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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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irgendwann heute nacht, Lady?« bemerkt der Beamte beißend.
    Amy wird plötzlich klar, was los ist. Das ist einer der wirklich bezaubernden Aspekte eines Besuchs in Manhattan. Man braucht den richtigen Ausweis, um hinein- oder herauszukommen, ansonsten kann man sich auf eine deftige Auseinandersetzung mit der Polizei gefaßt machen. Amy hat ihren Ausweis durch Hurley-Cooper bekommen, zusammen mit anderen Execs, und zwar aufgrund der Tatsache, daß HC Büroräume in der New Bronx Plaza gemietet hat. Sie fischt die graue Karte aus ihrer Brieftasche. Bevor sie auch nur aufsehen kann, winkt der Beamte sie bereits durch.
    Harman fährt über die Brücke und auf den Bruckner Expressway, dann weiter nach Scarsdale, dem Konzernviertel der Stadt. Amy hat ihren Anwohnerausweis bereits in der Hand, als Harman vor dem Wächterhaus ihres Wohnkomplexes anhält.
    »Ich wünsche Ihnen eine bessere Zukunft«, sagt der Wachmann gutgelaunt.
    Mit einem Anflug von Galgenhumor erwidert Harman: »Das können Sie zweimal sagen.«

16
     
    Die Reifen des Lieferwagens quietschen, als sie um eine Ecke biegen und dabei mit zwei Reifen abheben. Monk greift nach der Tür und hält sich mit der anderen Hand am Armaturenbrett fest, so daß es ihm gelingt, einigermaßen aufrecht auf seinem Sitz zu bleiben. Blinkende Schilder, Verkehrsampeln, die Scheinwerfer anderer Fahrzeuge und Menschentrauben auf Übergängen, Bürgersteigen und in Passagen huschen alle in einem einzigen verschwommenen Nebel vorbei.
    Minx wirft ihm einen Blick zu und grinst. »Halt dich fest, du Kick!« ruft sie. Und die Reifen quietschen wieder.
    Monk schwankt über die Mittelkonsole und wieder zurück. Er nimmt einen letzten tiefen Zug von seiner Zigarette, dann wirft er den Stummel aus dem Fenster. Es ist nur eine ganz gewöhnliche Millennium Red, aber sie weckt in ihm das Gefühl, als fliege er, fliege ganz hoch, direkt in den Orbit.
    Wusch! Und ab geht’s!
    Und hier sind sie, Minx und er, und fliegen durch die Straßen von Sektor 10, dem überbevölkerten, schmutzigen, drekverkrusteten Industrieviertel des Newarker Plex', das ›The Stacks‹ - die Schlote - genannt wird. Lagerhäuser und Fabriken rauschen vorbei. Große Laster dröhnen, Dreiklanghörner hupen. Kurven werden genommen. Null Streß, keine Action. Keine Chance, daß er sich in die Hose macht. Der Lieferwagen schlingert durch einen Slalomkurs aus Autos und Motorrädern, die überall auf der Straße und dem Bürgersteig stehen beziehungsweise auch auf dem Dach liegen, und bremst abrupt. Null Problemo, Omae.
    »Also los, du Kick!« ruft Minx.
    Sie steigen aus, beide mit Gesichtsmasken, Handschuhen, großen schwarzen wasser- und blutabweisenden Stiefeln und dunkelgrauen Overalls mit der Aufschrift GERICHTSMEDIZIN bekleidet. Ein Cop in voller Kampfmontur einschließlich Vollvisier, Körperpanzer und Maschinenpistole deutet auf die Straße und sagt mit metallisch klingender Stimme: »Da liegt das Fleisch. Bedient euch.«
    »Sahne«, erwidert Minx. »Sechs-zwo und glatt.«
    »Ende und aus«, fügt Monk hinzu.
    Minx stößt ihm in die Rippen und kichert.
    Monk grinst.
    Die Straße sieht wie ein Kriegsgebiet aus. Abgesehen von den überall herumstehenden Autos und Motorrädern und den Abschleppwagen, Leichenwagen, Feuerlöschzügen und Cop-Kutschen, sieht Monk drei Häuser mit zerschmetterten Fenstern und ein kleineres Gebäude, ein SimSinn-Theater, dem jetzt der größte Teil des ersten Stocks fehlt, da besagtes Stockwerk nur noch ein Haufen Drek ist, der auf der Straße liegt. Überall sind Leichen, sie liegen im Rinnstein, hängen halb aus ausgebrannten, umgekippten Wagen, liegen unter Schutt und Geröll.
    Welche Leichen wollen sie? fragt sich Monk. Das ist offensichtlich. Die besten.
    Die besten sind manchmal schwer zu finden. Sie sehen eigentlich genauso aus wie diejenigen, die wirklich tot sind - so tot, wie sie nur sein können. Ganz blutig mit vorstehenden Knochen und aus den Höhlen gequollenen Augen und ähnlichem Drek. Total eklig und vollkommen daneben. Die besten können genauso zermatscht und verstümmelt aussehen, aber es gibt einen Unterschied. Was Minx den subtilen Glanz des Lebens‹ nennt, ist noch da. Wie eine Aura. Sehr subtil. Diesen schwachen Glanz vor dem grellroten Dunst des Tageslichts zu sehen, ist nicht leicht. Glücklicherweise haben sie die Nachtschicht. Der schwach rötliche Glanz des Lebens hebt sich ziemlich klar vom matten, brütenden rötlichen Dunst der Nacht ab.
    »Die da«, sagt

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