Jack West 02 - Die Macht der sechs Steine
destabilisieren.«
»Und was hat er dann gemacht?«, fragte Lily.
»Wiek führte seinen Befehl aus. Mit einer kleinen Mannschaft setzte er die russischen Soldaten fest, übernahm das Kommando über das russische Boot und machte sich auf den Weg nach Diego Garcia.
Aber auf der Mitte der Strecke erhielt er einen Dringlichkeitsfunkspruch vom NavyHauptquartier, in dem stand, er solle das U-Boot wieder an den CIA-Mann übergeben und vergessen, dass er es je gesehen hatte.
Wiek war perplex. Die hohen Tiere zu Hause unterstützten also offensichtlich diese Operation. Da traf er eine Entscheidung. Es reichte, fand er, und da er keine Familie mehr hatte, um die er sich Sorgen machen musste, würde er etwas unternehmen. Er hielt das U-Boot also mitten im Indischen Ozean an, verfrachtete die ganze Mannschaft einschließlich des entrüsteten CIA-Mannes in ein Rettungsboot und ließ sie lostreiben. Da er wusste, dass die logische Konsequenz ein Kriegsgericht sein würde, bot er allen seinen Männer an Bord an, das Boot zu verlassen, er riet sogar, an ihre Karriere zu denken und es zu tun. Die meisten wollten es auch, also setzte er sie ebenfalls in Rettungsboote mit Funksignalen, die sie nach Hause bringen würden.
Mit einer Rumpfmannschaft behielt Wiek das russische Boot und hat es immer noch. Seitdem unternimmt er seine eigenen Patrouillenfahrten an der afrikanischen Küste, mit mehreren alten U-Boot-Tankdocks als Heimathäfen. Wegen Desertion und Befehlsverweigerung wurde er vor einem Kriegsgericht in Abwesenheit zu 25 Jahren Haft in einem Militärgefängnis verurteilt. Es gibt immer noch einen Haftbefehl gegen ihn.«
»Dann ist er also ein Pirat?«
»Für die Leute in Afrika ist er ein Held, der Einzige, der etwas gegen die Warlords unternimmt, indem er ihre Waffenlieferungen abfängt. Außerdem versorgt er die Menschen mit Lebensmitteln, ohne Geld oder Gegenleistungen zu fordern. Sie nennen ihn den Sea Ranger. Dummerweise stiehlt er viele dieser Lebensmittel von westlichen Frachtschiffen, deshalb nennen die Amerikaner und Briten ihn einen Piraten.«
Lily runzelte die Stirn. »Als ich ihn an Silvester gesehen habe, kam er mir irgendwie bekannt vor. Als ob ich ihm schon einmal begegnet wäre.«
»Weil du ihm schon einmal begegnet bist.«
»Wirklich? Wann?«
»Als du noch ganz klein warst und wir in Kenia lebten. Du warst noch ein Krabbelkind, und Wiek hatte gerade mit seinen eigenen U-Boot-Fahrten angefangen. Weil er auf der Flucht war, habe ich erlaubt, dass er sich eine Weile bei uns versteckt.
Er hat mit dir Verstecken, Guckguck und solche Sachen gespielt. Du konntest nicht genug davon bekommen. Und seit ich jetzt offiziell dein Vater bin, ist er auch offiziell dein Onkel. Die meiste Zeit lebt er auf der Insel Sansibar vor der kenianisch-tansanischen Küste. Aber wo immer er auch ist und wo immer wir sind, er gehört zur Familie.«
Und so ging Lilys Leben seinen Gang, auf der Farm mit Jack und in der Schule mit Alby, und wenn sie zu Besuch kamen, mit Zoe und Wizard. Bis sich eines Tages der Himmel über der Farm mit Fallschirmen füllte.
DAS ZWEITE TREFFEN
AUF DER SUCHE NACH DEN TEMPELSCHREINEN
ENGLAND
DEZEMBER 2007
1 TAG VOR DEM ERSTEN STICHTAG
U-BOOT-BASIS K-10 MORTIMER ISLAND BRISTOLKANAL, ENGLAND
9. DEZEMBER 2007, 21:45 UHR
»Daddy!«
Als Jack ins Zentrallabor der U-Boot-Basis K-10 marschierte, sprang Lily ihm in die Arme. Drei volle Tage hatten sie gebraucht, um nach England zu kommen.
Die K-10 lag auf einer windzerzausten Insel in der Mündung des Bristolkanals. Im Zweiten Weltkrieg war sie ein Tank- und Wartungsdock für die US-Flotte gewesen. Als Geste des Dankes hatten die Briten den Amerikanern nach dem Krieg erlaubt, die Insel weiter zu benutzen. Noch immer war sie eine US-Basis auf britischem Boden.
Im amerikanischen Klassifizierungssystem war es eine Level- A-Basis und unterlag somit der höchsten Sicherheitsstufe. Außerdem war sie neben Diego Garcia im Indischen Ozean die einzige außerhalb Amerikas, die mit SLBM-Geschützen ausgerüstet war, ballistischen nuklearen U-Boot-Raketen.
Etwa ein Dutzend Menschen verteilten sich in dem High-Tech-Laboratorium. Da waren Zoe und die Kinder, die Zwillinge mit ihren »Cow Level «-T-Shirts. Dann zwei saudi-arabische Elitesoldaten, die eine kleine, samtbezogene Kiste bewachten und auf die Vulture sofort zuging. Und der amerikanische Diplomat oder Spion Paul Robertson, den sie in Dubai getroffen hatten und der mit einem
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