Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
zum Rand des Gebiets mit neuen Luxussanierungen. Auf einer Strecke von einem einzigen aufgegrabenen Straßenblock verwandelte die Stadt sich von alt und heruntergekommen zu neu und modernisiert. Die Geschäfte veränderten sich von schmuddeligen Familienläden mit Staubsaugerbeuteln und Waschmaschinenschläuchen im Schaufenster zu chromblitzenden neuen Etablissements mit angestrahlten Fünfhundertdollarfummeln im Schaufenster. Und Schuhen und Milchkaffee (für vier Dollar) und Gegenständen aus Titan. Sie passierten mehrerer solcher Geschäfte, dann führte Helen Rodin ihn in ein Esslokal. Restaurants dieser Art kannte er – und mied sie im Allgemeinen bewusst. Weiße Wände, zwischendrin etwas freigelegtes Mauerwerk, plan gedrehte Aluminiumtische mit dazu passenden Stühlen, wilde Salatkombinationen. Willkürlich zusammengeworfene Zutaten, die als fantasievolle Kreationen bezeichnet wurden.
    Sie führte ihn zu einem Tisch in der hintersten Ecke. Ein agiler junger Mann brachte ihnen die Speisekarten. Helen Rodin bestellte etwas mit Orangen, Walnüssen und Gorgonzola. Dazu eine Tasse Kräutertee. Reacher gab es auf, seine Speisekarte zu studieren, und bestellte das Gleiche, aber mit Kaffee, normal und schwarz.
    »Dies ist mein Lieblingslokal«, sagte Helen.
    Reacher nickte. Das glaubte er ihr. Sie passte gut hierher. Ihr langes glattes Haar, ihre schwarze Kleidung. Ihre jugendliche Ausstrahlung. Er war älter und kam aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Welt.
    »Sie müssen mir etwas erklären«, sagte sie.
    Helen beugte sich hinunter und öffnete ihren Aktenkoffer. Holte den alten Kassettenrecorder heraus. Stellte ihn vorsichtig auf den Tisch. Drückte die Starttaste. Reacher hörte James Barrs ersten Strafverteidiger sagen: Leugnen kommt nicht infrage. Danach hörte er Barr sagen: Lassen Sie Jack Reacher herkommen.
    »Das haben Sie mir schon vorgespielt«, sagte er.
    »Aber wieso hat er das gesagt?«, fragte Helen.
    »Das soll ich Ihnen erklären?«
    Sie nickte.
    »Kann ich nicht«, meinte er.
    »Logischerweise hätten Sie der letzte Mensch sein müssen, den er verlangte.«
    »Ganz recht.«
    »Kann er irgendwie im Zweifel gewesen sein, was Ihre damalige Reaktion betrifft? Die vor vierzehn Jahren?«
    »Das glaube ich nicht. Ich habe mich recht deutlich ausgedrückt.«
    »Aber wieso hat er dann jetzt nach Ihnen verlangt?«
    Reacher gab keine Antwort. Ihr Salat wurde serviert, und sie begannen zu essen. Orangen, Walnüsse, Gorgonzola, alle möglichen Salatblätter und sonstiges Grünzeug, darüber eine Himbeer-Vinaigrette. Insgesamt nicht allzu schlimm. Und der Kaffee war in Ordnung.
    »Spielen Sie mir die ganze Aufnahme vor«, sagte er.
    Sie legte ihre Gabel beiseite und drückte die Rückspultaste. Ließ ihre Hand mit je einer Fingerspitze wie eine Pianistin auf den Tasten. Sie hatte lange Finger. Keine Ringe. Farbloser Nagellack, sorgfältig gepflegte Nägel. Sie drückte die Abspieltaste und griff wieder nach ihrer Gabel. Sekundenlang hörte Reacher nichts, bis der unbespielte Bandanfang am Tonkopf vorbei war. Dann folgten typische Gefängnisgeräusche: Echos, entferntes metallisches Klappern, das Atmen eines Mannes. Als Nächstes wurde eine Tür geöffnet, dann war zu hören, wie der Neuankömmling sich setzte. Kein Scharren von Stuhlbeinen auf Beton. Ein am Boden festgeschraubter Gefängnisstuhl. Der Anwalt begann zu reden. Er war alt und gelangweilt. Er wollte nicht dort sein. Er wusste, dass Barr schuldig war. Er machte eine Zeit lang banale Konversation. Fand Barrs hartnäckiges Schweigen rasch frustrierend. Dann sagte er aufgebracht: Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn Sie sich nicht selbst helfen. Darauf folgte eine lange Pause, bis Barrs Stimme direkt ins Mikrofon sprechend aufgeregt sagte: Sie haben den Falschen. Diese Behauptung wiederholte er. Danach war wieder der Anwalt zu vernehmen, der ihm nicht glaubte, von eindeutigen Beweisen sprach und das Motiv hinter einer unbestreitbaren Tatsache suchte. Dann verlangte Barr, Reacher solle kommen, sogar zweimal, und der Anwalt fragte ihn zweimal, ob Reacher ein Arzt sei. Zuletzt stand Barr auf und ging. Auf dem Tonband war noch zu hören, wie er gegen eine verschlossene Tür hämmerte, dann brach die Aufnahme ab.
    Helen Rodin drückte die Stopptaste.
    »Wieso also?«, fragte sie. »Warum hat er behauptet, er sei nicht der Täter, und zugleich nach jemandem verlangt, der bestimmt weiß, dass er’s schon mal getan hat?«
    Reacher zuckte mit den Schultern und

Weitere Kostenlose Bücher