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Jäger der Schatten

Jäger der Schatten

Titel: Jäger der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de la Cruz
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nach Florenz brauchen würden. Die Stadt war etwa hundert Meilen entfernt. Weil Ghedi nicht mithalten konnte, würde er sie nur bis nach Sarzana begleiten und dann mit dem Zug nach Florenz weiterfahren, um dort ihre Ankunft vorzubereiten und sie in der Stadt zu treffen. Jack hatte entschieden, dass sie die Hauptverkehrsstraßen meiden und stattdessen die Bergpfade benutzen würden. Das war sicherer. Die Pfade in den Bergen waren unwegsam, sehr weit abgelegen und wurden um diese Zeit des Jahres kaum benutzt. Es war sehr unwahrscheinlich, dort einem Spitzel der Gräfin zu begegnen. Da es verboten war, in den Bergen zu zelten, mussten sie trotzdem vorsichtig sein. Schließlich wollten sie keinem der Bergwächter über den Weg laufen.
    Zu Ghedis überraschenden Ausführungen hatten sie nichts mehr gesagt, denn ihre gesamte Aufmerksamkeit richtete sich erst einmal auf die Vorbereitungen für den Marsch. Doch obwohl Skyler mit Packen beschäftigt war, dachte sie weiter über die erstaunliche Wende der Dinge nach. Der Torhüter hatte ebenso nach ihnen gesucht, wie sie nach ihm. Es schien alles zu einfach.
    Am verwirrendsten war jedoch, was weder sie noch Jack angesprochen hatten. Ghedi behauptete, der Torhüter zu sein. Es gab nur einen Haken: Ghedi war ein Mensch. Er konnte gar kein Hüter sein. Es war unmöglich, denn nur ein Blue Blood, ein gefallener Engel, konnte die Tore zur Hölle bewachen.
    Ich denke trotzdem nicht, dass er lügt , sandte Skyler.
    Ich stimme dir zu. Er glaubt, er sei der Torhüter, was noch beunruhigender ist , gab Jack zurück. Lass uns später darüber reden. Wir müssen diesen Ort erst einmal so schnell wie möglich verlassen.
    Die drei machten sich auf den Weg in die Stadt, um Vorräte zu besorgen. Sie wollten nur Dinge kaufen, die sie auch tragen konnten, und kein unnötiges Zeug. Bevor sie aus New York weggegangen waren, hatte Jack Geld auf verschiedene geheime Konten überwiesen, die dem Komitee verborgen geblieben waren. Er trennte sich von Skyler und Ghedi, um passende Ausrüstungsgegenstände zu besorgen, während die beiden zum Markt liefen, um Nahrungsmittel einzukaufen: Mehl, Reis, Kaffee, Eier, Dosensuppen. Die italienischen Händler bedachten Ghedis dunkle Haut und Skylers seltsame Kleidung mit argwöhnischen Blicken. Sie wurden erst freundlicher, als Skyler eine dicke Rolle Geldscheine aus der Tasche zog.
    Skyler wunderte sich über ihren neu entdeckten Appetit. Sie war richtig heißhungrig und es war ein Hunger, der sich mit einer normalen Mahlzeit befriedigen ließ. Sie hatte kein Blut mehr zu sich genommen, seit sie New York verlassen hatte.
    Jack hatte sie dazu gedrängt, die Caeremonia durchzuführen, aber im Moment war ihr nicht danach. Im Gegenteil, ohne das Blut konnte sie klarer denken und fühlte sich stärker. Außerdem kam es ihr irgendwie falsch vor, etwas so Intimes mit jemandem zu teilen, den sie nicht liebte. Bei Oliver war natürlich alles anders gewesen. Es fiel ihr noch immer schwer, an ihn zu denken. Ihr Herz tat nicht mehr weh, doch sie vermisste seine Freundschaft.
    »Was deiner Mutter passiert ist, tut mir leid, Ghedi«, sagte Skyler, als sie zurückgingen, um Jack am Boot zu treffen. »Es tut uns beiden leid.«
    »Ist schon gut. Sie ist tot. Es ist besser so.«
    »Das darfst du nicht sagen.«
    »Aber es ist die Wahrheit. Sie hat ihren Frieden gefunden.«
    »Genau wie Pater Baldessarre«, fügte Skyler hinzu. »Du musst ihm sehr nahegestanden haben.«
    »Er war wie ein Vater für mich. Er hat mir alles beigebracht. Aber es ist gut so, wie es ist, Signorina . In meinem Land habe ich Schlimmeres gesehen. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich von den Missionaren auserwählt wurde.« Ghedi lächelte.
    Skyler fand es erstaunlich, dass sich jemand, der Krieg und Leid erlebt hatte, als glücklich bezeichnen konnte. Sie bewunderte seinen Humor und seinen Optimismus und schalt sich selbst für ihre ständige Anspannung und ihre vielen Ängste. Ghedi hatte alles verloren, nicht nur einmal, sondern mehrmals. Sein Zuhause war ein Trümmerhaufen, seine ganze Familie war tot und sein Mentor ebenfalls. Dennoch ging er leichtfüßig, mit federnden Schritten und einem Lächeln im Gesicht durchs Leben.
    Sie dagegen hatte alle s – denn Jack war alles für si e – und beklagte sich ständig darüber, dass sie nicht wusste, wie lange ihre Zweisamkeit dauern würde. Anstatt mich vor der Zukunft zu fürchten, sollte ich endlich leben und die Gegenwart genießen, sagte sie zu

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