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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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sich von ihnen deprimieren und herunterziehen lassen, und das hat dazu geführt, daß sie einen potentiell bezaubernden Abend in der Stadt ruiniert hat.
    Es reicht.
    Heute wird sie die Initiative ergreifen und dafür sorgen, daß alles geradegebogen wird. Sie will Antworten, und sie wird Antworten bekommen oder zumindest alles versuchen.
    Sie zieht ihre fluoreszierende gelbe Kunstlederjacke an und nimmt dazu passende Handschuhe und einen Helm aus dem Schrank. Dann tauscht sie die Aktentasche gegen einen Rucksack aus, ebenfalls fluoreszierend gelb, und zieht Stiefel mit flachen Absätzen an.
    Der Fahrstuhl befördert sie ins unterirdische Parkhaus des Wohnkomplexes. Neben ihrem Toyota Arbiter GX steht eine Harley Roadraider. Der Toyota ist silbergrau und würdevoll, schiere exekutive Kraft. Die Harley ist fluoreszierend gelb, grell genug, um einem Betrachter die Augen zu verbrennen, und hat so viel mit einem Pinkel gemein wie, tja... sie weiß nicht, was.
    Sie schnallt sich den Rucksack auf den Rücken und setzt den Helm auf. Die Harley erwacht grollend zum Leben. Sie läßt sie aufheulen und fährt dann die Rampe hinauf. Es ist noch nicht einmal fünf Uhr früh. Die hohen silbrigen Straßenlaternen vor dem Wohnkomplex werfen ein orangefarbenes Licht. Amy steuert die Haupteinfahrt des Wohnkomplexes an.
    Ob hinein oder heraus, die Wachen wollen einen Ausweis sehen. Amy hält an, klappt ihr verspiegeltes Visier hoch und zeigt ihren Ausweis. Der Wachmann grinst. Er heißt Mo - ›Mo‹ Rasheen. Was für ein Name. Mit tiefer, musikalischer Stimme sagt er: »Wie ich sehe, sind Sie heute in der Stimmung, dem Ärger ein Schnippchen zu schlagen, Ms. Amy.«
     
    Amy lächelt und sagt: »Das wird sich noch herausstellen.«
    »Nun, ich wünsche Ihnen jedenfalls einen guten Tag!«
    »Danke.«
    Ein Kilometer Nebenstraßen bringen sie zur Auffahrt des Hutchinson River Parkway - fünf Fahrspuren aus Asphalt, der so glatt wie Glas ist und auf dem zu ihrer Überraschung so gut wie kein Verkehr herrscht. Sie gehört keiner Motorradgang an, beschließt jedoch, daß heute ein guter Tag ist, um die Harley laufen zu lassen. Sie hat die Autobahn noch nie so leer gesehen. Sie gibt Gas, bis der Motor laut heult und sie hundertsiebzig, hundertachtzig erreicht. Schnell genug für ein saftiges Bußgeld, aber nicht so schnell, daß es Wahnsinn wäre.
    Der Cross Country Parkway bringt sie zur Schnellstraße. Sie rauscht mit überhöhter Geschwindigkeit an einem auf dem Randstreifen geparkten Polizeiwagen vorbei, doch nichts geschieht. Vielleicht ist es Karma. Vielleicht ist heute ihr Tag.
    Sie erreicht die Bronx und nimmt die Ausfahrt zum Van Cortlandt Industriegebiet, in dem von Chemiefabriken über Bürohochhäuser bis zu kleinen Firmen, die Subprozessorchips und Servos für Cyberware bauen, alles ansässig ist. Das Ende der Ausfahrt wird von dunkelblauen Limousinen und Lieferwagen von Apollo Services versperrt. Apollo Services ist eine Yamatetsu- Tochter, die sich auf die Sicherheit von Industriegebieten, Einkaufszentren und so weiter spezialisiert hat.
    Amy hält an, um ihren Ausweis zu zeigen, dann fährt sie in den nordöstlichen Quadranten. Die metawissenschaftliche Anlage von Hurley-Cooper ist von einer hohen Hecke und einem Zyklon-Zaun umgeben. Amy hält vor dem Eingang. Zwei rot und schwarz uniformierte Wachen treten aus ihrer Stube und mustern sie von oben bis unten, als wollten sie sagen: Wer ist die Schlampe?
     
    Ihre Haltung ändert sich radikal, als sie ihren Ausweis zeigt, die Karte mit ihrem Holo und dem Aufdruck ›DIRECTOR‹ in großen schwarzen Druckbuchstaben. »Ms. Berman!« der Sergeant grinst und kichert unterdrückt. »Ich wußte gar nicht, daß Sie einen Hobel fahren.«
    »Das ist eine Harley, Sergeant.«
    »Das ist eine Harley ? Sie sieht aus wie...« Der Sergeant unterbricht sich, sieht sie an und sagt: »Ich meine... na ja...«
    Amy nickt. »Sie haben ganz recht.«
    Aus irgendeinem unerfindlichen Grund stellen sich die Leute so etwas wie eine Honda Viking vor, wenn sie Harley hören: groß, klobig und genug Dampf, um einem Troll Flügel zu verleihen. Ihre Roadraider sieht absolut nicht so aus, noch weniger ›Harley‹ als die Harley Scorpion. Das heißt nichts anderes, als daß sie nach Tempo aussieht, nach halsbrecherischen Jagden durch Seitenstraßen mit noch halsbrecherischen Geschwindigkeiten und nach mühelosem Meistern von Kurven, neben denen sich SimSinn-Star Holly Brighton so glatt wie ein Junge

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