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Jack Taylor liegt falsch

Jack Taylor liegt falsch

Titel: Jack Taylor liegt falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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mich unter ihnen geborgen fühlte. Ich hätte einen ganzen Fluss saufen können, aber ich musste den Anschein von Fokussierung wahren. Sagte mir:
    »Der Fall ist ganz einfach. Ich muss nur herausfinden, wer und warum.«
    Ich trank den Whiskey aus und dachte:
    »Scheiß doch auf ›wer‹. Ich beschränke mich auf ›warum‹.«

I ch stand auf dem Fair Green. Sieh nach Norden, da war die Simonsgemeinde. Ich war nur noch ein paar Drinks von einem Bett in der Simonsgemeinde entfernt. Falls sie mich nahmen. Hinter mir war das Locken der Clans. Mann, wie es winkte, flehte und rief:
    »Komm zurück, mach einen drauf, wir kümmern uns um dich.«
    Das würden sie bestimmt, sich kümmern, meine ich. Natürlich ging ich in östlicher Richtung, an mindestens vier Kneipen vorbei, in denen ich, wenn schon nicht willkommen, so doch zumindest geduldet wäre. Besser kann man es gar nicht treffen. Immer, sobald ich eine gewisse Ration Getränk intus habe, kriege ich Kohldampf. Nur auf Pommes in Zeitungspapier, mit reichlich, reichlich Essig, die himmelhoch riechen, der Himmel in genau abgemessenen Dosen.
    Echos einer Kindheit, die ich gern gehabt hätte. Als Kind war für mich der größte Trost die Aussicht auf Pommes am Freitagabend. Schule war übers Wochenende nicht, am Sonntag war ein Spiel, und man hatte Sixpence für die Frittenbude. Wenn es endlich so weit war, enttäuschte es fast nie. Man galoppierte zum Pommesstand, stellte sich hinten an und absorbierte das magische Aroma von Frittierfett und Essig. Fast fiel man vor Erwartung in Ohnmacht; dann war man dran und bestellte:
    »Einmal zum Mitnehmen mit Salz und Essig.«
    Man bekam sie in Zeitungspapier, und sie waren zu heiß zum Essen, deshalb begrub man seine Nase im Geruch. Von allen guten Vorsätzen nahm man sich am dringlichsten vor, als Erwachsener ausschließlich von Pommes zu leben. Einer der vielen Gründe, weshalb ich Fast-Food-Ketten hasse, ist der, dass sie Kindern das Mysterium der Frittenbude rauben. In Bohermore gibt es immer noch eine, die »einmal« verkauft, und da kaufte ich sie mir jetzt. Ich hielt das heiße Paket mit beiden Händen, während ich über die St. Bridget’s Terrace ging. Dann bei den neuen Luxus-Apartments über die Straße bis zur Hügelkuppe. Genau über Hidden Valley kann man den Corrib und seine ungeheure Ausdehnung sehen. Nachts funkeln die Lichter des College überall im Wasser, und man bekommt eine Riesensehnsucht, aber wonach? Ich weiß es immer noch nicht.
    Beim Haus pflegte ich die altehrwürdige Tradition der verzweifelten Schlüsselsuche. Ich hörte:
    »Entschuldigung?«
    Drehte mich um, um eine Eisenstange batsch aufs Maul zu kriegen. Spürte, wie meine Zähne mich verließen, hörte eine Stimme sagen:
    »In die Gasse mit ihm.«
    Die führt neben dem Haus entlang. Ich wurde hingezerrt und bekam dann einen bösartigen Tritt in die Eier. Hoch kamen die Pommes mit Schnaps, und ich hörte:
    »Och Scheiße, er hat mich vollgekotzt.«
    »Brich ihm die Nase.«
    Das machte er, mit der Stange. Dann war es mehr oder weniger vorbei. Ich lag gegen die Mauer zusammengesackt. Eine Stimme neben meinem Ohr:
    »Treibst dich gern mit Landstreichern rum, was?«
    Dann ein Einatmen, und er trat mir seitlich gegen den Kopf. Ich wurde ohnmächtig. Ich weiß nicht, ob ich Minuten oder Stunden später wieder zu mir kam. Ein älteres Ehepaar ging vorbei, und sie sagte:
    »Manche Leute. Skandalös.«
    Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich gerufen:
    »Was erwarten Sie? Ich bin tinker.«
    Irgendwann schaffte ich es ins Haus, ging zum Waschbecken und spuckte. Zähne und Blut kamen unsortiert. Dann ins Vorderzimmer bis zu einer Flasche Irischem. Setzte sie an. Der schiere Alkohol zerkratzte mir das zerfetzte Zahnfleisch, schaffte es aber dran vorbei. Mein Anzug war ruiniert, das blaue Hemd in Fetzen. Egal, was die Filme zeigen, man braucht eine ziemliche Kraft, um ein Hemd zu zerreißen. Ich fand meine zerknitterten Lullen und zündete mir eine an. Hielt das schwere Zippo wie einen Talisman. Noch mehr Whiskey, schon viel besser. Nach langer Suche fand ich Sweepers Nummer, brauchte ziemlich ewig, bis ich die richtige Brennweite gefunden hatte, und hörte endlich:
    »Hallo?«
    »Hier ist Jack, helfen Sie mir.«
    Und weg. Als ich diesmal die Augen öffnete, stand ich auf dem Schlauch. Im Bett, Pyjama an, erster Gedanke:
    »Oh Scheiße, bitte kein Krankenhaus.«
    Wenn es in Krankenhäusern MILES AND MORE gäbe, hätte ich richtig weit verreisen können.

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