Jackpot - wer traeumt, verliert
doch gar nicht ausgeben.« Er grinste.
Sabrina nahm den Teebeutel am Papierende und ließ ihn wie ein Jojo in Zeitlupe in der Tasse immer wieder aufsteigen und absinken. Dann sagte sie: »Wir werden uns schon irgendwie einig.«
Phil setzte sich mit seiner Tasse an den schmalen Küchentisch, der an der Wand gegenüber vom Herd stand. »Hältst du es für möglich, dass Kriebl das Geld irgendwohin geschickt hat? Irgendeinem Komplizen vielleicht. Ich meine – du hast doch gesagt, er hat was angedeutet, wohin er mit dir fliehen wollte. Von wegen falsche Pässe und so was.«
Sabrina fischte den Teebeutel aus der Tasse und ließ ihn ins Spülbecken fallen. »Ja, aber nichts Konkretes. Je weniger ich wüsste, desto sicherer wäre ich, falls was schiefläuft, hat er gemeint. Deswegen lag ich ja auch im Kofferraum. Damit es so aussieht, als hätte er mich entführt.«
Phil drehte seine Tasse mit Daumen und Mittelfinger um die eigene Achse. Es sah aus, als suchte er eine Antwort auf dem billigen Porzellan. Er sagte: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand mit so einem Haufen Geld in der Tasche am Flughafen einchecken würde. Mir wär das zu riskant.«
»Aber ein Risiko wäre das doch immer – ob man damit jetzt am Flughafen steht oder in der Post. Und ein Paket könnte zum Beispiel auch verloren gehen.«
Phil nickte. Dann lehnte er sich nach hinten und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Oder eben, er hat die Beute irgendwo versteckt. Bevor er dich abgeholt hat. Oder danach, als du k. o. im Kofferraum lagst. Bevor ihr die Bullen am Hals hattet.«
Das würde ich auch gerne wissen, dachte Sabrina. »Würde das Sinn machen?«, fragte sie. Sie stellte ihre Tasse ab.
Phil seufzte. »Ich weiß es nicht. Wenig. Ich überleg nur.«
Sabrina setzte sich auf den anderen Stuhl. Jetzt fiel ihr auf, dass auf Phils Tasse, wenn man genau hinsah, ein verblasster Schneemann zu erkennen war, den ein Kind mal vor langer Zeit daraufgemalt hatte.
»Hast du einen Computer?«, fragte sie. Sie war nahe dran, nach Phils Hand zu greifen.
»Ja. Ist aber ziemlich lahm. Mit deinem iPhone bist du schneller im Netz. Oder ist dein Akku leer?«
Sabrina nickte, und Phil schob seine Tasse beiseite und ging zur Tür, wobei er sie leicht streifte. Er lächelte sie an, eher gut gelaunt als entschuldigend. Dann verschwand er in dem Zimmer, das er sich mit seinem Bruder teilte. Kurz darauf kam er mit einem klobigen Laptop zurück, das er zwischen sie stellte und anschaltete.
»Dauert ewig, bis der hochfährt. Was hast du denn vor?«
Sabrina sagte: »Eine kleine Stadtrundfahrt durch München. Vielleicht haben wir ja eine Eingebung.« Sie griff nach der Tasse mit dem Schneemann. »Hat den dein Bruder mal gemalt? Das war übrigens er, der vorhin angerufen hat.«
Elom hatte sich im Halbdunkel der schwachen Glühbirne bis auf Jeans und Unterhemd ausgezogen – frohe Weihnachten, echt! Die Hitze empfand er zwar als wohltuend. Doch ein unrhythmisches Hämmern erfüllte den Heizungskeller: von einem Rauschen begleitet, als würde woanders jemand unter Wasser mit einer Eisenstange gegen die Heizungsrohre klopfen – mit letzter Kraft und weit weg. Schlafen war bei dem Lärm unmöglich. Dafür war es auch zu eng. Die Rohre verliefen überall: von der Decke an den Wänden entlang bis in den Boden. Manche von ihnen vibrierten, in anderen blubberte es. Auch der Heizkessel wirkte nicht mehr allzu vertrauenswürdig – wenn man die Nadel an der Temperaturanzeige gesehen hatte, die sich zitternd den maximalen hundertzwanzig Grad näherte.
Also hatte Elom seine Matratze in der Mitte geknickt, damit er sich im Sitzen wenigstens bequem an die Wand lehnen konnte. Er aß das Stück Lasagne von gestern, das Yannick für ihn aus der Küche geschmuggelt hatte – zusammen mit einer Literflasche inzwischen lauwarmer Cola.
Nachdem er fertig gegessen hatte, betrachtete er die Visitenkarte, die der Bulle ihm zugesteckt hatte. Es war die Karte seiner Chefin – der Bulle hatte seine Handynummer auf die Rückseite geschrieben.
Jetzt war er also Polizeispitzel.
Dieser Scheißkerl! Es war so einfach, den harten Mann zu geben – mit Pistole, Handschellen und Polizeimarke. Eloms Wut wurde nur von seiner Müdigkeit gedämpft. Diese Bullen waren nicht anders als die Typen damals in der Grundschule, die einen erst blöd anmachen und dann ihren großen Bruder um Hilfe rufen, wenn man ihnen deswegen eine mitgab.
Aber es half nichts, sich über Ungerechtigkeiten zu
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