Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
hat, wie mein Alter immer sagt. Iß jetzt!» befahl Robby.
Jack wurde sich bewußt, daß er eine lange Zeit nichts gegessen hatte, und sobald sein Magen sich daran erinnerte, schrie er nach Nahrung. In fünf Minuten hatte er zwei Spiegeleier mit Speck, eine Portion Röstkartoffeln, vier Scheiben Toast und zwei Tassen Kaffee intus.
Es klopfte, und Robby öffnete die Tür. Sissy kam mit einer Einkaufstüte in einer Hand und Jacks Aktentasche in der anderen ins Zimmer gesaust.
«Du machst dich besser ein bißchen frisch, Jack», sagte sie. «Cathy sieht besser aus als du.»
«Wie üblich», antwortete Jack - ausgesprochen munter, wie er überrascht konstatierte. Sissy hatte ihn reingelegt.
«Ich bring' dich heute abend nach Hause», sagte Robby. «Ich habe morgen Kurse. Du nicht. Ich hab' es mit dem Fachbereich geregelt.»
«Danke.»
Sissy verabschiedete sich. Jack und Robby gingen zum Krankenhaus hinüber. Es war Besuchszeit, und sie konnten gleich zu Cathy hinauf.
Ryan blieb zwanzig Minuten bei seiner Frau, lange genug, um zu erfahren, was sie der Polizei gesagt hatte, und sich zu vergewissern, daß es ihr wirklich besser ging. Sie war im Begriff einzunicken, als er das Zimmer verließ. Als nächstes ging er über die Straße zur Chirurgie.
Eine Schwester brachte ihn zur Intensivstation, und zum erstenmal seit sechsunddreißig Stunden, anderthalb Tagen, die sich zu einer Ewigkeit gedehnt hatten, sah er sein kleines Mädchen wieder. Es war ein gespenstisches Erlebnis. Wenn man ihm nicht sehr entschieden gesagt hätte, daß ihre Überlebenschancen gut seien, wäre er womöglich auf der Stelle zusammengebrochen. Die Verletzungen und die Medikamente hatten das arme Ding zu einer bewußtlosen Masse gemacht. Er beobachtete und horchte, wie das Beatmungsgerät für sie atmete. Sie wurde aus Flaschen ernährt, von denen Schläuche in ihre Adern führten. Ein Arzt erläuterte, daß ihr Zustand weit schlimmer aussah, als er war. Ihre Leber arbeitete in Anbetracht der Umstände gut. In zwei oder drei Tagen würden sie die gebrochenen Beine nageln.
«Wird sie behindert sein?» fragte Jack leise.
«Nein, da besteht kein Grund zur Sorge. Kinderknochen ... Wir sagen immer, wenn die gebrochenen Splitter im selben Zimmer sind, heilen sie wieder zusammen. Es sieht viel schlimmer aus, als es ist. Das Problem bei solchen Fällen ist, sie über die erste Stunde wegzubringen - bei ihr waren es die ersten zwölf Stunden oder so. Wenn Kinder die anfängliche Krise überstehen, werden sie erstaunlich schnell gesund. In einem Monat wird sie wieder zu Hause sein. In zwei wird sie herumtoben, als ob nie etwas geschehen wäre. So verrückt es klingen mag, es ist wahr. Sie ist jetzt noch sehr krank, aber sie wird gesund werden. Hören Sie, ich war dabei, als sie eingeliefert wurde.»
«Darf ich Ihren Namen wissen?»
«Rich Kinter. Barry Shapiro und ich haben die meisten Operationen gemacht. Es war nahe dran - es war um Haaresbreite. Aber wir haben gewonnen. Okay? Wir haben gewonnen. Sie werden sie wieder mit nach Hause nehmen können.»
«Danke - ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Doktor.» Jack stammelte noch ein paar Worte, denn ihm fiel wirklich nicht ein, was er zu den Leuten sagen sollte, die Sally das Leben gerettet hatten.
Kinter schüttelte den Kopf. «Besuchen Sie uns ab und zu mit ihr, dann sind wir quitt. Wir haben hier alle paar Monate eine Party für ehemalige Patienten. Sie können sich nicht vorstellen, was wir fühlen, wenn unsere kleinen Patienten zurückkommen, das heißt, wenn sie auf eigenen Füßen zurückkommen und Torte essen und Cola trinken. Daß Ihre kleine Tochter auf unsere Knie klettern kann, wenn es ihr wieder besser geht.»
«Abgemacht.» Ryan fragte sich, wie viele Leute nur deshalb noch lebten, weil Kinter und seine Kollegen hier waren. Er war sicher, daß dieser Arzt ein reicher Mann werden könnte, wenn er eine Privatpraxis aufmachte. Jack verstand ihn, er verstand, warum er hier war, und er wußte, daß sein Schwiegervater ihn nicht verstehen würde. Er saß einige Minuten neben Sally und lauschte, wie die Beatmungsmaschine durch den Schlauch für sie atmete. Die für seine Tochter zuständige Schwester lächelte ihm zu, und er konnte das Lächeln trotz der Maske sehen. Ehe er ging, küßte er Sallys aufgeplatzte Stirn. Es ging ihm jetzt besser, in fast jeder Hinsicht. Eines blieb jedoch. Die Leute, die seinem kleinen Mädchen dies angetan hatten.
«Der Wagen hatte ein
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