Kreuzung. Niemand wollte sie blockieren. Reacher war jetzt nur noch zwei Wagen hinter dem Cop. Er blieb absichtlich etwas zurück. Der irritierte Kerl hinter ihm hupte. Reacher schob sich vorwärts. Jetzt war er nur mehr einen Wagen hinter dem Cop.
Die Ampel schaltete auf Gelb.
Der Fahrer vor Reacher spurtete.
Die Ampel zeigte Rot.
Der Cop hielt an der Linie, und Reacher kam genau neben ihm zum Stehen.
Er ließ den rechten Ellbogen auf der Mittelkonsole ruhen und stützte den Kopf in die Hand. Spreizte die Finger weit und verdeckte möglichst viel von seinem Gesicht. Starrte mit erhobenem Kopf unter dem Rand der Windschutzscheibe zu der Ampel auf und versuchte, sie allein durch Willenskraft dazu zu bringen, auf Grün umzuspringen.
Helen Rodin fuhr mit den Aufzug zwei Stockwerke hinunter und traf im NBC-Eingangsbereich mit Ann Yanni zusammen. Die NBC kam für Franklins Honorar auf, deshalb war es nur fair, Yanni an der Besprechung teilnehmen zu lassen. Sie fuhren miteinander in die Tiefgarage hinunter und stiegen in Helens Saturn. Kamen die Rampe herauf und in den Sonnenschein. Helen sah nach rechts und bog links ab. Achtete nicht auf den grauen Impala, der zwanzig Meter hinter ihr seinen Platz am Randstein verließ.
Die Ampel blieb schrecklich lange rot. Dann sprang sie auf Grün um, und der Kerl hinter Reacher hupte wieder. Der Cop sah sich nach ihm um. Reacher spurtete durch sein Blickfeld, ohne sich noch einmal umzusehen. Er schob sich in die Linksabbiegespur, und der Streifenwagen rollte rechts an ihm vorbei. Reacher wollte nicht wieder neben ihm zum Stehen kommen, deshalb bog er tatsächlich links ab. Fand sich in der Straße mit Martha’s Grocery wieder. Auch hier stockte der Verkehr. Er angelte in seiner Hosentasche nach Kleingeld. Sortierte die Münzen nach Gefühl. Fand einen Quarter. Debattierte mit sich selbst, zwanzig Meter, dreißig, vierzig weit.
Ja .
Er hielt auf dem winzigen Parkplatz vor Martha’s Grocery. Ließ den Motor an, stieg aus und
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