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Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Knoesel
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Eltern, die keine Zeit für euch haben. Oder so was.«
    »Phil! Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt!« Ihr kamen die Tränen.
    »Und ich werd dich nie vergessen«, sagte er. Er meinte es so. Er meinte alles, was er zu ihr gesagt hatte. Aber sie zögerte ihm zu lange und die Zeit drängte. Also sagte er noch: »Hör zu. In ein, zwei Jahren ist vielleicht ein bisschen Gras über die Sache gewachsen. Dann mach ich mich auf die Suche. Ich werd euch schon finden, keine Sorge. Aber jetzt geh bitte.«
    Chris lugte um die Mauerecke und fluchte, als er sah, wie die Blaulicht-Kolonne auf Höhe der Autobahn in die Allee einbog. Er hatte die Reisetasche im Kofferraum verstaut: in dem aufklappbaren Hohlraum, wo normal das Reserverad seinen Platz hatte – das jetzt wiederum im zugeschneiten Gebüsch an der Friedhofsmauer lag.
    Auch den Motor hatte er schon gestartet, die Tankanzeige kontrolliert und Heizung und Lüftung aufgedreht. Der Wagen tuckerte jetzt mit angezogener Handbremse auf dem Feldweg im Leerlauf.
    Dann rannte endlich Sabrina durch das Tor und auf ihn zu. Aber sie blieb allein. Chris lief ihr entgegen. »Wo ist Phil!«
    »Wir müssen ohne ihn los.«
    »Was!«
    Sabrina hatte Tränen in den Augen. »Er hat gesagt, wir haben nur eine Chance, wenn er sich der Polizei stellt!«
    »Dann geht er ins Gefängnis!«
    Sabrina nickte. »Ich weiß.«
    Phil legte die drei Pistolen in den Lüftungsschacht und schraubte mit dem Leatherman die Abdeckung wieder darauf. Dann stieg er von der Kloschüssel runter und ließ sich neben Kriebl an der offenen Tür auf den Boden sinken, er konnte nicht mehr.
    Kriebl lag da wie tot, und Phil vergewisserte sich, dass er noch atmete. Er überlegte, wie sehr ihm Kriebl schaden könnte, wenn der eine Aussage machte. Phil konnte es nicht abschätzen. Aber letztlich war es ihm auch egal.
    Noch in der Ferne, aber näher kommend, hörte er das Kommando »RECHTSSCHWEEEENK – MARSCH!«. Dann hörte er noch etwas: Schritte. Schnelle Schritte. Auf einmal stand Chris in der Tür.
    »Was machst du noch hier!«, stöhnte Phil.
    »Glaubst du, du wirst mich so einfach los?«
    »Was ist mit Sabrina?«
    »Ich hab ihr viel Glück gewünscht. Komm, steh auf! Ich hab einen Plan! Oder wenigstens einen halben Plan. Erklär ich dir später.« Er streckte Phil die Hand entgegen und half ihm auf die Beine.
    Als sie aus der Toilette nach draußen kamen, bogen am anderen Ende des Friedhofs die Soldaten im Gleichschritt auf den Hauptweg ein. Und vor dem Eingangstor hielt gerade der erste Polizeiwagen, der zusätzlich zum Blaulicht kurz eine aufjaulende Sirene einschaltete. Jeder Schritt war eine Qual, aber Chris hörte nicht auf, an seinem Arm zu zerren, als sie vom Eingang weg querfeldein an den Gräbern vorbei zur westlichen Außenmauer des Friedhofs liefen. Dort stemmte Chris sich mit dem Rücken gegen die Mauer und faltete die Hände ineinander, sodass Phil an ihm hoch auf die Mauerkante klettern konnte: eine Räuberleiter, die sie schon unzählige Male gemacht hatten – nur dass das letzte Mal eine halbe Ewigkeit zurücklag und damals noch Phil seinem kleinen Bruder hochhelfen musste.
    Oben auf der Mauer streckte Phil ihm die Hand entgegen und Chris zog sich mit seiner Hilfe auch auf die Kante. Dann ließen sie sich auf der anderen Seite runter und liefen im matt leuchtenden Schnee auf den winterkahlen Feldern durch die Dunkelheit in Richtung Waldrand, während auf dem Friedhof hinter ihnen wild durcheinander, aber mit jedem ihrer Schritte immer leiser werdend, Befehle geschrien wurden.
    Eine Stunde später stiegen sie in der Lindwurmstraße vor der Zahnklinik aus einem Taxi, und Chris sagte am Empfang: »Mein Bruder braucht einen Arzt!«
    »Oh Gott, wie ist denn das passiert?«, fragte eine junge, in Weiß gekleidete Frau.
    Chris schaute zu Phil rüber. »Er ist hingefallen«, sagte er. »Ist wahnsinnig glatt draußen.«

3. JANUAR
10:57 UHR

Aus den Deckenlautsprechern kam Fahrstuhlgedudel, gelegentlich unterbrochen von einer viel zu gut gelaunten Stimme, die sich über irgendwelche Sonderangebote freute – die Chris schon aus Prinzip nicht kaufen würde: Er hasste diese unsichtbaren Grinser, die einem irgendwas andrehen wollten, was die Welt nicht brauchte.
    Sie waren fast die einzigen Kunden im Tengelmann. Und hingen immer noch vor dem Regal mit der Babynahrung rum. Phil zischte: »Als Nächstes willst du mir wohl auch noch Windeln andrehen!« Er klang wie der Elefantenmensch in diesem

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