Jack Reacher 09: Sniper
machte ein leichtes Hohlkreuz. Die oberen drei Blusenknöpfe standen offen. Ungefähr Größe 85D, schätzte Reacher, in einem Push-up-BH. Er konnte den Rand ihres Büstenhalters sehen. Weiße Spitze.
Sie beugte sich weit nach vorn – wegen des Lärms.
»Gefällt er Ihnen?«, fragte sie.
»Was?«, sagte er.
»Football«, sagte sie.
»Ein bisschen«, sagte er.
»Haben Sie selbst gespielt?«
Haben Sie gespielt , nicht spielen Sie . Das bewirkte, dass er sich alt vorkam.
»Groß genug sind Sie jedenfalls«, meinte sie.
»Ich hab versucht, ins Armyteam zu kommen«, sagte er. »Als ich in West Point war.«
»Haben Sie’s geschafft?«
»Nur einmal.«
»Sind Sie verletzt worden?«
»Ich war zu gewalttätig.«
Sie lächelte, weil sie nicht wusste, ob das ein Scherz sein sollte.
»Wollen Sie’nen Taco?«, fragte sie.
»Ich hab gerade gegessen.«
»Ich bin Sandy.«
Sandig war ich auch, dachte er . Freitags am Strand.
»Wie heißen Sie?«, fragte sie.
»Jimmy Reese«, antwortete er.
Er sah ein überraschtes Aufleuchten in ihrem Blick. Den Grund dafür wusste er nicht. Vielleicht hieß ihr Freund zufällig Jimmy Reese. Oder vielleicht war sie ein ernsthafter Fan der New York Yankees.
»Freut mich, dich kennenzulernen, Jimmy Reese«, sagte sie.
»Gleichfalls«, sagte er und wandte sich wieder dem Spiel zu.
»Du bist neu in der Stadt, stimmt’s?«
»Wie meistens«, sagte er.
»Ich überlege gerade«, sagte sie. »Wenn du Fußball nur bisschen magst, hättest du vielleicht Lust, mit mir anderswohin zu gehen?«
»Wohin zum Beispiel?«
»Irgendwohin, wo’s ruhiger ist. Vielleicht auch ein bisschen einsamer.«
Er schwieg.
»Ich hab ein Auto«, sagte sie.
»Darfst du überhaupt schon fahren?«
»Ich bin alt genug, um alle möglichen Dinge zu tun. Und auf manche verstehe ich mich ziemlich gut.«
Reacher schwieg. Sie bewegte sich auf ihrem Stuhl. Schob ihn etwas von der Tischkante zurück. Wandte sich ihm zu und sah nach unten.
»Gefällt dir meine Hose?«
»Ich finde, sie steht dir sehr gut.«
»Das finde ich auch. Das Dumme ist nur, dass sie so eng ist, dass man darunter nichts anhaben kann.«
»Wir haben alle unser Kreuz zu tragen.«
»Findest du, dass sie zu viel sehen lässt?«
»Sie ist undurchsichtig. Das genügt mir im Allgemeinen.«
»Stell dir vor, wie’s wäre, sie runterzuziehen.«
»Das kann ich nicht. Ich bezweifle, dass ich jemals reingekommen wäre.«
Die grünen Augen verengten sich. »Bist du ein Schwuler?«
»Bist du’ne Nutte?«
»Natürlich nicht ! Ich arbeite im Geschäft für Autoersatzteile.«
Dann machte Sandy eine Pause und schien erneut nachzudenken. Sie überlegte sich die Sache anders. Sie fand eine bessere Antwort. Die daraus bestand, dass sie von ihrem Stuhl aufsprang, kreischte und ihm ins Gesicht schlug. Das laute Kreischen und der laute Schlag bewirkten, dass alle sich nach ihnen umdrehten.
»Er hat mich’ne Hure genannt!«, schrie sie. »Er hat mich’ne verdammte Hure genannt!«
Stühle scharrten, und Männer sprangen auf. Fünf Kerle in Jeans, Arbeitsstiefeln und karierten Hemden. Jungen vom Lande. Fünfmal der gleiche Typ.
Das Mädchen lächelte triumphierend.
»Das sind meine Brüder«, sagte sie.
Reacher schwieg.
»Du hast mich gerade vor meinen Brüdern als Hure bezeichnet.«
Fünf Jungen, die ihn alle anstarrten.
»Er hat mich’ne Hure genannt«, jammerte das Mädchen.
Regel Nummer eins: Sei auf den Beinen und auf alles gefasst.
Regel Nummer zwei: Zeig ihnen, mit wem sie sich anlegen.
Reacher stand langsam und mühelos auf. Eins fünfundneunzig, hundert Kilo, gelassener Blick, die Arme locker herabhängend.
»Er hat mich’ne Hure genannt«, jammerte das Mädchen wieder.
Regel Nummer drei: Den Anführer identifizieren.
Die anderen waren fünf Kerle. Jedes Quintett hatte einen Anführer, zwei überzeugte und zwei zögerliche Gefolgsleute. Setzte man den Anführer und die beiden eifrigen Gefolgsleute außer Gefecht, war’s vorbei. Dann ergriffen die beiden Zögerlichen die Flucht. Fünf gegen einen gab es also nie. Über drei gegen einen ging es nie hinaus.
Regel Nummer vier: Anführer ist der, der sich zuerst bewegt.
Ein großer mit Mais gemästeter Kerl Ende zwanzig mit weizenblondem Haarschopf und rundem rotem Gesicht bewegte sich als Erster. Er trat einen Schritt vor, und die anderen versammelten sich in keilförmiger Formation hinter ihm. Reacher trat ihnen seinerseits einen Schritt entgegen. Der Nachteil eines Ecktischs
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