Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jacob beschließt zu lieben - Roman

Jacob beschließt zu lieben - Roman

Titel: Jacob beschließt zu lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
Gaben mit sich, Rosenkränze, Medaillons oder eine Münze, die sie der Wunderheilerin und Mildlächelnden überbringen wollten, ihr, die vor Urzeiten an jenem Ort eine alte, kranke Eiche wieder zum Blühen gebracht hatte. Zu der nun, so sagte man, wenn man seltsame Lichter im Wald sah, ganze Engelsscharen pilgerten. Nur Frédéric und ein weiterer Mann blieben beim Schiff, um zu verhindern, dass sich der Schiffer davonmachte. Dieser raufte sich dauernd die Haare und murmelte vor sich hin: «Ich bin so oft dort hindurchgefahren, und so etwas ist mir noch nie passiert.»
    Zwei Tage später fuhren sie unter Frédérics Kommando in den Donaukanal, wo sie bis zum Wiener Hafen gelotst wurden. Der Schiffer, der sich inzwischen gefangen hatte, drängte darauf, dass alle das Schiff verließen. Inzwischen war ein Mann am Kai erschienen, den der Schiffer mit übergroßer Freundlichkeit begrüßte.
    «Ich dachte, du kommst dieses Jahr nicht mehr», rief ihm der elegant gekleidete Mann vom Ufer aus zu.
    «Ich bin doch hier», sagte der Schiffer und sprang an Land.
    «Die Leute sehen ziemlich mitgenommen aus. Ist euch etwas zugestoßen?», fragte der Fremde.
    «Nichts Besonderes.»
    «Wie viel willst du diesmal für dein Schiff?»
    «So viel wie das letzte Mal wird schon reichen», antwortete der Schiffer und schlug kräftig auf die Hand, die ihm der andere hinhielt.
    Frédéric, der sich gerade in der Nähe zu schaffen machte, mischte sich ein. «Was soll das heißen? Ich dachte, Sie bringen uns bis zum Ziel.»
    «Mein Ziel ist hier. Ich habe gerade mein Schiff verkauft und gehe zu Fuß nach Hause zurück. Im nächsten Frühling komme ich wieder.»
    Frédéric machte einen Schritt auf ihn zu, doch der Schiffer wich nicht zurück.
    «Das können Sie nicht machen! Schauen Sie sich die Leute an, sie sind völlig am Ende. Sie sind es uns schuldig!»
    «Hören Sie gut zu», schnauzte ihn der Mann an. «Es war ein Unfall. Was wollte der Alte eigentlich? Wieso steht er auf? Habe ich euch gesagt aufzustehen? Nein, habe ich nicht. Und jetzt machen Sie, dass Sie wegkommen.»
    Frédéric machte noch einen Schritt auf ihn zu, er hatte den Schiffer einmal zu Boden geworfen, und er würde es wieder tun, doch diesmal schien dieser entschlossen, nicht von der Stelle zu weichen. Der Händler ging dazwischen.
    «Ich will nicht wissen, was das Ganze soll, das geht mich nichts an. Verkaufst du mir jetzt dein Schiff oder nicht?»
    «Hast du das Geld dabei?», fragte der Mann.
    «Natürlich.»
    «Dann kriegst du es auch.»
    «Gut, dann lass uns in die Kneipe gehen und das Geschäft besiegeln.»
    «Und wir? Was wird aus uns?», wollte Frédéric wissen.
    «Ihr kampiert zuerst mal hier im Freien, und wir hoffen, dass nur eine kalte Brise weht und es nicht auch noch regnen wird», antwortete der Händler. «Ich nehme nicht an, dass jemand genug Geld für ein Zimmer im Wirtshaus hat. Wenn ihr Glück habt, fährt euch in ein paar Tagen jemand weiter, sonst müsst ihr bis nächstes Jahr warten.»
    «Bis nächstes Jahr? Und was sollen wir bis dahin tun?», fragte Frédéric verdutzt.
    «Was weiß ich. Betteln vielleicht.»
    Die beiden Männer lachten und wollten sich entfernen, als der Händler stehen blieb und sich wieder an Frédéric wandte. «Außerdem braucht ihr Ansiedlerpässe, und die kriegt ihr nicht so leicht. Meldet euch bei der Hofkammer an, das wird das Beste sein.»
    «Und wo ist diese Hofkammer?», wollte Frédéric wissen, aber der Händler zuckte nur mit den Achseln und entfernte sich mit dem Schiffer.
    Frédéric kehrte zu seinen Leuten zurück, die unentschlossen inmitten ihrer Habseligkeiten standen, und erklärte ihnen, dass er nun die Hofkammer suchen würde. Er brachte seine Frau und ihre Mutter hinter eine kleine Mauer, wo sie vor dem Wind geschützt waren, scharte die wenigen Habseligkeiten, die ihnen geblieben waren, um sie und wollte gehen, als Eva ihn festhielt.
    «Woher soll ich wissen, dass du zurückkommst?», fragte sie.
    «Ich komme zurück.» Er sagte es so bestimmt, dass sie keinen Augenblick mehr daran zweifelte.
    Ich habe nie erfahren, wie Frédéric den Sitz der Hofkammer gefunden hat, auch Großvater wusste es nicht. Fest steht, sosehr etwas feststehen kann, was hundertfach nacherzählt und ausgeschmückt worden ist, dass er im ganzen Wiener Gewimmel die Hofkammer fand und dass man ihm dort versicherte, am nächsten Tag mehrere Beamte zum Kai zu schicken, welche die Formalitäten erledigen würden. Nun brauchte er nur

Weitere Kostenlose Bücher