Jackpot - wer traeumt, verliert
Deswegen die K. o.-Tropfen. Ohne das Zeug wär sie doch nie mitgekommen.«
Wahrscheinlich glaubte Katrin ihm auch. Aber sie ließ sich das nicht anmerken. »Sabrinas Mutter sieht das anders«, sagte sie. »Bei der Frau haben Sie vielleicht einen Stein im Brett, beeindruckend! Ich würd drauf wetten, dass sie Sie sogar zurücknimmt. In zehn, fünfzehn Jahren. Falls Sie da noch auf Frauen stehen.«
»Ich werd schon zurechtkommen im Knast, keine Sorge.« Die Augen fielen Kriebl zu.
»Wann kam Ihnen die Idee zu dem Raub? Sabrinas Mutter glaubt, Sabrina hätte Sie angestiftet. Und die Aussage des Mädchens lässt da durchaus Raum für Interpretationen.« Jetzt griff Katrin doch noch nach dem Glas und stellte es weg.
Afrim konnte sehen, wie Kriebl gegen die Müdigkeit ankämpfte: erst die Augen zusammenkniff, wie um seine letzten Kräfte zu sammeln, und dann öffnete. »Ich arbeite seit acht Jahren für die Firma. Und seit ungefähr siebeneinhalb Jahren an dem Plan, sie auszurauben.«
»Wieso haben Sie es jetzt erst getan?«, fragte Katrin.
»Ich hab auf die richtige Gelegenheit gewartet.«
»Und die gab es erst jetzt – nach siebeneinhalb Jahren?«
»Ich hatte noch keinen Grund. Den hatte ich erst mit Sabrina.«
»Weil Sie sich in sie verliebt haben?«
»Richtig.«
Katrin hockte sich wieder auf das Fußende des Bettes, diesmal auf der anderen Seite. Afrim musste einen Schritt nach rechts machen, um Kriebl im Blick zu behalten.
»Wie kann man sich in Ihrem Alter in so ein junges Ding verlieben?«, fragte Katrin. »Ich meine, das Mädchen ist sechzehn. Sechzehn!«
»Veranlassen Sie ein psychologisches Gutachten. Vielleicht versteh ich’s dann auch. Immerhin ist mir jetzt klar, dass sie mich nicht liebt. Oder besser gesagt, nie geliebt hätte. Wozu so ein Unfall nicht alles gut ist!« Kriebl lächelte freudlos. »Sie hat mir was vorgespielt und ich hab ihr das nur allzu gern abgekauft. Es ist erstaunlich, wie gut das funktioniert – sich selber betrügen, mein ich. Ich hab all die Monate gehofft, dass es ihr irgendwann ähnlich gehen würde. Und dann seh ich sie im Bad, und sie sagt genau das, was ich hören will.« Kriebl lachte ungläubig. »Weil sie Angst hatte vor mir! Angst. Die hätte sie nicht haben brauchen. Ich hatte nicht vor, sie zu vergewaltigen. Ich wollte mit ihr schlafen, das stimmt, aber nicht gegen ihren Willen.«
»Womit wir wieder bei den K. o.-Tropfen sind«, sagte Katrin. »Mit denen konnte Sabrina nichts mehr dagegen haben.« Sie fixierte ihn und Kriebl hielt ihrem Blick stand.
»Ich hab sie nicht vergewaltigt. Fragen Sie sie.«
»Und was soll das bringen?«, sagte Katrin. »Das ist ja das Dumme an K. o.-Tropfen. Hinterher kann man sich an nichts mehr erinnern.«
»Es ist die Wahrheit.«
»Sagen Sie.« Katrin hatte sich in eine Sackgasse manövriert. Sie wusste das selber, das konnte Afrim ihr ansehen. Aber dann hatte sie Glück.
»Ich sag Ihnen noch was«, kam es von Kriebl. Er räusperte sich. »Wo das Geld ist.« Er versuchte zu schlucken – was ihm Probleme bereitete. »Wenn Sie was für mich tun!«
»Wollen Sie mir jetzt einen Handel vorschlagen?«
»Ich will noch einmal mit Sabrina sprechen.«
Katrin Menschick wohnte am Goetheplatz, in einer kleinen Seitenstraße mit Kopfsteinpflaster. Afrim hielt in zweiter Reihe und ließ den Motor laufen. Es schneite wieder: dicke Schneeflocken, die im Schein der Straßenlaternen aufflackerten. Vor dem Kiosk im Erdgeschoss wurden gerade Stapel mit Zeitungen abgeladen und der Kioskbesitzer unterhielt sich mit dem Lieferanten. Dann klebte er eine Werbung der Lottogesellschaft direkt neben dem Eingang in sein Schaufenster.
Der aktuelle Jackpot belief sich auf vier Millionen.
Afrim lachte leise, und Katrin warf ihm einen prüfenden Blick zu, während sie sich abschnallte. »Kriegst du das hin?«
»Mir ist nicht ganz wohl dabei.«
Der Gurt rollte sich peitschend auf Schulterhöhe auf, als Katrin ihn losließ. »Du hast wie er einen nicht deutschen Hintergrund, bist nicht viel älter, ihr kommt aus dem gleichen Viertel. Ihr sprecht sozusagen dieselbe Sprache, Afrim. Wichtig ist nur, dass ihr allein seid, wenn du mit ihm redest. Er wird sich nicht beschweren. Und wenn doch, sorg ich schon dafür, dass das wieder vorbeigeht.«
»Aber wir gehen doch davon aus, dass Kriebl das Geld versteckt hat.«
»Nein. Wir gehen davon aus, dass das möglich ist. Wir müssen uns nach allen Seiten hin absichern.«
Afrim machte den Motor aus und drückte
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