Jackpot - wer traeumt, verliert
geahnt!«
»Ja, herzlichen Glückwunsch!«, sagte Chris.
Afrim versuchte es ein letztes Mal. Wieder ging nur die Mailbox an. Er steckte sein Blackberry weg. Blieb am Treppenabsatz zwischen zweitem und erstem Stock stehen. Er lehnte sich gegen das Gitter vor dem bullaugenförmigen Fenster, rieb sich das Gesicht. Im Haus gegenüber blinkte ein kletternder Plastikweihnachtsmann an einem Balkongeländer. Es sah aus, als wäre er mit einem Sack voller Geschenke auf dem Rücken gerade auf dem Weg in die Wohnung.
Hatte er es versaut?
Auch Eloms Mutter hatte ihm nicht weiterhelfen können: eine eigentlich noch junge Frau, die ihre Söhne alleine großzog und dafür neben ihrem Hauptberuf als Kosmetikerin noch zwei Vierhundert-Euro-Jobs unterhielt. Sie hatte den Umzugskarton mit dem Christbaumschmuck zugeklebt – Weihnachten würde dieses Jahr wohl ausfallen, hatte sie gesagt – und ihm das Zimmer der Jungs gezeigt. Dann hatte sie es telefonisch bei beiden versucht – während er neben ihr stand –, doch auch bei ihr kam immer nur die Mailbox.
Afrim glaubte ihr, dass sie nicht wusste, wo ihre Söhne waren. Er kannte diesen sorgenvollen Gesichtsausdruck, der zwischen Hilflosigkeit und Aufgeben balancierte. Sie war eine Frau, die ihr Bestes gab und ahnte, dass das nicht reichte.
Es war normal, dass Jungs in dem Alter Scheiße bauen, manche mehr, manche weniger. Aber manche werden sogar dazu getrieben. Und das ausgerechnet von ihm!
Dabei hatte er doch bloß das gemacht, was seine Vorgesetzte ihm aufgetragen hatte. Sie führte die Ermittlungen. Auch wenn sie nicht ganz astrein war, einer musste die Richtung vorgeben. Sollte er jede Anweisung erst hinterfragen?
Ja. Sollte er eigentlich. Er wählte Katrin Menschicks Nummer, wartete, bis sie sich gemeldet hatte, dann sagte er ohne Umwege: »Elom Mbamu ist weg. Sein Bruder auch. Die Mutter weiß nicht, wo, und ich hab überall gesucht.«
Er konnte ihr lautloses Lachen fast vor sich sehen, als sie antwortete: »Ich schätze mal, er ist untergetaucht. Der Arme hat sich deine Drohung wohl ein bisschen arg zu Herzen genommen.«
»Meine Drohung? Sie haben gesagt, ich soll ihn unter Druck setzen.«
»Sie? Bitte nicht schon wieder!«
» Sie haben mich da reingezogen!«
»Afrim! Dass er abgeschoben wird, wenn er nicht mitmacht? War das etwa meine Idee?«
»Die Geschichte von dem Türkenjungen kam doch von Ihnen!«
»Ja. Aber der hatte ein Vorstrafenregister so lang wie ’ne Klorolle. Mal abgesehen davon wurde der in die Türkei abgeschoben. Da gibt’s Strom, fließend Wasser und eine Dönerbude an jeder Ecke. Anders als im Kongo, wo die Kinder mit Kalaschnikows durch die Gegend laufen und einem der Kopf mit ’ner rostigen Machete abgehackt wird, wenn man aus Versehen mal auf der falschen Straßenseite gähnt!«
»Ich sollte ihm Angst machen!«
»Was dir gelungen ist. Keine Sorge, der Junge taucht schon irgendwann wieder auf, wenn er sich von seinem Schreck erholt hat. Irgendwann merkt er auch, dass er immer noch nicht in Afrika gelandet ist. Und wenn wir Glück haben, freut er sich so sehr darüber, dass er nie wieder in seinem Leben Mist bauen wird. Vielleicht kriegst du in ein paar Jahren sogar mal einen Brief von ihm, wo er sich extra bei dir bedankt.«
»Glaubst du wirklich?«
»Nein. Aber ich glaube, du solltest jetzt langsam mal aufhören, dir in die Hosen zu machen! Es war ein Versuch mit ihm, mehr nicht. Möglicherweise hätte Elom ein paar Informationen für uns gesammelt. Aber das war’s auch schon. Jetzt holen wir uns diese Informationen eben selber.«
Afrim setzte sich auf die Treppe, beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie. »Was ist mit dem Mädchen?«, fragte er in sein Blackberry.
»Siehst du? Die meldet sich auch nicht. Heule ich deswegen gleich los? Nein. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass ich weiß, wo das Mädchen ist. Das ist das Gute an den Handys heutzutage. Man kann sie so schön orten.«
»Wer hat denn das genehmigt?«
»Niemand. Also bitte nicht weitersagen.«
Chris ließ sich auf sein Bett fallen, und Phil nahm sich den Hocker, den sie, um Platz zu sparen, unter dem Schreibtisch stehen hatten. »Wie geht’s dir?«
»Müde mit Kopfweh«, sagte Chris.
»Dann sollten wir ins Krankenhaus. Du hast vielleicht eine Gehirnerschütterung, wenn sie dich k. o. geschlagen haben.«
Phil warf Sabrina einen Blick zu. Sie stand im Türrahmen. Falls sie ein schlechtes Gewissen hatte, dann verbarg sie es jedenfalls
Weitere Kostenlose Bücher