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Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Knoesel
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hinter dem Verschlag mit den Mülltonnen – Blackberry am Ohr, andere Straßenseite im Blick – und sagte: »Sie steigt also in den Bus. Ich mit dem Auto hinterher. Bis Feldmoching. Ich denk, klar, sie nimmt die U-Bahn, ihre Schule ist am Harthof, drei Stationen. Aber verdammt – wo find ich jetzt einen Parkplatz? Oder fahr ich gleich zur Schule und warte –?«
    »Afrim?« Katrin Menschick, am anderen Ende der Leitung.
    »Ja?«
    »Sag mir einfach, was passiert ist. Wenn du bei Germany’s Next Topmodel mitmachen willst, hast du meinen Segen! Aber erst, wenn die Sache hier vorbei ist. Also?«
    Afrim spürte, wie er rot wurde, und dachte: Kein Wunder, dass niemand mit dir arbeiten will! Aber stattdessen sagte er: »Ich schaff’s also gerade noch in die U-Bahn. Zum Glück. Denn sie steigt nicht Harthof aus, sondern Hasenbergl. Und nimmt den 144er.«
    »Wohin?«
    »Ein Wohngebiet am Stadtrand, Grohmannstraße. Also wirklich am Stadtrand, danach kommt nichts mehr, außer Feldern, Wald und Autobahn.« Er hielt sein Handy in die Luft, die von einem steten Rauschen erfüllt war, dann hielt er es sich wieder ans Ohr. »Hören Sie das? Muss einen wahnsinnig machen, wenn man hier wohnt.«
    »Bin ich wirklich so alt für dich?«
    »Wieso?«
    »Weil du mich schon wieder siezt.«
    »Ist einfach noch ungewohnt, das Du. Sie sind immer noch meine Vorgesetzte. Also du, mein ich. Jedenfalls – apropos Autobahn! Die Unfallstelle ist nicht weit von hier. Interessant, oder?«
    »Kommt drauf an. Was macht die Kleine gerade?«
    »Sie klingelt. Den ganzen Häuserblock durch!«
    Die breite Straße wirkte gespenstisch in dem trüben Winterlicht und war fast menschenleer, eine reine Wohngegend: kastenförmige Mietshäuser auf der einen Seite, auf der anderen ein paar Hochhäuser. Hier und da eine gelbe oder blaue Fassade, um Farbe reinzubringen – als hätte ein Riese mit Bauklötzen gespielt und dann die Lust verloren. Sabrina hätte am liebsten geschrien. Vor Wut.
    Wie hatte sie nur so naiv sein können? Chris Müller! Grohmannstraße 36 a. Wie auch immer du wirklich heißt – wenn ich dich erwische, bist du dran!
    Es gab in der ganzen Straße keinen Müller, was schon deshalb erstaunlich war, weil der Name sonst ganze Telefonbücher füllte. Ob der Typ das wusste? Hatte er sie nicht nur angelogen, sondern lachte sich jetzt auch noch kaputt über sie?
    Sie hatte jeden Klingelknopf gedrückt, aber eigentlich schon am ersten Haus gewusst, Nummer 36 a, dass er sie verarscht hatte. Und niemand, der sich auf den Gegensprechanlagen meldete, kannte einen circa Vierzehnjährigen, der Chris hieß. Nicht in dem Haus und auch nicht in den anderen.
    Die wenigen Leute, denen sie auf den Gehwegen begegnete, hielt sie an: um ihnen das Foto zu zeigen, das sie mit ihrem iPhone gemacht hatte. Aber die Bildqualität war zu schlecht, es war schon zu dunkel gewesen, gestern. Sie erntete nur Kopfschütteln, und einmal eine Gegenfrage – von einer alten Frau, die ein fernsehreifes Münchnerisch sprach: Was sie denn wolle von dem Jungen? Er sei Zeuge gewesen, bei einem Unfall – hatte sie geantwortet –, sie brauche seine Aussage für die Versicherung.
    Er hatte sie angelogen! Eiskalt. Das hieß, er konnte überall sein. Und ihr Geld auch. Wenn sie Glück hatte, überall im Hasenbergl, wenn sie Pech hatte, überall in München. Es war fast zum Lachen: Sie hatte tatsächlich das Gefühl, dass es ihr Geld war – jetzt, da es weg war. Es stand ihr einfach zu, nur sie hatte es verdient, ohne sie wäre es nie zu diesem Raub gekommen. Es war vielleicht eine Schnappsidee gewesen – aber eine, die ihr erst den Arsch gerettet und dann auch noch funktioniert hatte. Das muss man erst mal hinkriegen. Und das, obwohl sie die ganze Zeit improvisiert hatte.
    Improvisieren musste sie auch jetzt wieder: Es würde ihr wohl nichts anderes übrig bleiben, als zur Unfallstelle zu gehen und nach Fußspuren oder irgendeiner anderen Spur von dem Jungen zu suchen.
    Dumm nur, dass es angefangen hatte zu schneien, als sie sich gestern aus dem Kofferraum und durch den Wald gekämpft hatte. Spuren würde sie also kaum finden.
    Trotzdem – was Besseres fiel ihr im Moment nicht ein.
    Chris konnte durchs Fenster sehen, wie sie wegging – auf den Kiefernwald zu, der hinter dem Haus lag. Also Richtung Autobahn. Das Mädchen aus dem Kofferraum, kein Zweifel! Sein Herz schlug immer noch wie wild.
    Er hatte nicht aufgemacht, als sie vor einer Stunde geklingelt hatte. Kurz darauf hatte er

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