Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
Mr. Owens möchte ihn zurückhaben?»
«Ja.» Owens lehnte sich zurück. Er mußte jetzt ebenfalls einen Anruf machen. Die gute Nachricht war mit einer schlechten verbunden, wie so oft bei der Arbeit der Polizei.
«Mr. Ryan?» Es war ein Arzt. Vermutlich ein Arzt. Er trug ein rosarotes Zellstoffgewand und merkwürdig aussehende rosarote Stiefel über seinen Schuhen, wahrscheinlich Jogging-Schuhen. Das Gewand war blutbefleckt. Er kann nicht viel über dreißig sein, schätzte Ryan. Das Gesicht war müde und dunkel. DR. BARRY SHAPIRO stand auf dem kleinen Namensschild. CHEFARZT CHIRURGIE. Ryan versuchte aufzustehen, aber seine Beine funktionierten nicht. Er richtete sich langsam auf und plumpste auf einen Lehnstuhl neben dem Sofa.
Welche Nachricht bringst du mir? dachte er. Er flehte innerlich um Informationen und fürchtete sich gleichzeitig davor, zu erfahren, was mit den Seinen geschehen war.
«Ich bin Barry Shapiro. Ich habe mich um Ihre Tochter gekümmert. Hm, Ihrer Frau geht es gut. Ihr linker Oberarm ist gebrochen und hat einen Einschuß ...»
«Einen Einschuß?» fragte Ryan.
«Ja, wußten Sie das nicht? Aber wie dem auch sei. Außerdem hat sie eine große Schnittwunde am Schädel. Als der Sanitäter im Hubschrauber die Kopfwunde sah - Schädel bluten eine Menge -, hat er sie vorsichtshalber hierher gebracht. Wir haben den Kopf gründlich untersucht, und er ist in Ordnung. Eine leichte Gehirnerschütterung, kein Grund zur Sorge.»
«Sie ist schwanger ...»
«Das haben wir gesehen», sagte Shapiro lächelnd. «Kein Problem. Die Leibesfrucht ist in keiner Weise geschädigt, und die Schwangerschaft dürfte weiterhin normal verlaufen.»
«Sie ist Chirurgin. Wird sie den Arm wieder hundertprozentig gebrauchen können?»
«Oh? Das wußte ich nicht. Wir geben uns nicht groß mit den Personalien unserer Patienten ab», erläuterte Shapiro. «Nein, es dürfte keine Probleme geben. Der Bruch ist kompliziert, aber Routine. Er müßte vollständig verheilen.»
Ryan fürchtete sich davor, die nächste Frage zu stellen. Der Arzt wartete, ehe er weiterredete. Kommt jetzt die schlechte Nachricht ...
«Ihrer Tochter geht es gar nicht gut.»
Jack würgte. Die eiserne Faust, die sich um seinen Magen gelegt hatte, lockerte ihren Griff ein wenig. Sie ist wenigstens am Leben. Sally lebt!
«Sie war offenbar nicht angeschnallt. Als der Wagen aufprallte, wurde sie sehr heftig nach vorn geschleudert.» Jack nickte. Sally spielte gern mit der Gurtschließe. «Also, beide Schienbeine sind gebrochen, außerdem der linke Oberschenkelknochen. Links sind alle Rippen gebrochen, auf der rechten Seite sechs - eine klassische Brustkorbquetschung. Sie kann nicht selbst atmen, sie ist an ein Beatmungsgerät angeschlossen; das wäre also unter Kontrolle. Sie kam mit erheblichen inneren Verletzungen und inneren Blutungen, einer schweren Verletzung der Leber und der Milz und des Dickdarms. Ihr Herz setzte kurz nach der Ankunft hier aus, wahrscheinlich wegen zu großen Blutverlusts. Wir haben es sofort wieder in Gang gebracht und Bluttransfusionen vorgenommen. Das Problem wäre also auch gelöst», sagte Shapiro schnell.
«Doktor Kinter und ich haben fast fünf Stunden an ihr gearbeitet. Wir mußten die Milz herausnehmen - das ist okay, man kann ohne Milz leben.» Shapiro sagte nicht, daß die Milz eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Infektionen spielte. «Die Leber hatte einen ziemlich langen Riß und eine Verletzung der Hauptarterie, die sie mit Blut versorgt. Wir mußten ein Viertel der Leber entfernen - auch das ist kein Problem -, und ich denke , wir haben den Arterienschaden behoben, und ich denke , die Sache wird halten. Die Leber ist wichtig. Sie hat eine Menge mit Blutbildung und dem biochemischen Gleichgewicht des Körpers zu tun. Ohne sie kann man nicht leben. Wenn die Leber funktioniert... Dann wird sie es wahrscheinlich schaffen. Die Dickdarmverletzung war relativ leicht in den Griff zu kriegen. Wir haben ungefähr dreißig Zentimeter entfernt. Die Beine kann sie gar nicht bewegen im Augenblick. Wir werden sie später drannehmen. Die Rippen - nun, das ist schmerzhaft, aber nicht lebensgefährlich. Und die Schädelverletzung ist vergleichsweise geringfügig. Ich nehme an, die Brust hat beim Aufprall das meiste abbekommen. Sie hat eine Gehirnerschütterung, aber nichts weist auf Gehirnblutungen hin.» Shapiro rieb sich mit beiden Händen das bärtige Gesicht.
«Es steht und fällt mit der Leberfunktion. Wenn die Leber
Weitere Kostenlose Bücher