Jack West 02 - Die Macht der sechs Steine
von Ägypten«, antwortete Lachlan. »Einem der größten Seen der Erde.«
Julius fügte hinzu: »Und leider können wir anhand der vorliegenden Daten keine präziseren Angaben machen. Wir wissen einfach nicht, wie wir den genauen Standort des Tempelschreins finden sollen, wenn er unter Wasser liegt, ganz zu schweigen von seinem Eingang.«
Allgemeines enttäuschtes Gemurmel war zu hören, und Lily fiel auf, dass es den Zwillingen peinlich zu sein schien, nicht besser abgeschnitten zu haben. Sie taten ihr leid.
Aber dann meldete sich aus der Dunkelheit eine Stimme.
Es war Jack West jr., der sprach. »An welchem Ende des Sees lag der Standort?« »Am südlichen«, antwortete Lachlan. Jack nickte. »Vielen Dank, meine Herren. Gut gemacht! Ich glaube, ich weiß, wo sich der erste Tempelschrein befindet.«
»Wo?«, fragte Vulture hastig.
»Genau. Wo?«, meldete sich Iolanthe blaffend aus ihrem Stuhl.
»Der Nassersee ist kein natürlicher See«, erklärte West und konzentrierte sich auf das Bild auf dem ersten Trilithen. »Eigentlich ist er ein Teil des Nils. Es ist ein künstlicher See, der sich 1971 hinter dem Assuan-Staudamm gebildet hat und sich über zweihundert Kilometer weit nach Süden erstreckt. Es ist leicht vorstellbar, dass er den Eingang zu einer alten unterirdischen Anlage überschwemmt hat.
Außerdem wurde der Damm von den Sowjets gebaut, nachdem sich die USA im letzten Moment von dem Projekt zurückzogen.« Ein Seitenblick in Richtung Paul Robertson. »Sein Bau war im Kalten Krieg gleichzeitig ein Schlachtfeld um die Gefolgschaft Ägyptens. Nach viel anfänglicher Begeisterung und vielen Versprechungen der Amerikaner, in deren Verlauf sie die Gegend genau erkundeten und vermaßen, verkündete die US-Regierung plötzlich ihren Entschluss, das Projekt nicht weiter zu verfolgen. Vielleicht hatten die Experten über Bodenschatzvorkommen nicht das gefunden, wonach sie gesucht hatten.«
Paul Robertsons Gesicht zeigte keine Regung.
Jack sah ihn direkt an. »Ihr Amis verfolgt dieses Projekt über die Dunkle Sonne doch schon seit langem.«
Robertson zuckte nur mit den Achseln. »Jeder hat so seine Geheimnisse.«
Jack taxierte ihn ein paar lange Sekunden, dann fuhr er fort. Aus Wizards schwarzer Kladde nahm er ein Blatt und legte es auf den Projektor.
»Das ist ein Scan aus Wizards Aufzeichnungen. Es handelt sich um eine Inschrift auf dem Sarkophag von Ramses IL, geschrieben im Wort des Thoth. Nach der Übersetzung meiner gelehrten Kollegin - er nickte in Richtung Lily - heißt es:
Mit meiner geliebten Nefertari halte ich, Ramses, Sohn des Ra, Wache über den heiligsten der Schreine. Wir werden ihn in Ewigkeit beschützen. Große Wächter, die alles seh'n mit unsrem dritten Auge.
>Die alles seh'n mit unsrem dritten Auge<. Bis eben hat diese Zeile für mich keinen Sinn ergeben.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Astro.
»Am äußersten Ende des Nassersees steht eins der großartigsten Monumente Ägyptens, die vier Kolossalstatuen von Ramses II. in Abu Simbel. Jede ist über zwanzig Meter hoch. Riesig!
Zu Ramses' Zeiten standen sie an der Grenze zwischen Ägypten und Nubien am Ufer des Nils, als Warnung an alle Möchtegern-Eindringlinge. >Seht, wie mächtig der Herrscher von Ägypten ist. Überlegt es euch zweimal, bevor ihr in unser Land eindringt. <
Außerdem ist Abu Simbel, wie es genannt wird, das entlegenste Monument Ägyptens. Seine Entfernung von den beiden wichtigsten ägyptischen Zentren Theben und Kairo ist erstaunlich und hat viel Anlass zu Spekulationen gegeben. Warum sollte jemand ein solch glanzvolles Monument so weit weg von den Zentren unserer Zivilisation bauen?
Und interessanterweise«, fuhr Jack fort, »gibt es in Abu Sim-bel eine zweite Gruppe von Statuen, die sich etwa hundert Meter von den vier bekannten Statuen des Ramses entfernt befinden. Es ist ein kleinerer Tempel, der aus dem Fels gehauen wurde und seiner Lieblingsfrau Nefertari geweiht war. Dieser zweite Tempel enthält einige riesige Nefertari-Statuen, die ebenfalls auf den See hinausblicken.
Diese beiden gewaltigen Gruppen von Statuen existieren auch heute noch am Ufer des Nils, der dort jetzt den Nassersee bildet. Aber sie bewachen nicht nur die Grenze. Wie es in dieser Inschrift von einem der Sarkophage des Ramses selbst heißt, bewachen sie den allerheiligsten Schrein. Den Tempelschrein.«
Stille senkte sich über den Raum, während alle die Bedeutsamkeit dessen, was er gesagt hatte,
Weitere Kostenlose Bücher