Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
«Oder könnten Sie sich vorstellen, daß einer von uns ein kommunistischer Agent ist? Hm ... Interessieren Sie sich für den Job?»
«Ich weiß nicht.» Ryan betrachtete sein Spiegelbild im Fenster. «Es würde bedeuten, daß ich weniger mit meiner Familie Zusammensein kann. Wir erwarten diesen Sommer Nachwuchs, verstehen Sie.»
«Ich gratuliere, das ist eine gute Nachricht. Ich weiß, daß Sie ein Familienmensch sind, Jack. Der Job würde einige Opfer bedeuten, aber Sie wären ein guter Mann dafür.»
«Glauben Sie?» Bis jetzt habe ich noch nicht viel für die Welt getan.
«Ich sähe weit lieber Sie in Langley als einige andere Leute, die ich kenne. Sie sind mehr als gescheit genug. Sie können Entscheidungen treffen, und Sie sind vor allem ein guter Kerl. Ich weiß, Sie sind ehrgeizig, aber Sie haben eine Moral, Wertbegriffe. Ich gehöre zu denen, die überzeugt sind, daß das in dieser Welt noch etwas zählt, ganz gleich, wie schlimm die Dinge auch werden mögen.»
«Sie werden ziemlich schlimm, Pater», sagte Ryan nach kurzem Überlegen.
«Sind Sie ihnen auf der Spur?»
«Nein, aber...» Jack verstummte einen Moment zu spät. «Gut gemacht, Pater.»
«Ich habe es nicht so gemeint», beteuerte Riley. «Die Welt wäre besser, wenn diese Leute nicht mehr frei herumliefen. Ihr Gehirn muß irgendwie falsch funktionieren. Es ist schwer zu verstehen, wie jemand einem unschuldigen Kind etwas zuleide tun kann.»
«Pater, sie zu verstehen, ist weniger wichtig. Es kommt darauf an, sie zu finden. Und zu bestrafen.»
«Das ist die Arbeit der Polizei und der Gerichte und Geschworenen. Das ist der Grund, warum wir Gesetze haben», sagte Riley eindringlich.
Ryan drehte sich wieder zum Fenster. Er musterte sein eigenes Bild und fragte sich, was er eigentlich sah. «Pater, Sie sind ein guter Mensch, aber Sie haben nie Kinder gehabt. Ich könnte vielleicht jemandem verzeihen, der mich angegriffen hat, aber nicht jemandem, der versucht, mein kleines Mädchen umzubringen. Wenn ich ihn finde - zum Teufel, ich werde ihn nicht finden. Aber ich wünschte, ich täte es», sagte Jack zu seinem Spiegelbild. Es nickte zustimmend.
«Haß ist nicht gut. Er kann Dinge mit einem anrichten, die man bereut. Dinge, die einen zu einem anderen Menschen machen.»
Ryan drehte sich um und dachte an den Mann, den er eben gesehen hatte. «Vielleicht hat er das bereits getan.»
20
Das Tonband war unglaublich langweilig. Owens war es gewohnt, Berichte von Kriminalbeamten, Verhörprotokolle und, noch schlimmer, nachrichtendienstliche Dokumente zu lesen, aber das Tonband war noch langweiliger. Das Mikrofon, das der Sicherheitsdienst in Cooleys Geschäft versteckt hatte, wurde durch Töne aktiviert und war so empfindlich, daß es selbst das leiseste Geräusch registrierte. Die Tatsache, daß Cooley gern vor sich hin summte, ließ Owens am Wert des kleinen Wunderwerks zweifeln. Der Beamte, der sich das vollständige Band anhören mußte, ehe er es zusammenschnitt, hatte das Summen nicht restlos herausgeschnitten, um seinen Vorgesetzten darauf hinzuweisen, was er alles erdulden mußte. Endlich bimmelte die Glocke.
Owens hörte, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, ein Geräusch, das vom Aufnahmegerät als Scheppern aufgezeichnet worden war, und dann das Quietschen von Cooleys Drehstuhl. Er muß ihn dringend mal ölen, dachte der Commander.
«Guten Morgen, Sir!» Es war Cooleys Stimme.
«Morgen», sagte der Kunde. «Darf man fragen, ob Sie den Milton fertig kalkuliert haben?»
«Ja, Sir.»
«Was soll er kosten?»
Cooley antwortete nicht, aber Ashley hatte Owens berichtet, daß er nie einen Preis laut sagte. Er reichte seinen Kunden eine Karteikarte, auf der die Summe stand. Owens hielt das für ein Mittel, die Leute vom Feilschen abzuschrecken.
«Ziemlich gepfeffert», sagte Watkins' Stimme.
«Ich könnte noch mehr bekommen, aber Sie sind ein Stammkunde», erwiderte Cooley.
Das Mikrofon hatte sogar den Seufzer weitergeleitet. «Na gut, er ist das Geld wert.»
Der Kauf wurde sofort getätigt. Sie konnten hören, wie Geldscheine, die offensichtlich abgezählt wurden, leise knisterten.
«Vielleicht habe ich bald etwas Neues aus einer Sammlung in Kerry.»
«Oh?» machte Watkins interessiert.
«Ja, eine signierte Erstausgabe von Große Erwartungen. Ich habe sie bei meiner letzten Reise nach drüben gesehen. Hätten Sie eventuell Interesse?»
«Wirklich signiert?»
«Ja, Sir. Es ist mir bewußt, daß Sie die
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