Jacob beschließt zu lieben - Roman
noch ein neues Schiff.
Was dann folgte, wurde von Eva Obertin nach dem Tod ihres Mannes auf ihrem eigenen Totenbett erzählt, nachdem der Pfarrer sie mehrmals ermutigt hatte, in Anwesenheit ihrer Kinder ihre Seele zu erleichtern.
Frédéric kehrte aus der Stadt zum Hafen zurück, als er an der Kneipe vorbeikam, wo der Schiffer und der Händler sich bereits unzählige Male zugeprostet hatten, was man gut an den vielen Gläsern vor ihnen erkennen konnte. Frédéric grübelte darüber nach, wo er seine Frau und ihre Mutter für die Nacht unterbringen konnte. Er hoffte, dass eine Kollekte bei den anderen Mitreisenden genug Geld zusammenbringen würde, um einen Schifferzu finden, der sie mitnehmen würde, aber eigentlich wusste er es besser. Niemand, der auf dem Schiff gewesen war, hatte genug. Außerdem, wo sollte er solch einen Schiffer hernehmen? Die Zeit war vorangeschritten, es dunkelte bereits.
Vor dem Kneipenfenster blieb er stehen und beobachtete die beiden. Der Händler schenkte immer wieder nach und schien sich vom Besäufnis des Schiffers einen niedrigeren Preis zu versprechen. Aber auch dieser war listig, mit den vielen Schnäpsen verfolgte er offenbar das entgegengesetzte Ziel. Zum Schluss sah Frédéric, wie ein Geldbeutel den Besitzer wechselte, darauf tranken die beiden ihre Gläser aus und standen auf.
Hinter einem Schuppen ging Frédéric in Deckung und sah von dort den Männern zu, die torkelnd und lallend herauskamen, sich überschwänglich umarmten und bis zum nächsten Jahr voneinander Abschied nahmen. Danach schlug jeder einen anderen Weg ein, der Händler ging in die Stadt zurück, und der Schiffer steuerte eine um jene Zeit menschenleere Gegend an, die er durchqueren musste, um über Wiesen und Waldstücke zur Straße zu gelangen, die ihn nach Hause bringen sollte.
Während der Händler bald wieder gerade und sicher ging, schien der Schiffer wirklich betrunken zu sein. Er stützte sich an Zäunen und Mauern ab und wirkte, als könnte er jederzeit stürzen und liegen bleiben. Hätte Frédéric nicht gewusst, was der Mann in der Kneipe getan hatte, so hätte er leicht annehmen können, dass dem Schiffer eher der Landgang einen Knoten in die Beine machte. Der Gedanke, ihn auszurauben, keimte in Frédéric erst spät auf, als keine Kutsche mehr vorbeifuhr und außer dem Wind, einem entfernten Bellen und derMelodie, die der Ulmer vor sich hinpfiff, nichts mehr zu hören war.
Zunächst war er ihm gefolgt – so hatte er später auf das beharrliche Nachfragen seiner Frau geantwortet –, um ihn zu verprügeln, wie er es vor etwaigen Zeugen nicht hätte tun können. Oder weil er sich in Lothringen so sehr ans lautlose Heranpirschen gewöhnt hatte, dass er auch hier nicht davon lassen konnte.
Es war eine unwirtliche Gegend, die Straße verwandelte sich in einen schmalen, holprigen Weg, der sich dann im Wald verlor. Hatte Frédéric noch vor Kurzem sein neues Leben makellos beginnen wollen, so änderte sich das nun, und er wurde wieder zum Jäger, der er einst gewesen war. Der Schiffer war nur eine andere Art Zegun, der sich dauernd erbrach und erleichterte, ohne den Schatten wahrzunehmen, der ihm in einigem Abstand folgte.
Als Frédéric sich erneut versichert hatte, dass es keine Zeugen gäbe, griff er nach einem scharfkantigen Stein und ging schneller. Der Stein lag gut in seiner Hand, er drehte ihn mehrmals, bis er die schärfste Kante von allen fand. Der Schiffer, der jetzt seine Schritte hörte, wurde misstrauisch und wollte nachschauen, als Frédéric schon zuschlug. Er gab jede Vorsicht auf, der zweite Schlag traf den Mann am Hinterkopf, der dritte an der Schläfe. Der Schiffer wankte, aber er stürzte nicht, hielt bloß schützend die Arme über den Kopf und begann laut zu jammern. Ein viertes Mal schlug Frédéric zu, und er sah, wie ein Stück des Schädels eingedrückt wurde. Erst jetzt knickte der Mann ein, ging zu Boden und begann monoton zu wimmern.
Frédéric drehte sich um, doch außer der fernen Musikeines drittklassigen Kneipenorchesters und dem Quietschen eines Firmenschildes an einem leer stehenden Haus war nichts zu hören. Wer ihn in diesem Augenblick beobachtet hätte, hätte den fiebrigen Blick bemerkt, den er jedes Mal hatte, wenn er hinter Zeguns her war.
Er beugte sich über sein Opfer, und es gelang ihm ohne Mühe, das Geld an sich zu nehmen. Er war sich fast sicher, dass ihn der Mann nicht erkannt hatte. Auch wenn der Schiffer überleben und die Gendarmen holen
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