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Jäger der Dämmerung

Jäger der Dämmerung

Titel: Jäger der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Eden
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kann.«
    Er nickte und setzte sich ebenfalls auf. Die Bettdecke verhüllte seine Lenden.
    Sie benetzte ihre Lippen. »Ich habe … habe nicht die ausgeprägten Sinne von Gestaltwandlern, jedenfalls nicht alle.« Beschädigt. »Mein Geruchssinn, ja, der ist sehr gut.« Genau genommen war er besser als der Gestaltwandlerdurchschnitt. »Aber mein Gehör ist das eines Menschen. Deshalb konnte sich der Mistkerl an mich heranschleichen, ohne dass ich etwas merkte. Bis es zu spät war.«
    Er blickte sie vollkommen ruhig an. »Zu spät?« Keine Gefühle. Tonlos und kalt.
    Erin senkte den Blick aufs Bett und sah, dass seine Krallen ausgefahren waren.
    So kalt ließ es ihn also doch nicht.
    »Ich habe nie sein Gesicht gesehen.« Nun war sie diejenige, die gänzlich emotionslos sprach. »Sowie ich aufwachte, zog er mir irgendeine Kapuze über.«
    Finsternis.
    Rasiermesserscharfe Krallen.
    Angst.
    Wie viele Nächte hatte sie wach im Bett gelegen, zu verängstigt, um zu schlafen, weil sie fürchtete, dass er wiederkam?
    »Was hat er getan?«
    »Er benutzte seine Krallen, um mir … mir die Kleider herunterzuschneiden.« Sie wandte sich ab. Der Kerl war so schnell gewesen und Erin gelähmt vor Schreck. »Ich wusste, was er vorhatte.« Sie reckte ihr Kinn. »Aber er hatte keine Ahnung, wie stark ich sein konnte. Ich wehrte mich gegen ihn.« Die dämliche Narbe. In einem Punkt war sie wie alle Wölfe: Ihre Wunden hinterließen stets Narben auf ihrem Körper. Ihre Haut heilte, doch sie vergaß nicht. Sie hielt die Hand halb über die Narbe. »Ich konnte ihm einige Kratzer verpassen.«
    Jude sprang vom Bett auf, fasste sie bei den Schultern und zog sie dicht an sich. »Erin … hat er …«
    »Ich konnte wegrennen.« Rennen, rennen. Und seither hatte sie nicht mehr aufgehört damit. »Nackt und blutig lief ich die Straße entlang. Ich hatte Angst, dass er mir hinterherkommt, aber er hatte seine eigenen Wunden«, sagte sie mit einem Lächeln, von dem sie wusste, dass es nicht hübsch aussah.
    Ein Stück weiter die Straße hinunter stahl sie sich Sachen von einer Wäschleine. Die gute Mrs. Sara Copeland machte ihre Wäsche zum Glück noch auf die altmodische Art.
    »Schon vor der Nacht hatte ich geplant, aus Lillian wegzuziehen. Nach dem Angriff bin ich nie wieder in mein Haus zurückgekehrt.« Jede Nacht ein anderes Hotel. Immerzu auf der Hut. »Die Polizei dort konnte mir nicht helfen. Was sollten sie schon gegen einen Gestaltwandler ausrichten?«
    »Ich kann dir helfen.« Er hielt sie noch fester.
    »Ja, ich weiß. Night Watch wurde gegründet, um Typen wie ihn zu jagen.«
    »Und um sie unschädlich zu machen.«
    Konnte es sein, dass in seinen blauen Augen nach wie vor Verlangen zu erkennen war, neben der Sorge?
    Erzähl ihm alles! »Er ist hinter mir her, weil er mich für seine Gefährtin hält.« Gestaltwandler und ihre Gefährten. Bei manchen von ihnen war das so ein primitives, instinktives Ding.
    »Da irrt er sich gewaltig.«
    Tat er das? »Er ist wie ich, Jude. Ein Hybride.«
    »Wir beide gleichen uns. Nicht schwächer, sondern stärker. Die haben ja keine Ahnung.« Das war die Stimme aus ihren Alpträumen.
    »Und? Es gibt Tausende von Hybriden auf der Welt. Er kann sich eine von den anderen aussuchen.«
    »Ich wusste vom ersten Moment an, dass wir einander bestimmt sind. Als ich dich zum ersten Mal sah.« Sein Gewicht hatte sie in die Matratze gedrückt.
    Jude schüttelte den Kopf. »Erin.«
    Es fiel ihr schwer, an dem Kloß in ihrem Hals vorbeizuschlucken. »Er ist ein Mischwesen, aber er kann sich verwandeln. Das weiß ich, weil ich ihn einmal dabei gesehen habe.« Was absichtlich passierte. Bei dem Mistkerl geschah alles absichtlich.
    »Ja? Und zu was wird der Irre? Zu einem Bären, einem Kojoten oder …«
    »Er ist ein Wolf.«
    Ihr entging nicht, dass sich Judes Augen kaum merklich weiteten.
    Ein Wolfswandler. Einer der stärksten und gefährlichsten, und leider allzu geneigt, die Schwelle zum Psychopathologischen zu überschreiten.
    Doch wieder schüttelte Jude nur den Kopf. »Das ändert für mich nichts. Denkst du etwa, ich hätte Schiss vor einem räudigen Wolf?«
    Nein, sie glaubte nicht, dass er sich vor ihm fürchtete. Obwohl er es vielleicht sollte. »Du weißt, was sie über Wolfswandler sagen. Sie können ihre Gefährten erkennen.«
    »Nicht auf den ersten Blick. Meistens dauert es eine Weile, bis …«
    »Er sagte, dass ich seine Gefährtin bin.« Sie legte eine Hand auf sein Herz. »Ein Wolfswandler findet

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