Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
Fremde Ihnen solche Fragen stellte? Er ist ein menschliches Wesen, ist Ihnen das nicht klar? Außerdem ist er mein Freund, und die Art, wie ihr mit ihm umgeht, paßt mit nicht.»
«Hören Sie, Commander, wir wissen, daß seine Frau und seine Tochter von Terroristen angegriffen wurden ...»
«Wer sagt, daß es Terroristen waren?» fragte Jackson.
«Wer hätte es sonst sein sollen? Halten Sie uns für blöd?» Darauf antwortete Robby nicht. «Dies ist eine Sensation - der erste Anschlag ausländischer Terroristen auf amerikanischem Boden, wenn wir es richtig sehen. Es ist wichtig. Die Bevölkerung hat ein Recht, zu wissen, was geschehen ist und warum es geschehen ist», sagte die Reporterin. Es war nicht ohne Logik.
Sie hat recht, räumte Robby widerstrebend ein. Es gefiel ihm nicht, aber sie hatte recht. Verdammt.
«Hätten Sie ein besseres Gefühl, wenn Sie wüßten, daß ich ein Kind im gleichen Alter habe? Nur, daß es ein Junge ist», sagte sie. Sie schien eine ganz patente junge Frau zu sein.
Jack suchte vergeblich etwas, das ihm an ihr nicht paßte. «Sagen Sie mir eins: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, die Leute zu interviewen, die das hier getan haben, würden Sie es tun?»
«Das ist mein Beruf. Wir müssen etwas über ihren Background erfahren.»
«Ihr Background heißt Morden, und es ist ihnen ziemlich egal, wer ihnen vor die Flinte kommt. Es gehört zum Spiel. Ich würde sie jedenfalls nicht lange interviewen.» Robby äußerte eine Meinung, die er mit Berufssoldaten überall auf der Welt teilte.
In diesem Augenblick betraten wieder zwei Männer den Warteraum. Sie gingen sofort zu Jack, der kaum noch aufnahmefähig war. Die Nachricht, daß Sally nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebte, hatte ihm eine entsetzliche Last von den Schultern genommen, und er wartete jetzt darauf, seine Frau sehen zu dürfen, die bald von der Intensivstation in ein normales Krankenzimmer verlegt werden sollte. Wayson, der britische Sicherheitsbeamte, der wenige Meter entfernt saß, betrachtete das Geschehen mit unverhohlenem Widerwillen und weigerte sich sogar, seinen Namen zu nennen, wenn Reporter ihn fragten. Die Beamten der Staatspolizei hatten die Presse nicht fernhalten können, aber das Klinikpersonal hatte wenigstens einem Aufnahmeteam des Fernsehens den Zutritt zum Krankenhaus verweigert und war eisern geblieben. Die Frage, die immer wieder gestellt wurde, lautete: Wer war es? Jack sagte, er wisse es nicht, obwohl er es zu wissen glaubte. Wahrscheinlich waren es die Leute, die er als Bedrohung verworfen hatte.
Es hätte noch schlimmer kommen können, sagte er sich. Es sah zumindest ganz so aus, als würde seine Tochter Ende der Woche die kritische Phase überstanden haben. Sally war nicht tot, weil er eine falsche Schlußfolgerung gemacht hatte. Das war ein Trost.
«Mr. Ryan?» fragte einer der neuen Besucher.
«Ja?» Jack war zu erschöpft, um aufzublicken. Er wurde nur noch von seinem Adrenalin wachgehalten. Seine Nerven spielten verrückt, so daß an Schlaf nicht zu denken war, so sehr er ihn brauchte.
«Ich bin Sonderagent Ed Donoho, FBI-Außenstelle Boston. Ich habe hier jemanden, der Ihnen etwas sagen möchte.»
Kein Mensch hat je behauptet, daß Paddy O'Neil dumm wäre, dachte Donoho. Als die Elf-Uhr-Nachrichten die Meldung gebracht hatten, hatte der Mann der Sinn Fein seinen «Begleiter» vom FBI gefragt, ob er nach Baltimore fliegen könne. Donoho hatte nicht die Befugnis, eine solche Bitte abzuschlagen, und war aufgefordert worden, den Mann selbst zum International Airport zu bringen und mitzufliegen.
«Mr. Ryan», sagte O'Neil mit einer Stimme, die vor Mitgefühl triefte. «Ich habe eben gehört, daß es Ihrer Tochter ein klein wenig besser geht. Ich hoffe, meine Gebete haben dazu beigetragen, und ich ...»
Ryan brauchte mehr als zehn Sekunden, um das Gesicht zu erkennen, das er vor ein paar Tagen im Fernsehen gesehen hatte. Seine Augen wurden groß, und sein Mund klappte langsam auf. Aus irgendeinem Grund hörte er gar nicht, was der Mann sagte. Der Klang der Worte drang in seine Ohren, aber sein Gehirn gab ihnen keinen Sinn, als ob sie in einer fremden Sprache wären. Alles, was er sah, war die Kehle des Burschen, anderthalb Meter vor sich. Nur anderthalb Meter, war alles, was sein Gehirn ihm sagte.
«Uh-hm», machte Robby am anderen Ende des Raumes. Er stand auf, als sein Freund sich puterrot färbte. Zwei Sekunden später war Robbys Gesicht so weiß wie der Kragen seines Hemdes. Er
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