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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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andere Persönlichkeit abgeschoben worden seien …
    Auf dieser Grundannahme bauten sie schließlich ihre Verteidigungsstrategie auf.
    Doch Marina war bei ihrem Gespräch mit Stuart noch etwas anderes aufgefallen. Sie konnte nicht die einzige Gutachterin sein, die es bemerkt hatte, und dennoch wurde es im Prozess nie erwähnt. Nach seinen Stiefgeschwistern gefragt, war Stuart mit angstverzerrter Miene zurückgezuckt. Er war unruhig geworden, hatte angefangen zu stottern, sich beim Sprechen verhaspelt und war unfähig gewesen, still zu sitzen. Fest überzeugt, dass mehr dahintersteckte, beschloss Marina nachzuhaken, um mehr über Stuarts Verhältnis zu Michael und Dee herauszufinden. Doch man bat sie höflich, aber bestimmt, sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren. Der Bruder und die Schwester seien in diesem Kontext irrelevant. Sie seien die Opfer des Verbrechens und darüber hinaus äußerst wohlhabend, deswegen müsse die Verteidigung es sich gründlich überlegen, ob sie sie genauer durchleuchten oder gar Schuldvorwürfe gegen sie erheben wolle. Marina fügte sich, wenngleich widerstrebend.
    Der Fall beschäftigte sie noch lange, aber da sie nicht als Zeugin geladen wurde, waren ihr die Hände gebunden. Schließlich folgte sie dem Rat ihrer Kollegen, löste den Honorarscheck ein und gönnte sich einen großen Gin Tonic, um die ganze Sache zu vergessen.
    Trotzdem verfolgte sie den Prozess in den Medien. Sie war entsetzt über die unfaire Berichterstattung und das Ausmaß von Wut und Häme, mit dem Menschen, die Stuart niemals persönlich getroffen hatten, diesen in der Boulevardpresse überschütteten. Sie musste hilflos mit ansehen, wie die auf seiner Persönlichkeitsstörung basierende Strategie seiner Verteidiger vor Gericht in der Luft zerrissen wurde. Auch wurde während des gesamten Verfahrens Stuarts Beziehung zu seinen Stiefgeschwistern mit keinem Wort erwähnt. Als er schließlich schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, war sie nicht im Mindesten überrascht. Trotzdem hatte sie die Sache wohl oder übel abhaken müssen. Sie hatte keinerlei Einflussmöglichkeiten gehabt.
    Bis jetzt.
    Sie blickte sich um und versuchte den Weg zurück zu den Strandhäusern zu finden. Da erst sah sie es: In unmittelbarer Nähe zum Fluss stand ein riesiges altes Haus, halb verfallen und überwuchert. Die umliegende Vegetation war auf dem besten Wege, sich den Standort zurückzuerobern. Nicht mehr lange, und das Gebäude wäre komplett unter dem Grün verschwunden, wieder zu einem Teil der Erde geworden. Sie wusste sofort, was dies für ein Haus war.
    Das ehemalige Sloane-Anwesen.
    Ihr fiel wieder ein, dass der Bruder und die Schwester nach dem Prozess aus der Gegend fortgezogen waren und verfügt hatten, dass ihr Haus von niemandem angerührt werden dürfe. Es sollte stehen bleiben und dem Verfall preisgegeben werden. Die Angebote diverser Baufirmen und der Kommune, das Land aufzukaufen und neu zu bebauen, hatten sie abgelehnt. Sie wollten, dass das Grundstück sich selbst überlassen blieb.
    Nun, wie es aussah, hatten sie ihren Willen bekommen.
    Das Handy klingelte. Love Will Tear Us Apart. Sie nahm den Anruf entgegen und wurde gleich als Erstes gefragt, ob sie die E-Mail gelesen habe. Sie bejahte.
    »Sie waren die Einzige, die ihm geglaubt hat«, sagte die Stimme. »Die Einzige, die ihn für unschuldig gehalten hat. Wir haben die Akten eingesehen. Sie wussten, was da ablief. Deswegen haben wir Sie ausgesucht.«
    Marina schwieg.
    »Verstehen Sie endlich, weshalb Sie hierherkommen sollten? Wissen Sie jetzt, was wir von Ihnen wollen?«
    Marina starrte noch immer das Haus an, während sie sich den letzten Abschnitt der E-Mail ins Gedächtnis rief.
    Stuart Sloane war nicht verrückt. Stuart Sloane litt nicht unter einer Persönlichkeitsstörung. Stuart Sloane ist geistig so gesund wie Sie und ich. Daran hatte Marina allerdings ihre Zweifel. Stuart Sloane wurde zum Sündenbock gemacht und von den Sloanes um Millionen betrogen, die rechtmäßig ihm zugestanden hätten. Stuart Sloane will abrechnen.
    Dazu braucht Stuart Sloane Ihre Hilfe.
    »Ja«, seufzte Marina. »Ich glaube, ich weiß es.«
    »Herzlichen Glückwunsch, Dr. Esposito. Sie haben einen neuen Patienten.«
    36 Tyrell sah die Frau aus der Küche auf den Wohnwagen zukommen. Zorn flammte in ihm auf. Er wollte sie nicht in seiner Nähe haben. Allerdings würde man ihn wohl kaum nach seiner Meinung fragen.
    Die Tür seines Wohnwagens wurde

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