Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
Pulverkaffee.
«Na?» fragte Miller.
«Kein Problem.» Alex lächelte. «Los, trink das Zeug aus, wir reden im Boot weiter.»
Mittwoch war ein besonderer Tag. Jack hatte freigenommen und trug jetzt den Teddybären, während Cathy ihre Tochter aus dem Zimmer schob. Der Teddybär war ein Geschenk von den Studenten seines Geschichtsseminars, ein Monster, das an die fünfundzwanzig Kilo wog, knapp anderthalb Meter groß war und sogar eine Mütze trug, eine Sergeantenmütze, die Breckenridge und seine Wachmannschaft beigesteuert hatten. Ein Polizist öffnete der Familie die Tür. Es war ein windiger Märztag, aber der Kombi stand genau gegenüber. Jack hob seine Tochter von der Krankenhausliege, und Cathy dankte den Schwestern. Er setzte Sally in den Kindersitz und schnallte sie an. Der Bär mußte in den Kofferraum.
«Freust du dich auf zu Hause, Sally?»
«Ja.» Ihre Stimme war tonlos. Die Schwestern hatten gesagt, daß sie im Schlaf immer noch hochfuhr und schrie. Ihre Beine waren endlich vollständig verheilt. Sie konnte wieder gehen, schlecht und linkisch, aber sie konnte gehen. Abgesehen von der herausgenommenen Milz war sie wieder ganz. Man hatte ihre Haare auf die Länge der Partien abgeschnitten, die an den geschorenen Stellen nachgewachsen waren, aber sie würden bald wieder so lang sein wie früher. Selbst die Narben, sagten die Chirurgen, würden allmählich verschwinden, und die Kinderärzte hatten ihm versichert, daß die Alpträume in einigen Monaten aufhören würden. Jack drehte sich um und streichelte das kleine Gesicht und bekam zum Lohn ein Lächeln. Es war nicht das Lächeln, das er gewohnt war. Er erwiderte es, aber innerlich kochte er wieder vor Zorn. Er sagte sich, daß dies nicht der richtige Moment dafür sei. Sally brauchte jetzt einen Vater, keinen Rächer.
«Wir haben eine Überraschung für dich», sagte er.
«Was denn?» fragte Sally.
«Wenn ich es dir sage, ist es keine Überraschung mehr», bemerkte
er.
«Daddy!» Einen Augenblick lang war sein kleines Mädchen wieder da.
«Was ist los?» fragte Cathy, die gerade in den Wagen stieg.
«Die Überraschung.»
«Was für eine Überraschung?»
«Siehst du?» sagte Jack zu seiner Tochter. «Mami weiß es auch noch nicht.»
«Jack, wovon sprichst du?»
«Doktor Schenk und ich hatten letzte Woche ein kleines Gespräch», war alles, was Jack verriet. Er löste die Handbremse und bog auf den Broadway.
«Ich möchte meinen Teddy», sagte Sally.
«Er ist zu groß, um dort zu sitzen, Schatz», antwortete Cathy.
«Aber du kannst seine Mütze tragen. Er hat es erlaubt.» Jack reichte sie ihr. Ihr Kopf verschwand fast darin.
«Hast du den Studenten für den Teddybären gedankt?» fragte Cathy.
«Klar.» Ryan lächelte kurz. «Keiner wird sitzenbleiben. Aber sag es bitte niemandem.» Jack stand in dem Ruf, strenge Zensuren zu geben. Nach diesem Semester würde nicht viel davon übrigbleiben. Prinzipien sind dazu da, daß man ab und zu gegen sie verstößt, sagte er sich. Seine Studenten hatten Sally fast jeden Tag etwas geschenkt, Blumen, Spielzeug, Puzzlespiele und lustige Ansichtskarten, die sein kleines Mädchen unterhalten hatten, um dann die Runde auf der Kinderstation zu machen und fünfzig andere kranke Kinder zu beglücken. Der Riesenteddy war der krönende Abschluß gewesen. Die Schwestern hatten Cathy gesagt, daß er einen echten therapeutischen Effekt gehabt hatte. Das Monster hatte oft am Kopfende von Sallys Bett gethront, und sie hatte es liebevoll umklammert. Sie würde zu Hause Schwierigkeiten damit haben, aber Jack hatte sich etwas einfallen lassen, das sie ablenken würde. Skip Tyler erledigte gerade die letzten Kleinigkeiten.
Jack ließ sich Zeit und fuhr, als ob er eine Ladung roher Eier beförderte. Er hätte sich am liebsten eine Zigarette angesteckt, wie in seinem CIA-Büro, aber er wußte, daß er jetzt, wo Cathy die ganze Zeit zu Haus sein würde, damit aufhören mußte. Er vermied die Route, die Cathy an dem Tag genommen hatte, als ... Seine Hände krampften sich um das Lenkrad wie nun schon seit Wochen. Er wußte, daß er aufhören mußte, soviel daran zu denken. Es war eine Obsession geworden, und das nützte keinem von ihnen.
Die Szenerie hatte sich seit ..., seit dem Unglück geändert. Die damals noch kahlen Bäume hatten nun, zu Beginn des Frühlings, grüne Knospen. Auf den Weiden grasten Kühe und Pferde. Er bemerkte einige Fohlen und Kälber, und Sally drückte ihre Nase am Fenster platt, als sie
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