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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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drehte sich seiner Vorgesetzten zu. »Das wird immer besser.«
    79 Noch nie hatte Tyrell sich so sehr gehasst wie in diesem Moment. Mehr konnte sich ein Mensch gar nicht hassen.
    Sie waren ohne Zwischenfälle am Treffpunkt angelangt, aber sobald Amy gesehen hatte, um was für einen Ort es sich handelte, war sie wütend geworden. Sie war auf dem Parkplatz auf und ab marschiert, hatte vor sich hin geflucht und sich Vorhaltungen gemacht, weil sie sich hatte hereinlegen lassen. Josephina und Tyrell hatten schweigend danebengestanden. Dann war sie mit ihnen in die Scheune gegangen und hatte sie ganz nach hinten in eine Ecke gescheucht, wo sie durch riesige Strohballen vor den Blicken der Zuschauer geschützt waren. Sie hatte ihm die Pistole in die Hand gedrückt und ihm befohlen, er solle sie Josephina an den Kopf halten. Die Kleine hatte ihn einfach nur angesehen. Ihre Augen waren voller Tränen gewesen, die jeden Moment überzuquellen drohten.
    »Sag ihr«, fauchte Amy, »dass sie ihre Mutter nie mehr wiedersehen wird, wenn sie nicht mucksmäuschenstill ist und tut, was man ihr sagt. Niemals.«
    Tyrell hatte die Pistole angestarrt, ihr kaltes Gewicht in seiner Hand gespürt und dann zwischen Josephina und Amy hin- und hergesehen. Er hatte den Kopf geschüttelt. »Nein. Das mache ich nicht.«
    »Ach, nein?« Amys Gesicht war eine hässliche Fratze. »Einer von uns muss es aber machen. Wäre es dir lieber, wenn ich das übernehme? Vertraust du mir?« Er musste ihr nicht antworten, sie wusste auch so, was er dachte. Sie lächelte, als ihr klarwurde, dass ihm nun nichts anderes übrigblieb, als zu gehorchen. »Dacht ich mir’s doch.«
    Erneut blickte er von Amy zu Josephina, bevor er widerstrebend die Waffe hochnahm. »Ich kann Waffen nicht leiden«, erklärte er Amy. »Und Sie kann ich auch nicht leiden.«
    Sie blieb ungerührt. »Das erzählst du mir ja nicht zum ersten Mal. Mach einfach, was ich dir sage, sorg dafür, dass sie spurt, und komm ja nicht auf dumme Gedanken. Denk nicht mal dran, die Pistole auf mich zu richten.«
    Daran hatte er tatsächlich nicht gedacht. Zumindest nicht, bis sie es erwähnt hatte, aber da war es schon zu spät.
    »Tu’s einfach. Wir bringen das hier über die Bühne, dann fahren wir zurück zum Haus, regeln alles Weitere, und der Spuk ist vorbei.«
    Tyrells Hand zitterte. Er hasste Pistolen. Den Lärm, den sie machten, ihr Aussehen, ihre Schwere. Sie waren kalt und hart. Als würde man etwas Totes anfassen.
    Und jetzt stand er hier und bedrohte ein kleines Mädchen damit. Ein Mädchen, dem er Versprechungen gemacht hatte. Das ihm vertraute. Jetzt sah sie ihn nicht mal mehr an. Sie zitterte am ganzen Leib, und die Tränen in ihren Augen liefen nur deshalb nicht über, weil sie selbst zum Weinen zu viel Angst hatte.
    »Ist schon gut«, versuchte er sie zu trösten. »Ich … Ich tu dir nichts. Das weißt du doch …«
    Er wusste nicht, ob er zu dem Kind sprach oder zu sich selbst.
    »Ich weiß, dass du mir nicht glaubst, aber bitte … Ich wünsche mir wirklich, dass du wieder zu deiner Mami zurückkommst. Ich möchte, dass du nach Hause gehen kannst.« Er seufzte tief. »Ich will auch nach Hause.«
    Um sie herum waren unzählige Menschen, die schrecklich viel Lärm machten. Sie schrien und grölten. Es war noch schlimmer als die schlimmsten Nächte im Gefängnis. Da war er wenigstens für sich gewesen und hatte den Lärm bloß hören müssen. Jetzt war er mittendrin. Er wusste nicht, was er tun sollte, konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen.
    Also stand er einfach nur mit der Waffe in der Hand da. Voller Selbsthass. Josephina würdigte ihn keines Blickes. Das tat ganz schön weh. Zu wissen, dass er sie verraten und ihr Vertrauen missbraucht hatte. Weil er schwach gewesen war. Die falschen Entscheidungen getroffen hatte.
    Er hatte eine solche Wut auf sich.
    Erneut musterte er die Pistole. Dann das Kind. Dann Amy, die neben ihm stand und telefonierte.
    Dann wieder die Pistole.
    Ja. Er war verletzt. Ja. Er war wütend.
    Es war höchste Zeit zu handeln.
    80 »Sie Miststück …« Marina versuchte sich einen Weg durch die Menge zu bahnen.
    »Ich hab’s Ihnen gerade eben gesagt. Bleiben Sie, wo Sie sind.«
    Marina wusste, dass sie die Frau jetzt nicht gegen sich aufbringen durfte, also gehorchte sie und blieb stehen, das Handy weiterhin ans Ohr gepresst.
    »So ist es besser«, sagte die Frau. »Ich wollte nur, dass Sie sich davon überzeugen können, dass sie lebt und unversehrt

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