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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Emerson und meinem Vater gegeben.«
    »Wieso?«
    »Weil Emersons Leute das Haus Ihres Bruders durchsucht haben. Vielleicht haben sie seine Adresse oder Telefonnummer gefunden. Und mein Vater musste ihn erfahren, weil wir diesen Mann auf unserer Zeugenliste wollen – nicht auf der der Anklage. Weil er uns vielleicht helfen kann.«
    »Vielleicht ist er ein Alibi.«
    »Vielleicht ist er bestenfalls ein alter Kumpel aus der Army.« »Ich sehe nicht, wie er das sein könnte«, erklärte Franklin. »Sie hatten unterschiedliche Dienstgrade, waren nicht mal in der gleichen Einheit.«
    »Wir müssen ihn finden«, sagte Rosemary Barr. »James hat selbst nach ihm gefragt, nicht wahr? Das muss irgendwas bedeuten.«
    Helen nickte nochmals. »Ich würde ihn natürlich auch gern finden. Möglicherweise hat er etwas für uns. Vielleicht Informationen, die ihn entlasten können. Oder er stellt wenigstens die Verbindung zu etwas dar, das uns nützen kann.«
    »Er hat sich ausgeklinkt«, sagte Franklin.
     
    Er war noch zwei Stunden entfernt, saß hinten in einem Bus aus Indianapolis. Die Reise war langsam, aber durchaus angenehm gewesen. Die Nacht zum Samstag hatte er in einem Motel in der Nähe des Busbahnhofs von New Orleans verbracht, die zum Sonntag in einem Motelzimmer in Indianapolis. Er hatte also geschlafen, genug gegessen und geduscht. Aber die meiste Zeit hatte er sich dösend von Bussen durchrütteln lassen, die vorbeiziehenden Szenen betrachtet, das Chaos Amerikas in sich aufgenommen und sich mit Erinnerungen an die Norwegerin getröstet. So verlief sein ganzes Leben – es war ein Mosaik aus Fragmenten. Einzelheiten und Zusammenhänge verblassten und ließen sich nicht zuverlässig ins Gedächtnis zurückrufen, aber aus Gefühlen und Erlebnissen entstand im Lauf der Zeit ein Webteppich mit zu gleichen Teilen guten und schlechten Zeiten. Er wusste noch nicht genau, in welche Kategorie die Norwegerin fallen würde. Im Augenblick hielt er sie noch für eine verpasste Gelegenheit. Aber ihr Schiff wäre ohnehin bald ausgelaufen. Oder er wäre weitergezogen. CNN hatte die Sache beschleunigt, aber vielleicht nur unwesentlich.
    Auf der Route 37 nach Süden fuhr der Bus gleichmäßig fünfundfünfzig Meilen in der Stunde. Er hielt in Bloomington. Dort stiegen sechs Leute aus. Einer von ihnen ließ die Zeitung aus Indianapolis liegen. Reacher griff danach und schlug den Sportteil auf. An der Ostküste blieben die Yankees Tabellenführer. Dann blätterte er nach vorn zum Nachrichtenteil. Er sah die Schlagzeile: »Mutmaßlicher Heckenschütze bei Überfall im Gefängnis verletzt.« Er las die drei ersten Absätze: »Gehirnverletzung. Koma. Prognose unsicher.« Der Journalist schien nicht recht zu wissen, ob er die Aufsichtsbehörde wegen der empörenden Zustände in den Gefängnissen rüffeln oder die Männer, die Barr überfallen hatten, dafür belobigen sollte, dass sie ihrer Bürgerpflicht nachgekommen waren.
    Das könnte die Sache komplizieren, dachte Reacher.
    Die folgenden Absätze brachten eine Wiederholung der ursprünglichen Berichterstattung über das Verbrechen und ein paar neue Tatsachen. Barrs Schwester war einige Monate vor der Tat aus seinem Haus ausgezogen. Der Journalist schien zu glauben, das sei entweder Ursache oder Folge von Barrs offenkundiger Labilität. Oder beides.
    Der Bus verließ Bloomington. Reacher legte die Zeitung zusammen, lehnte den Kopf an die Scheibe und starrte auf die Straße. Sie war ein von kürzlichem Regen schwarzes Asphaltband, das so unter ihm abrollte, dass der unterbrochene Mittelstrich wie eine dringende Nachricht in Morsezeichen aussah. Aber er wusste nicht, was sie ihm sagen wollte. Er konnte sie nicht lesen.
     
    Der Bus hielt auf einem überdachten Busbahnhof, und als Reacher ins Tageslicht hinaustrat, stand er fünf Blocks westlich der Stelle, wo ein aufgeständerter Highway sich halb um ein altes Gebäude schlängelte. Kalkstein aus Indiana, vermutete er. Unverkennbar das Original. Vielleicht eine Bank, dachte er, oder ein Gerichtsgebäude, vielleicht auch eine Bücherei. Dahinter ragte ein schwarzer Glasturm auf. Es war kühler als in Miami, aber er befand sich noch immer so weit südlich, dass der Winter in sicherer Ferne zu sein schien. Er würde sich wegen des Wetters nicht gleich andere Sachen kaufen müssen. Im Augenblick trug er weiße Chinos und ein leuchtend gelbes Leinenhemd. Beide waren drei Tage alt. Er rechnete sich aus, dass er sie noch einen Tag anziehen könnte.

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