Jäger: Thriller (Ein Marina-Esposito-Thriller) (German Edition)
sagte Marina.
Sie waren den schmalen Weg entlanggefahren, den Marina zwei Tage zuvor zu Fuß gegangen war. Sie konnte kaum glauben, dass seitdem tatsächlich erst zwei Tage vergangen waren. Es war so viel passiert. Sie fuhren direkt bis vor das Haus und schalteten die Scheinwerfer aus. Zwei Autos parkten bereits dort. Eins war die Art von Rostlaube, wie Sandro sie kaufen würde, das andere ein kleiner, teurer Sportwagen.
Noch keine Polizei. Es war ihnen tatsächlich gelungen, Franks zuvorzukommen. Aber viel Zeit hatten sie nicht. Jede Sekunde zählte.
Marina wollte aussteigen, aber Sandro hielt sie am Arm zurück. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, weil er sie aufhielt. In seinem Gesicht jedoch spiegelte sich nichts als aufrichtige Sorge.
»Bist du dir sicher? Willst du nicht lieber warten, bis deine Kollegen kommen? Da sind schon Leute im Haus. Könnte haarig werden.«
Marina schloss ganz fest die Augen und schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht. Ich kann nicht mehr warten. Josephina ist da drin. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir müssen sie sofort da rausholen.«
Sandro nickte. »Okay. Ich komme mit.«
Marina erwiderte nichts. Am liebsten hätte sie einfach die Augen zugemacht und wäre eingeschlafen. Hätte alles ausgeblendet. Sie wollte ihr normales Leben zurückhaben. Sie wollte nicht dieses Spukhaus betreten und ihre Tochter aus der Gewalt einer Wahnsinnigen befreien müssen. Sie spürte Tränen in ihren Augenwinkeln brennen. Rieb sie mit den Fäusten weg.
»He …« Sandro machte Anstalten, sie in den Arm zu nehmen.
»Nicht«, wehrte sie ab. »Wenn du das machst, dann klappe ich zusammen. Und wenn ich zusammenklappe, habe ich nicht mehr die Kraft, da reinzugehen …«
Sandro nickte und ließ sie in Ruhe. »Okay. Aber mach dir keine Sorgen. Ich bin bei dir, Schwesterherz. Zusammen kriegen wir das hin.«
Sie drückte seine Hand und nickte ihm zu.
Dann stiegen sie aus und schlichen vorsichtig, aber schnell aufs Haus zu.
114 »Was ist so komisch?«, fragte Dee.
Amy schüttelte den Kopf. »Nichts. Gar nichts.« Dann brach sie erneut in Gelächter aus, als hätte sie soeben einen köstlichen Witz gehört, dessen Pointe sie sich auf der Zunge zergehen ließ.
Trotz der beruhigenden Gegenwart des Golem an ihrer Seite wurde Dee allmählich unsicher. »Ich habe Sie gefragt, was so komisch ist!«, wiederholte sie, diesmal lauter und schriller.
Amy stellte sich aufrecht hin. Zielte wieder mit der Pistole auf Dee. »Du.«
»Ich?«
»Ja, du. Du hältst dich für die Größte, stimmt’s? Du hast immer recht. Und selbst wenn nicht, dann hast du genug Geld, um die anderen davon zu überzeugen, dass du doch recht hast. Mein Geld.«
Dee schwieg. Lass sie reden , sagte sie sich. Der Golem erledigt sie gleich, und wir können endlich von hier verschwinden .
»Also«, sagte Amy und ließ den Lauf der Waffe kreisen, während sie ihr Ziel anvisierte. Sie hatte noch immer ein Lächeln auf den Lippen. »Was denkst du, was du jetzt tun wirst?«
»Ich?«, sagte Dee. »Gar nichts. Überhaupt nichts.« Mit dem Daumen deutete sie auf den Golem, der nun direkt neben ihr stand. »Er wird es tun.«
Amy ließ die Waffe nicht sinken. Ihre Mundwinkel zuckten, als müsse sie mit aller Macht einen Lachanfall unterdrücken.
Beklopptes Miststück , dachte Dee. Höchste Zeit, den Zirkus zu beenden . »Wir können Sie nicht länger am Leben lassen und dulden, dass Sie wilde Anschuldigungen gegen uns erheben. Pläne gegen uns schmieden. Uns in die Quere kommen … Es reicht uns. Das muss aufhören.«
Amy kicherte. Es machte Dee rasend.
»Sie haben in diesem Spiel lange durchgehalten. Und am Ende leider den Kürzeren gezogen. Es gibt keinen Preis für den zweiten Platz.«
»Ach«, sagte Amy. »Du hast ja so recht. Du weißt gar nicht, wie recht du hast.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Golem zu. Sprach ihn direkt an. »Erinnerst du dich an unsere Abmachung?« Auf einmal war der Wahnsinn aus ihren Augen verschwunden und hatte dem kühlen, kalkulierenden Blick einer Geschäftsfrau Platz gemacht. »Das Geld? Die Anteile?«
Der Golem nickte.
»Gut. Dann tu es.«
Dee spürte, wie sich die Finger des Golem um ihren Hals schlossen. Ihr blieb keine Zeit, zu schreien oder um Gnade zu flehen. Keine Zeit, sich für das Kommende zu wappnen.
Eine rasche Handbewegung.
Sie war tot.
115 Der Nebel wirbelte um ihre Füße, als Marina und Sandro auf das Haus zugingen. Die Eingangstür war aus den Angeln gefallen und halb
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