Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Knoesel
Vom Netzwerk:
passiert dem Mann auch nichts. Alle Beteiligten sind froh, dass die Kohle wieder da ist, und schütteln sich nett die Hände. Was hältst du davon?«
    Tja, was sollte er davon halten? Da hatte jemand kalte Füße gekriegt, so was soll vorkommen. »Ist das wirklich passiert?«, fragte Chris.
    Der Bulle nickte. »Kannst du ja mal googeln.«
    »Das heißt, Sie glauben mir nicht.«
    »Meine Chefin glaubt dir nicht. Und ich glaub meiner Chefin. Sie hat mehr Erfahrung als ich. Aber mir wär das auch zu riskant. Ich würd’s wahrscheinlich machen wie der Feldwebel. Wenn mir jemand sagt, hier sind vier Millionen drin, versteck die mal.«
    Ja, dachte Chris. Und vor einem Jahr noch hätte er es wahrscheinlich genauso gemacht. Aber da war seine größte Sorge auch noch sein Halbjahreszeugnis gewesen. »Mein Vater hat früher gelegentlich gespielt«, sagte er. »Lotto. Wenn der Jackpot über zehn Millionen war.«
    Der Bulle stutzte. »Ja?«
    Chris trank die Cola aus und warf die Dose in den Papierkorb, dem er damit eine weitere Dreckschliere verpasste. Nicht dass es darauf noch ankam. »Hat aber nie geklappt«, sagte er. Und dann: »Also gut. Zum fünften, sechsten oder siebten Mal, ich hab nicht mitgezählt. Ich hab die Tasche genommen, auf die das Mädchen gezeigt hat. Sie war abgesperrt. Ich kam nicht dazu, nachzusehen. Weil mein Bruder zu Hause aufgetaucht ist und ich noch nicht wusste, ob ich ihn einweihen würde. Wir streiten uns ziemlich oft, wissen Sie. Gut, am nächsten Morgen hätte ich’s tun können. Ich hätte nur eine Zange gebraucht, um den Zipper vom Reißverschluss durchzuknipsen – aber bis ich darauf gekommen bin, Sie können mich gerne für doof halten, war’s auch schon wieder Mittag. Ich hab nämlich immer nur dieses dämliche Vorhängeschloss gesehen und gedacht, Mist, dafür reicht eine Zange nicht.« Chris schaute dem Bullen direkt in die Augen. Er nahm sich vor, den Blick erst wieder abzuwenden, wenn der Bulle das tat. Nachdem der Bulle es tat.
    Der Bulle sagte: »Und du fragst dich immer noch, warum dir meine Chefin nicht glaubt? Es war eine verdammte Nylontasche, Chris. Warum hast du sie nicht einfach mit einem Küchenmesser aufgeschnitten? Jeder normale Mensch würde als Erstes nachschauen, ob da auch die Kohle drin ist, die da drin sein soll!«
    Oh Mann. Nervensäge! »Ich hab nie behauptet, dass ich normal bin«, sagte Chris. Seine Augen fingen an zu brennen.
    Der Bulle stieß sich von der Wand ab und die vorderen beiden Stuhlbeine kamen mit einem Klacken auf dem Boden auf. »Chris, du kannst doch nicht glauben, dass du damit durchkommst! In dieser dämlichen Tasche waren nur Zeitungen! Die du da reingetan hast. Nachdem du die Kohle rausgenommen und woanders versteckt hast! Wann gibst du das endlich zu?«
    Chris fand einen Kaugummi in seiner Tasche und wickelte ihn langsam aus dem Papier. »Dann sag’s ich Ihnen jetzt zum achten Mal. Wenn jemand weiß, wo das Geld ist, dann dieses Mädchen!«
    Katrin klickte das Audioprogramm an und fuhr mit der Maus die Tonspur zurück. Das Gesicht der Mutter hatte sie noch vor Augen: als wäre die Frau geschlagen worden. Katrin klickte auf Wiedergabe :
    »Er wollte mich vergewaltigen!«, hatte das Mädchen gesagt. »Vergewaltigen, verstehst du?«
    »Das weißt du doch gar nicht!«, hatte die Mutter geantwortet.
    »So was spürt man doch! Hätt ich vielleicht abwarten sollen, was passiert, wird schon nicht so schlimm? Er hat gesagt, dass er mich liebt! Liebt! Hörst du? Liebt! Kannst du dir das vorstellen? Dem ist das Wasser im Mund zusammengelaufen!«
    »Weil du ihm schöne Augen gemacht hast!«, schrie die Mutter, den Tränen nahe. »Er hat dir von Anfang an gefallen! Und du hast mir nie gegönnt, dass ich mit ihm glücklich bin! Du hasst mich doch, seit ich deinen Vater verlassen habe!«
    Katrin war sich wie in einer Talkshow vorgekommen. Wobei sie nicht überrascht war: Dass Mutter und Tochter nicht miteinander konnten, war schon am Morgen in der Wohnung zu sehen gewesen.
    »Ich bin froh, dass ihr nicht mehr zusammen seid«, sagte das Mädchen. »Er hat alles für dich gemacht, alles, und du hast ihn wie Scheiße behandelt.«
    »Er hat mich betrogen! So wie du jetzt. Deswegen war er so nett, dein toller Vater! Weil er ein schlechtes Gewissen hatte! Und du? Schau dich doch an! Wie du schon mit mir redest! Du bist so, so – undankbar! Schon immer gewesen. Aber dein Vater ist ja der Größte! Warum hat er dich dann nicht mitgenommen, dein toller Vater, hm?

Weitere Kostenlose Bücher