Jäger der Dämmerung
Klicken ertönte. Die Türen wurden verriegelt. Das ging bei diesen Karren bestimmt automatisch.
Mickey rieb sich die Hände. »Haben Sie meine Kohle?« Er hatte sie schon so gut wie ausgegeben: neue Klamotten, schnell weg und leckt mich, Bullen.
Der Wagen fuhr los. »Hab ich.«
Was für ein Deal! »Also …« Er musste einfach fragen. »Was passiert mit dem Tiger?« Der Drecksack wurde hoffentlich plattgemacht, von Kopf bis Fuß aufgeschlitzt.
Die Limousine bog in eine Seitengasse, und Mr. Money drehte sich lächelnd zu ihm. Seine Zähne sahen echt ganz schön scharf aus.
Was sollte das? Der Typ konnte doch kein Gestaltwandler sein!
»Ich werde ihn in Stücke reißen.«
Mickey blinzelte hektisch. »Super, total super, Mann.« Er fing an zu schwitzen, was an den Zähnen liegen musste. Er schnüffelte. Nee, kein Gestaltwandlergeruch. Aber der Kerl war auch kein Vampir, denn …
»So wie dich, Mickey.«
»Was?« Scheiße! Mickey krabbelte zur Seite, wollte die Tür aufstoßen.
Aber da tat sich nichts. Dämliche Automatikschlösser! Wenn er doll genug stieß, könnte er vielleicht …
Krallen schossen auf ihn zu. Er sah den Angriff aus dem Augenwinkel, wich aus und versuchte, sich zu wehren.
Zu spät.
Die Krallen hieben ihm quer über die Gurgel, und der Schrei in seiner Brust schaffte es nicht mehr über seine Lippen.
Blut spritzte bis an die Frontscheibe.
Die Krallen schlugen wieder nach ihm.
Ich werde ihn in Stücke reißen.
Als er fertig war, schob er die Leiche – was von ihr noch übrig war – aus dem Wagen. Überall war Blut. Der Geruch hüllte ihn ein, tränkte seine Kleidung.
Wunderbar.
Er hob seine Finger an die Lippen und leckte die klebrige Flüssigkeit ab. Wie er dieses Aroma liebte!
Aber die Hyäne war zu einfach gewesen. Gar kein Kampf. Als hätte er einen Menschen umgebracht. Ehrlich, da hatte er mehr erwartet.
Der Tiger wäre keine solch leichte Beute. Das wusste er, und er hatte sich entsprechend auf Donovan vorbereitet.
Schließlich mochte er die Jagd. Er mochte das Töten.
Aber er ging keine dämlichen Risiken ein, was sein eigenes Leben betraf.
Der Tiger würde sterben. Keine Frage.
Und er würde dort sein, um das Ende mitzuerleben.
Er schlug die Wagentür zu und betrachtete stirnrunzelnd die Windschutzscheibe. So ging das nicht. Das Letzte, was er brauchte, war, dass jemand das wunderbare Blut sah.
Also beugte er sich zum Handschuhfach und nahm ein paar von den Tüchern heraus, die er für solche Gelegenheiten dort aufbewahrte.
Kurze Zeit später war die Scheibe vorn sauber. Er stopfte die Lappen zurück ins Handschuhfach und ließ den Motor an. Dann atmete er noch ein paar Mal tief durch, weil der Geruch so herrlich war.
Er durfte allerdings nicht trödeln. Nicht mit der Leiche neben dem Wagen. Die Gegend hier war verlassen, trotzdem könnte irgendwer vorbeikommen.
Mit einer Fingerdrehung schaltete er das Radio an, worauf eine sanfte Brahmsmelodie den Innenraum erfüllte.
Ein Lächeln trat auf seine Lippen. Nun war es soweit.
Zeit für den nächsten Tod.
Als er aus der Gasse zurücksetzte, konnte er nicht umhin, sich zu fragen, wie lange der Tiger sich wehren würde.
Und wenn er starb, hätte Donovan dann noch die Chance zu brüllen? Oder würde er wie die Hyäne sterben, erstickt an seinem eigenen Blut?
»Da unten.« Der Dämon, dessen Augen vollständig schwarz waren, hob eine Hand und zeigte zur Wendeltreppe.
Das Erdgeschoss des Gebäudes war vollkommen verlassen, was Jude nicht überraschte. Er wusste, dass Dämonen gern vorbereitet waren, für den Fall, dass unerwartete und unerwünschte Besucher auftauchten – für gewöhnlich menschliche.
Also fand die eigentliche Action nie im scheinbaren Hauptteil ihrer Häuser statt. Nein, die lief hinten oder, in diesem Fall, unten ab.
Das schwache Wummern der Bässe hatte Jude längst bemerkt. Er entspannte seine Schultern und seinen Nacken und wappnete sich für das, was ihn unten erwarten mochte. Als er an dem Dämon vorbeiging, wehte ihm dessen Gestank von abgestandenem Rauch und altem Schweiß entgegen.
Vorsichtig stieg er die knarzende Treppe hinunter. Was war das? Ein Keller? Ein Untergeschoss?
Die Tür hinter ihm fiel zu.
Jude erstarrte.
Dann hörte er, wie ein Riegel vorgeschoben wurde. Der sperrt mich ein.
Nein, er sperrte sie ein, denn von unten hörte er Stimmen und Gelächter.
Er schüttelte den Kopf. Als würde ihn ein albernes Schloss zurückhalten! Wenn er gehen wollte, trat er eben die Tür
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