Jäger der Dämmerung
durchsickern, was es würde, konnte sie sich von ihrem neuen Leben verabschieden.
Dabei waren gerade erst alle Kartons ausgepackt.
Er hatte sie viel zu schnell gefunden.
Oder aber er hatte sie nie verloren. Erin bekam eine Gänsehaut.
Antonio verengte misstrauisch die Augen. »Ich will alles über diesen Mistkerl wissen, verstanden?«
»Jetzt krieg dich ein, Tony!«, fuhr Jude ihn an. »Das müssen wir nicht hier besprechen. Wir kommen beide zu dir ins Büro.«
Momentan hatten sie entschieden zu viel Publikum.
Antonio nickte kurz, machte auf dem Absatz kehrt und rief seinen Uniformierten zu: »Durchkämmt alles hier! Ich will jeden Millimeter überprüft haben.«
Nach einem Moment wandte Jude sich wieder zu Erin. »Noch mehr Geheimnisse, was, Süße?«
Es brach ihr fast das Herz, doch sie reckte trotzig ihr Kinn. »Wir wissen nicht mit Sicherheit, dass der Kerl, der hinter mir her ist, mit Lees Unfall zu tun hat.« Auch wenn ihr Instinkt ihr sagte, dass er hatte. »Lee ist Strafverteidiger. Opfer, Kriminelle, viele könnten was gegen ihn haben.«
»Genug, dass sie ihn umbringen wollen?«
Vielleicht.
Oder ihr Romeo war dort draußen und grinste sich eins. »Verschwinden wir von hier.« Sie wollte weg von den Cops und dem Autowrack. Sie drehte sich um und stapfte los, ohne auf Jude zu warten.
»Erin! Erin, verdammt!« Er kam ihr nach, packte sie und riss sie herum, so dass sie ihn ansehen musste. »Warte.«
Wütend, weil er sie zu dicht an sich hielt, starrte sie zu ihm auf. »Jetzt nicht, Jäger.«
»Ja, das sagst du dauernd.« Seine Nase rieb fast an ihrer. »Kleine Kurzmeldung, Süße, das Arschloch, das hinter dir her ist, hat einen Mann ermordet. Das ist kein Spiel!«
»Ich hielt es auch nie für eines!«
»Ich bringe das Schwein zur Strecke, aber du musst mir alles erzählen, was du über ihn weißt, alles, was dir seinetwegen passiert ist.«
Erin atmete langsam aus. Ihr war klar, dass sie keine andere Wahl hatte. »Okay.«
Wie würde er sie ansehen, wenn er die Wahrheit erfuhr?
Wenigstens hatte ich eine Nacht mit ihm.
Eine wilde Nacht.
Wie viele Geheimnisse schleppte die Frau eigentlich mit sich herum?
Jude saß an seinem Schreibtisch und sah blind auf den Computermonitor vor sich.
Erin.
Die Frau war Feuer in seinen Händen, das Heißeste, Schärfste, was er je im Bett erlebt hatte.
Und sie war gefährlich. So gefährlich.
Denn sie hatte ihn belogen.
Die Frau hatte einen durchgeknallten Killer auf den Fersen, den die Cops weder schnappen noch aufhalten konnten, also, ja, sie hatte allen Grund, ein bisschen schreckhaft zu sein.
Aber da war noch mehr. Eindeutig.
»Du hast also letzte Nacht bei deiner Freundin geschlafen, was?«, fragte Zane, der in Judes Büro geschlendert kam. Zane machte es sich sofort bequem, denn Grenzen existierten für ihn im Grunde nicht.
Jude rieb sich knurrend über die müden Augen. Er war am Unfallort geblieben, um den Uniformierten und den Spurensicherern auf die Finger zu gucken, und tatsächlich hatten sie schwarze Lackspuren an Lee Givens‘ Wagen gefunden.
Er war von der Straße abgedrängt worden. Kein Zweifel.
Aber wie hing das mit Erin zusammen?
»Kann ich dir nicht verdenken.« Zane verschränkte die Arme und lehnte sich in den Fensterrahmen. »Die Frau ist echt scharf.«
Jude nahm eine Hand herunter. »Hör auf.« Ein Fauchen stieg ihm in die Kehle. Zane spielte unbeschwert mit den Frauen in der Stadt, den menschlichen wie den anderen .
Erin jedoch war tabu für ihn.
»Uuuh, ein wunder Punkt, was?« Zane grinste.
Jude überlegte, dem Dämon die Faust ins Gesicht zu knallen. Nicht dass er ihm damit dauerhaften Schaden zufügen könnte, aber er würde sich definitiv besser fühlen, könnte er Zane das Grinsen aus dem Gesicht klatschen.
»Hast du rausbekommen, was genau sie ist?«
Eine Frau. Das war sie. Zane war ein guter Jäger, aber er konnte auch ein Idiot erster Güte sein.
»Ich denke, ich fahre nachher beim Gericht vorbei und sehe sie mir mal näher an.« Zane nickte. »Da werde ich schon sehen, was sie ist.«
Ja, Jude wollte wetten, dass er sie sich sehr viel näher ansehen würde. »Sie benutzt keinen Blendzauber.« Ein Blendzauber war die Magie, mit der Dämonen ihr wahres Aussehen vor der Welt verbargen.
Eigentlich sahen Dämonen ziemlich menschlich aus. Der einzige äußere Unterschied waren gewöhnlich die Augen, denn Dämonenaugen waren vollständig schwarz. Bei Dämonen war der Ratschlag, »erst schießen, wenn ihr das
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