Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
gut? Wie intelligent muß man denn sein, um jemanden umzulegen? Clark ist eine sozialfeindliche Persönlichkeit. Er hat so gut wie keine Gefühle. Manche Menschen sind so. Sie nehmen die Leute ringsum nicht als richtige Menschen wahr. Sie betrachten sie als Objekte, und da sie nur Objekte sind, ist es nicht weiter wichtig, was mit ihnen geschieht. Ich hab' mal einen Killer kennengelernt, der vier Leute auf dem Gewissen hatte - das waren nur die, von denen wir wußten - und nicht mit der Wimper zuckte, als er davon erzählte, aber als wir ihm sagten, daß seine Katze gestorben sei, weinte er wie ein Kind. Solche Leute kapieren nicht mal, warum sie ins Gefängnis kommen. Sie kapieren es einfach nicht», schloß er. «Das sind die gefährlichsten.»
«Nein», sagte Ryan. «Die gefährlichsten sind die, die Grips haben, diejenigen, die daran glauben.»
«Von denen ist mir noch keiner untergekommen», gab der Agent zu.
«Aber mir.» Jack begleitete ihn zur Tür und sah ihm nach, während er fortfuhr. Jetzt, wo Sally nicht herumlief, der Fernseher nicht eingeschaltet war, Cathy nicht über ihre Freunde und Kollegen im Johns-Hopkins-Krankenhaus redete, war das Haus entsetzlich leer und still. Er schritt einige Minuten ziellos von Zimmer zu Zimmer, als erwartete er, plötzlich jemanden zu finden. Er wollte sich nicht hinsetzen, weil das so etwas wie ein Eingeständnis wäre, daß er allein war. Er ging in die Küche und fing an, sich einen Drink zu machen, doch ehe er fertig war, schüttete er ihn ins Spülbecken. Er wollte sich nicht betrinken. Es war besser, wachsam zu bleiben. Zuletzt nahm er den Hörer ab und tippte eine Nummer.
«Ja», meldete sich jemand.
«Admiral? Hier Jack Ryan.»
«Ich habe gehört, daß Ihre Kleine durchkommen wird», sagte James Greer. «Ich freue mich darüber, mein Junge.»
«Danke, Sir. Arbeitet die Agency mit daran?»
«Dies ist keine sichere Leitung, Jack», antwortete der Admiral.
«Ich möchte mitmachen», sagte Ryan.
«Kommen Sie morgen früh her.»
Ryan legte auf und holte seine Aktentasche. Er öffnete sie und nahm die automatische Browning heraus. Nachdem er sie auf den Küchentisch gelegt hatte, holte er die Flinte und die Putzsachen vom obersten Regal im Wandschrank. Die nächste Stunde brachte er damit zu, die Pistole und dann die Flinte zu reinigen und zu ölen. Als er zufrieden war, lud er beide.
Am nächsten Morgen fuhr er um fünf nach Langley. Er hatte es geschafft, noch vier Stunden zu schlafen, ehe er aufstand und frühstückte. Da er so früh dran war, konnte er die morgendliche Rushhour auf dem George Washington Parkway vermeiden, obgleich dort auch jetzt Regierungsbeamte zu den Dienststellen und Behörden fuhren, die praktisch nie schliefen. Als er das CIA-Gebäude betreten hatte, mußte er daran denken, daß Admiral Greer noch nie außer Haus gewesen war, wenn er hereingeschaut hatte. Hm, sagte er sich, wenigstens etwas in dieser Welt, worauf ich mich verlassen kann. Ein Sicherheitsbeamter brachte ihn zum sechsten Stock.
«Guten Morgen, Sir», sagte er beim Betreten des Raums.
«Sie sehen besser aus, als ich erwartet habe», bemerkte der stellvertretende Direktor, zuständig für Nachrichtenbeschaffung.
«Ich mache mir vielleicht was vor, aber ich kann mein Problem schlecht lösen, indem ich mich in einer Ecke verstecke, nicht wahr? Können wir darüber reden?»
«Ihre irischen Freunde beschäftigen eine Menge Leute. Der Präsident persönlich wünscht, daß in der Sache etwas getan wird. Bisher haben noch nie internationale Terroristen bei uns rumgeballert - zumindest ist es nicht in die Zeitungen gekommen», sagte Greer dunkel. «Der Fall hat höchste Priorität. Er kann sämtliche Hilfsmittel beanspruchen.»
«Ich möchte eins davon sein», sagte Ryan einfach.
«Wenn Sie glauben, Sie könnten bei einer Operation mitmachen ...»
«Ich weiß was Besseres, Admiral.»
Greer lächelte dem jüngeren Mann zu. «Das sollte mich freuen, Junge. Ich weiß, daß Sie ein kluger Kopf sind. Was möchten Sie also für uns tun?»
«Wir wissen beide, daß die Schufte zu einem größeren Netz gehören. Die Daten, die Sie mir zur Einsicht gegeben haben, waren ziemlich begrenzt. Sie werden jetzt offensichtlich versuchen, Daten über alle Gruppen zu kollationieren, um nähere Hinweise auf die ULA zu finden. Vielleicht kann ich dabei helfen.»
«Und das Unterrichten?»
«Ich kann hier arbeiten, wenn ich keine Kurse habe. Es gibt im Moment nicht viel, was mich zu
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