Jäger des Einhorns
bleibe an Deck!« versicherte Rauco.
Die Schiffe wurden in der windstillen Nacht gerudert. Ihre großen, knarrenden Körper bewegten sich langsam durch die langgestreckte Dünung.
*
Der Ruf des Ausgucks und das Trappeln der Füße weckten Luxon auf. Er vergewisserte sich, daß seine Waffen sich dort befanden, wo er sie vor Stunden abgelegt hatte. Durch das winzige Bullauge blendeten waagrecht die Sonnenstrahlen.
Von Deck kamen aufgeregte Rufe.
»Ein Schiff aus Lyrland!«
»Wir halten darauf zu!«
Luxon trank mit großen Schlucken den kalten, mit Honig gesüßten Tee, legte seine Waffen an und biß zwischendurch von der Bratenscheibe, die zwischen weichen, gesalzenen Brotfladen lag. Die Schlagzahl der Ruderer nahm zu, Kommandos waren zu hören. Luxon schob sich den Niedergang hoch, holte in der frischen Meeresluft einen langen Atemzug und gähnte herzhaft. Aus dem Gewirr von Tauwerk, Segeln, Männerschultern und Waffen schob sich das Bild der Insel und des fremden Schiffes hervor.
»Dort. Es muß ein Lyrer-Schiff sein«, meinte der junge Steuermann und deutete auf ein kleines, offenes Schiff, das auf Nordkurs vor der Silhouette der Insel Tay kreuzte.
Die Entfernung zwischen dem Fremden und der Ayadon war nicht größer als zehn, fünfzehn Bogenschußweiten.
»Ein Luminat und meinetwegen ein Dutzend Seeleute, nicht mehr«, murmelte der Steuermann. »Was tun wir, wenn wir überhaupt etwas unternehmen?«
»Warte, bis Kukuar kommt.«
Die Rekayman schloß auf. Beide Schiffe wurden gerudert, die Segel hingen schlaff an den Rahen, hin und wieder schlugen sie klatschend gegen die Masten.
Mit einem Satz sprang Kukuar an Deck, überblickte die Szenerie und rief kurz:
»Schneller rudern! Sie kommen von Lyrland.«
»Sie haben aber nicht unser Schiff als Ziel«, schränkte Luxon ein. »Aber von ihnen können wir etwas über Lyrland erfahren.«
»Das mag sein.«
Im Heck des kleinen Schiffes stand ein kleiner, schmaler Mann in einem einfachen, grauen Gewand, das bis zum Boden reichte. Er winkte zu den großen Schiffen hinüber, und sein kleines Boot legte sich schwer über, als es auf die Quinenschiffe zugesteuert wurde. Natürlich dachten die Lyrländer, daß sie Schiffe der Zaketer vor sich hätten.
Rauco stieß ein lautes Gelächter aus und versicherte:
»Selbst die Zaketer sind sicher, daß ich einer der Ihren bin. Keine Sorge! Ich verstehe etwas von guter Maskierung.«
Luxon nickte und verbiß sich aus gutem Grund ein Grinsen. Vom Bug her schrie ein Seemann:
»Ihr kommt von Lyrland, Luminat?«
Ganz schwach hallte die Antwort über die zischenden Wellen.
»Ja! Vom Rat der Sieben. Ihr kommt von Yucazan?«
»So ist es. Wollt ihr dorthin?«
»Wir haben eine wichtige Botschaft und brauchen euren Schutz.«
Der Luminat war, wie es von hier aus schien, von Kopf bis Fuß und an den nackten Armen von einem grauen Staub bedeckt. Seine Seeleute waren höchst unterschiedlich gekleidet, in Stoff und Leder, ohne sichtbare Waffen.
»Sind alle Lyrer!« knurrte ein Zaketerkrieger. »Sie brauchen Schutz nach Yucazan? Was soll das?«
»Wir werden es bald wissen«, rief Rauco, legte die Hände an den Mund und brüllte einige Kommandos. Die Ayadon wurde schneller, schlug einen weiten Bogen ein und setzte sich, als der südliche Wind in die Segel schlug, neben das Boot.
»Ich bin Hesert, der Luminat! Helft ihr mir?« rief der Alte schräg zum Heck hinauf.
»Wir segeln auch nach Yucazan!« rief Rauco. Seine Augen durchforschten das offene Boot. Er konnte keine Waffen und nichts anderes entdecken, das auf Gefahren hinwies, offenen oder verdeckten. Dennoch war seine Stimme nicht ohne eine gewisse Ehrfurcht; für ihn, den Hexer, war ein Luminat ein Mann, der seinen Respekt verdiente.
Die Ayadon war durch das Wendemanöver bis ans südliche Ende der Insel getrieben worden. Tay war ein Inselchen, voll bewachsen, mit sandigen Stränden und einigen Felsklippen.
Ein dünnes Tau flog, sich in der Luft aufwickelnd, hinunter in das Schiff der Lyrländer. Zwei Matrosen belegten den Tampen am Bug.
»Eine wichtige Botschaft!« wiederholte der Luminat weniger laut. »Mich hat der Rat der Sieben beauftragt. Er schickt mich nach Yucazan. Wir kommen von Arylum.«
Ein zweites Tau wurde ins Heck geworfen, dann folgte eine breite Strickleiter, deren Enden ins schäumende Wasser klatschten. Rauco rief:
»Sollen wir euch an Bord nehmen? Oder wollt ihr neben uns segeln? Es ist kein langer Weg.«
»Ich weiß auch nicht, was besser ist«, gab
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