Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
des Buckingham-Palasts stattfand.
John Patrick Ryan, Historiker und früher Leutnant der Marineinfanterie der Vereinigten Staaten, griff die Attentäter in der Mall unbewaffnet an, während über hundert Londoner in ungläubigem Entsetzen zusahen. Der 31jährige Ryan aus Annapolis, Maryland, machte einen der Schützen kampfunfähig, bemächtigte sich seiner Waffe und erschoß damit den anderen. Er wurde dabei schwer verwundet. Ein Krankenwagen brachte ihn ins St. Thomas Hospital, wo Sir Charles Scott unverzüglich einen Noteingriff vornahm.
Angeblich ist ein dritter Terrorist entkommen, indem er die Mall in östlicher Richtung entlangfuhr und dann in die Marlborough Road nach Norden bog.
Hohe Polizeibeamte äußerten die Überzeugung, daß Ihre Hoheiten ohne Ryans Eingreifen zweifellos ums Leben gekommen wären.
Ryan blätterte um und sah noch ein Farbfoto von sich, eines aus glücklicheren Tagen. Es war das Erinnerungsfoto von dem Tag, als er in Quantico sein Leutnantspatent bekommen hatte, und er mußte lächeln über den stolzen jungen Mann in dem blauen Rock mit zwei goldenen Streifen und dem gegürteten Türkensäbel. Es war eine der wenigen anständigen Aufnahmen, die je von ihm gemacht worden waren.
«Woher haben Sie das?»
«Oh, Ihre Kameraden von der Marineinfanterie waren sehr gefällig. Eines von Ihren Schiffen, ein Hubschrauberträger oder so was, liegt nämlich gerade in Portsmouth. Nachdem wir den Ausweis des Vereins ehemaliger Green Berets bei Ihnen fanden, ergab sich alles andere von selbst. Wie ich höre, kriegen Ihre Kameraden seit gestern abend so viel Freibier, wie sie wollen.»
Ryan lachte. Dann nahm er die Times, deren Schlagzeilen kaum weniger marktschreierisch waren:
Der Prinz und die Prinzessin von Wales entrannen heute nachmittag knapp dem sicheren Tod. Drei, möglicherweise vier mit Kalaschnikoff-Kampfgewehren und Handgranaten bewaffnete Terroristen lauerten ihrem Rolls-Royce auf, und der Anschlag wurde nur durch das kühne Eingreifen eines jungen Amerikaners vereitelt. Der Retter heißt J. P. Ryan, war früher Leutnant bei der US-Marineinfanterie und arbeitet heute als Historiker ...
Ryan blätterte zur Seite mit den Leitartikeln. Der erste, vom Verleger unterzeichnete, forderte Vergeltung, lobte Ryan, Amerika und die US-Marineinfanterie und dankte der göttlichen Vorsehung mit Wendungen, die einer päpstlichen Bulle würdig waren.
«Na, zufrieden?» Ryan sah auf. Sir Charles Scott stand mit dem Krankenblatt am Fußende des Betts.
«Ich stehe zum erstenmal in der Zeitung.» Ryan legte sie hin. «Sie haben es verdient, und der Schlaf scheint Ihnen gutgetan zu haben. Wie fühlen Sie sich?»
«Nicht schlecht, in Anbetracht der Umstände. Wie geht es mir?» fragte Ryan.
«Puls und Temperatur sind normal - fast normal. Mit ein bißchen Glück könnten wir sogar eine postoperative Infektion vermeiden, obgleich ich nicht darauf wetten würde», sagte der Arzt. «Wie schlimm sind die Schmerzen?»
«Na ja, ich kann damit leben», antwortete Ryan vorsichtig.
Ryans Karriere bei den Marines hatte bereits nach drei Monaten, bei einem Nato-Manöver mit einem Hubschrauberabsturz an der Küste Kretas geendet. Er hatte eine Rückenverletzung davongetragen und war ins Bethesda Naval Medical Center bei Washington gelegt worden, wo die Ärzte etwas zu großzügig mit den Schmerzmitteln umgegangen waren, so daß er nachher zwei Wochen gebraucht hatte, um von ihnen loszukommen. Es war eine Erfahrung, die er nicht wiederholen wollte.
Sir Charles nickte nachdenklich. «Das habe ich mir gedacht. Nun, es ist Ihr Arm.» Die Schwester kam wieder ins Zimmer, als er ein paar Einträge auf dem Krankenblatt machte. «Drehen Sie das Bett bitte etwas hoch.»
Ryan hatte nicht bemerkt, daß das Gestell, an dem sein Arm hing, in Wirklichkeit rund war. Als das Kopfende höher gestellt wurde, sank sein Arm in eine angenehmere Stellung. Der Arzt schaute über die Brillengläser hinweg auf seine Finger.
«Würden Sie sie bitte bewegen?» Ryan tat es. «Gut, sehr gut. Ich glaube nicht, daß ein Nerv geschädigt ist. Doktor Ryan, ich werde Ihnen etwas Harmloses verschreiben, gerade genug, um den Schmerzen die Spitze zu nehmen. Aber ich möchte, daß Sie alles einnehmen, was ich verschreibe.» Scott beugte sich etwas tiefer und sah Ryan an. «Ich habe noch nie einen Patienten mit Tablettensucht gehabt, und ich möchte nicht mit Ihnen anfangen. Seien Sie nicht dickköpfig - Schmerzen und Beschwerden
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