Jacob beschließt zu lieben - Roman
gefragt, wer Sie sind? Wie Sie in Amerika zu Geld gekommen sind? Die ganze Welt redet davon, dass Sie sich dafür flachgelegt haben.»
«Mein Geld aber gefällt Ihnen. Sie geben es mit beiden Händen aus.»
«Nicht für mich, für die Obertins. Es sieht ja ganz so aus, dass ich eine Hure geheiratet habe. Aber mache ich Ihnen deshalb irgendwelche Vorwürfe? Ich stelle keine Fragen, denn ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse. Sie haben es auch gewusst. Wenn Sie sich einen Mann von der Straße nehmen, ihn ins Bett lassen und dann heiraten, dann wissen Sie das. Aber natürlich würde es Ihnen besser gefallen, wenn ich zwar Laufbursche gewesen wäre, aber von einem armen Bauer abstammen würde, statt Stallbursche ohne respektable Herkunft zu sein. Ihr Wunsch nach Familie und Erben ist größer als Ihre Vorsicht gewesen. Gut so, gut für mich. Ich bin einer, der will, dass es ihm gut geht. Ich tue alles dafür. Darauf können Sie Gift nehmen.»
«Ich will, dass du mein Haus verlässt. Nimm, was du willst, und geh weg», sagte Großvater.
«Dein Haus, Großvater? Es gehört mir schon lange. Weißt du, was man sagen wird, wenn ich weggehe? Dass deine Tochter es nicht schafft, einen Mann an sich zu binden. Eine Frau mit Kind und ohne Mann. Das kann nur eine Hure sein. Man würde euch nicht einmal mehr grüßen. Und was soll aus dem Hof werden? In ein paar Jahren bist du tot, und alles zerfällt. Ich weiß, dass du michvon Anfang an nicht gemocht hast, obwohl ich mir Mühe gegeben habe. Ich habe dir neue Pferde beschafft und den Hof nach dem Brand wieder aufgebaut. Aber ich war nicht so vornehm wie die Obertins. Ich habe kein Dorf gegründet und bin nicht Richter gewesen wie euer Frederick. Pech gehabt, alter Mann, du musst dich mit mir abfinden.»
Großvater lief hinaus und kam mit der kurzen Reitpeitsche zurück. Er hob den Arm, aber Vater packte ihn am Handgelenk und drückte seinen Arm wieder nach unten. «Ich glaube jetzt auch, dass wir nicht mehr unter demselben Dach wohnen können. Aber nicht
ich
werde gehen, sondern du. Ab heute schläfst du im Gesindehaus, Großvater. Die Mahlzeiten kannst du aber weiterhin hier mit uns einnehmen.» Großvater blickte ungläubig Mutter an.
Auch Vater wandte sich an sie, ohne Großvater loszulassen. «Sind Sie damit einverstanden, Elsa? Wenn nicht, dann gehe ich weg, und Sie können mit Ihrer Missgeburt allein bleiben. Man wird Sie auslachen. Man wird sagen, dass ich weggelaufen bin, weil Sie wieder herumgehurt haben. Sie werden sich kaum noch ins Dorf trauen. Man wird Sie noch mehr meiden als jetzt schon. Wollen Sie das?», fragte Vater mit Nachdruck. Mutter senkte den Blick. «Wollen Sie das?», herrschte er sie an. Sie zuckte zusammen.
«Nein», erwiderte sie leise.
«Lauter, damit es Großvater auch richtig hört.»
Sie sah diesmal Großvater direkt in die Augen, und während sie laut und deutlich ihre Antwort wiederholte, hob sie Schultern und Augenbrauen und machten, einen Schritt auf ihn zu. Sie breitete ihre Arme aus, als wollte sie ihn umarmen oder sich an ihm festhalten.
«Das hätten wir dann geklärt», sagte Vater zufrieden. «Lasst uns jetzt essen.»
Doch Großvater rächte sich auf die einzige Art und Weise an Vater, die ihm noch geblieben war. Mutter hatte entschieden, dass ich nach der Tradition auch Jakob heißen sollte. Sie hatte darauf beharrt, denn der erste Sohn hieß immer nach seinem Vater. Sie ließ sich nicht einschüchtern, denn das war das Letzte, was Vater sich wünschte. Wieder einmal blitzte ihre frühere Kraft auf, bei den Obertins sollte es nicht anders als bei den anderen sein. Der Erstgeborene führte den Namen und den Hof weiter.
Als Großvater dafür zum Franzosen-Tuttenuy ging und dieser den Namen in die Formulare eintrug, schrieb er ihn wie im Französischen mit
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. Er bemerkte seinen Fehler und fragte Großvater, ob er das
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durch ein
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ersetzen solle.
Großvater dachte kurz nach, dann sagte er: «Natürlich nicht. Unser Junge soll Jacob heißen, aber Jacob mit
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.» Der Dorfschreiber steckte das Formular in einen Briefumschlag, klebte ihn zu und übergab ihn kurze Zeit später dem Postboten, der ihn nach Temeschwar zur Verwaltung mitnahm. Großvater kehrte lächelnd nach Hause zurück oder in das, was ihm davon geblieben war. Das war seine süße, ohnmächtige Rache an Vater.
* * *
Ich saß seit über einer Stunde in meinem bewährten Versteck unter der Marmorplatte der Gruft der Damas. Jedes Mal, wenn ich die Platte ein
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