Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger der Schatten

Jäger der Schatten

Titel: Jäger der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de la Cruz
Vom Netzwerk:
sich selbst.
    Als sie den Hafen erreichten, schloss Jack gerade die Kajüte ab. Er hatte die Decken zusammengefaltet, die Öllampe aufgefüllt und dafür gesorgt, dass das Fischerboot nach ihrem Aufenthalt wieder ganz in seinem ursprünglichen Zustand war.
    Danke, dass du uns Obdach gegeben hast, dachte Skyler und legte eine Hand an die Kajütenwand. Sie nahm einen der Wanderrucksäcke, die Jack auf das Deck gestellt hatte, und packte ein paar der Besorgungen ein: einige Nahrungsmittel, eine dünne, wasserabweisende Plane und die ramponierten Notizbücher, die sie in einen wasserdichten Umschlag gesteckt hatte.
    Skyler hatte Mühe, den Rucksack auf die Schultern zu nehmen. Sie kam ein wenig ins Straucheln, doch dann fand sie wieder Halt.
    »Zu schwer?«, fragte Jack. »Ich kann dir etwas abnehmen.« Er trug bereits die Zelte und den Großteil ihrer Vorräte.
    »Nein, es geht schon.«
    Da richtete sich Ghedi auf. »Bereit?«
    Sie gingen die gepflasterte Straße entlang, die von der Stadt zu den Bergpfaden führte und fast menschenleer war, bis auf ein oder zwei Autos, die zufällig vorbeifuhren. Als sie ein paar Meilen außerhalb der Stadt waren, führte Jack sie von der Straße herunter, tiefer in den Wald hinein.
    Skyler war froh über die neue, warme Jacke, die sie sich zusammen mit dicken Socken und Wanderschuhen in der Stadt gekauft hatte. Sie wunderte sich wieder einmal darüber, wie sehr sich ihr Leben plötzlich verändert hatte. Es war seltsam, daran zu denken, dass sie vor nicht allzu langer Zeit in einem Klassenraum gesessen und vor sich hin geträumt hatte, versunken in ihrer eigenen Welt wie ein Mauerblümchen, eine Außenseiterin. Dann war sie im letzten Jahr mit Oliver durch die halbe Welt gereist, nur davon angetrieben, so weit und so schnell wie möglich wegzulaufen. Jetzt erkannte sie, warum sie so oft auf Venatoren getroffen waren. Sie kontrollierten die Stadtgebiete. Sie und Oliver waren in ihrem Revier gewesen.
    Das traf aber nicht auf die Wälder zu, hatte Jack ihr erklärt. Nicht auf die Wildnis. Hier waren sie sicher.
    Fünfzehn Jahre lang hatte Skyler New York so gut wie nie verlassen. Wie sehr ihre Verwandlung alles verändert hatte. Sie war nicht nur weit herumgekommen, jetzt kletterte sie auch noch durch die Berge in Italien. Sie sah zu Jack hinüber. Er spürte ihren Blick.
    Alles in Ordnung? , sandte er.
    »Was für ein Abenteuer!« Sie lächelte. Es war ein Geschenk, dass sie für sich sein konnten, endlich von der Gräfin befreit waren. Jeder Tag mit dir ist ein neues Abenteuer.
    Jack lächelte und lief weiter voraus. Mit seinem Wanderstab schlug er herabhängende Äste aus dem Weg und warnte sie vor rutschigen Felsen.
    Für einen Menschen hatte Ghedi ein unglaubliches Durchhaltevermögen, auch wenn er nach einem ganzen Tag in den Bergen völlig erschöpft war. Sie erreichten ein Felsplateau in der Nähe der Bergspitze des Monte Rosa und hielten an, um den Panoramablick über die Küstenlandschaft zu genießen. Sie hatten eine weite Strecke geschafft. Wenn sie weiterhin so gut vorwärtskämen, würden sie morgen gegen Mitternacht in Pontremoli sein.
    Sie beschlossen, ihr Nachtlager aufzuschlagen. Nicht weit entfernt war ein Bach, wo sie ihre Wasserflaschen auffüllen konnten, und der Boden war angenehm weich und trocken. Ghedi richtete sich etwas weiter entfernt von ihnen ein, um ihnen ihre Privatsphäre zu lassen. Skyler nahm ihren Rucksack ab und half Jack, das Zelt aufzubauen. Sie arbeiteten wortlos Hand in Hand, wie ein eingespieltes Team. Als sie fertig waren, holte Skyler frisches Wasser für das Abendessen. Sie goss das Wasser in einen Kessel und stellte ihn auf das Feuer, das Jack in der Zwischenzeit entfacht hatte.
    »Wir müssen ihn fragen«, sagte Skyler und kniete sich vor die Feuerstelle. »Es ergibt einfach keinen Sinn. Es sei denn, er war Baldessarres Conduit. Aber irgendwie glaube ich das nicht.«
    Jack versprach, das Thema anzusprechen. Als Ghedi ihnen am Feuer Gesellschaft leistete, ließ er ihn sich erst ein wenig aufwärmen, bevor er ihm die Frage stellte. »Sag mal, Ghedi«, begann er in freundlichem Ton, »wie kann es sein, dass ein so junger Priester wie du für einen der wichtigsten Orte unserer Geschichte verantwortlich ist?«
    Jack zog seine Schuhe aus, schüttelte ein paar Kieselsteinchen aus und streckte seine langen Beine näher zum Feuer hin. Er hatte eine zwanglose Miene aufgelegt, doch für einen Moment fürchtete Skyler, Jack würde Ghedi gleich an die

Weitere Kostenlose Bücher