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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Chapman verteidigt werden, und David Chapman kennt Rodin wahrscheinlich viel besser, als seine Tochter ihn kennt. Sie ist jahrelang fort gewesen.«
    »Wo?«
    »College, Law School, Assistentin eines Richters in Washington.«
    »Ist sie gut?«
    »Ich glaube, dass sie’s noch wird.«
     
    Rosemary Barr rief Helen Rodin unter ihrer Büronummer an. Das war eine Art Test. Wer jung war und darauf brannte, sich zu bewähren, sollte auch sonntags im Büro sein.
    Helen Rodin war am Sonntag im Büro. Sie nahm den Anruf an ihrem Schreibtisch sitzend entgegen. Der Schreibtisch war gebraucht gekauft und thronte stolz in einem ansonsten weitgehend leeren Zweizimmerbüro in demselben schwarzen Glasturm, in dem auch NBC im ersten Stock residierte. Die Büromiete wurde durch einen der Zuschüsse erschwinglich, mit denen die Stadtverwaltung wie mit Konfetti um sich warf. Die Idee dabei war, neue Firmen in die aufwändig verjüngte Innenstadt zu locken, um später von gesunden Steuereinnahmen profitieren zu können.
    Rosemary Barr brauchte Helen Rodin den Fall nicht darzulegen, weil alles sich praktisch vor deren Fenstern abgespielt hatte. Sie hatte einen Teil davon selbst gesehen und anschließend die Berichterstattung in den Medien verfolgt. Sie hatte keinen von Ann Yannis Auftritten versäumt. Sie kannte die Journalistin von Begegnungen im Foyer des Gebäudes und im Aufzug.
    »Sind Sie bereit, meinem Bruder zu helfen?«, fragte Rosemary Barr.
    Helen Rodin machte eine Pause. Die clevere Antwort wäre niemals gewesen. Wie in niemals, kommt nicht infrage, sind Sie verrückt? Aus zwei Gründen. Erstens wusste sie, dass ein Riesenkrach mit ihrem Vater irgendwann unvermeidlich war, aber brauchte sie ihn jetzt ? Und zweitens war ihr klar, dass die ersten Fälle einer jungen Anwältin ihren zukünftigen Berufsweg vorgaben. Damit wurde eine Richtung eingeschlagen, die sich später kaum mehr ändern ließ. Bei nüchterner Abwägung war es vielleicht nicht schlecht, sich einen Namen als Strafverteidigerin für scheinbar aussichtslose Fälle zu machen. Aber mit einem Fall zu beginnen, der die gesamte Stadt gegen den Täter aufgebracht hatte, konnte eine Katastrophe für die Karriere sein. Die Schüsse auf Unbeteiligte wurden nicht als Verbrechen gesehen. Sie galten als Gräueltat . Gegen die Menschheit, gegen das ganze Gemeinwesen, gegen die Bemühungen, die Innenstadt neu zu beleben, gegen den Stolz darauf, aus Indiana zu sein. Es war, als wären LA oder New York oder Baltimore hier im Kernland eingefallen, und wer das zu entschuldigen oder wegzuerklären versuchte, machte einen verhängnisvollen Fehler. Als trüge man ein Kainsmal auf der Stirn. Diese Sache würde sie für den Rest ihres Lebens verfolgen.
    »Können wir das Gefängnis verklagen?«, fragte Rosemary Barr. »Weil es zugelassen hat, dass er überfallen wurde?«
    Helen Rodin schwieg weiter. Noch ein guter Grund, nein zu sagen. Eine Mandantin mit unrealistischen Ideen .
    »Vielleicht später«, sagte sie. »Im Augenblick würde er als Kläger nicht allzu viel Sympathie wecken. Und es ist schwierig, einen Schaden nachzuweisen, wenn er ohnehin in die Todeszelle unterwegs ist.«
    »Dann kann ich Ihnen nicht viel zahlen«, sagte Rosemary Barr. »Ich habe wenig Geld.«
    Helen Rodin machte erneut eine Pause. Ein weiterer guter Grund, nein zu sagen. An diesem Punkt ihrer Karriere war es noch etwas zu früh, daran zu denken, kostenlosen Rechtsbeistand zu gewähren.
    Aber. Aber. Aber.
    Der Beschuldigte hatte Anspruch auf einen Anwalt, der ihn vertrat. Das besagten die ersten zehn Zusatzartikel der Verfassung. Und er war unschuldig, bis ihm eine Straftat nachgewiesen wurde. Und stellte sich die Beweislage wirklich als so eindeutig dar, wie ihr Vater sagte, würde das Ganze auf wenig mehr als eine Kontrollfunktion hinauslaufen. Sie würde sich selbst von der Stichhaltigkeit der vorgelegten Beweise überzeugen. Dann würde sie ihm raten, sich schuldig zu bekennen. Dann würde sie zusehen, wie ihr Vater ihn durch die Mangel drehte. Das war alles. Das konnte man als Rückzahlung einer Art Ehrenschuld betrachten. Als verfassungsgemäße Aufgabe. Das hoffte sie zumindest.
    »Okay«, sagte sie.
    »Er ist unschuldig«,sagte Rosemary Barr. »Davon bin ich überzeugt.«
    Das sind sie immer, dachte Helen Rodin.
    »Okay«, sagte sie noch mal. Dann forderte sie ihre neue Mandantin auf, am nächsten Morgen um sieben Uhr in ihr Büro zu kommen. Das war eine Art Test. Eine Schwester, die wirklich an die

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