Jäger und Gejagte
Gossenpunk-Spielchen spielt. Sie wird alles, wirklich alles tun, um die Informationen zu bekommen, die sie haben will. »Nenn mir ihre Namen.«
»Tang!«
Und das ist das drittemal, daß sie diesen Namen hört, den des Elfs, der dabei geholfen hat, ihr Junges zu stehlen. Der Elf ist auch als O'Keefe bekannt. »Wo ist Tang?«
»Das weiß ich nicht!«
»Wo wohnt er?«
»Das weiß ich nicht!«
»Woher kennst du ihn?«
»Eine New Yorker Connection!«
»Nenn mir einen Namen.«
»Ich kann nicht...«
Die Viper hustet erneut. Dieser Zweibeiner lernt nicht sehr rasch. Seine Schreie dauern so lange an, daß Tikki sich fragt, ob nicht jemand neugierig werden und nachsehen kommen könnte. Es ist unwahrscheinlich, daß irgend jemand aus der Nachbarschaft die Polizei ruft. Es ist noch unwahrscheinlicher, wenn ihre Ein- Schätzung richtig ist, daß die Polizei auf einen Notruf aus dieser Gegend reagieren würde. Es ist eine Gegend, in der sich Abschaum wie Clutch verkriecht.
Clutch' Amüsiermädchen wacht auf. Ihr Geruch verrät sie. Sie bleibt jedoch, wo sie ist, nämlich auf dem Fußboden, als sei sie noch bewußtlos. Sie lernt schnell.
»Der Name«, knurrt Tikki.
Clutch stöhnt: »Sabot...!«
Das riecht nach Wahrheit.
Tikki stellt weitere Fragen. Sie erfährt mehr über Sabot, zum Beispiel, wie man ihn finden kann. Mehr hat Clutch nicht beizusteuern.
Was seinen Verrat betrifft, dafür gibt es nur eine Strafe.
Sie umschließt seine Kehle mit einer Hand und drückt zu, bis Knorpel reißen und ihr Arm vor Anstrengung zittert. Ihre Zähne sind gebleckt, und als der Mann schließlich die Augen verdreht, haben sich ihre Eckzähne in Fänge verwandelt.
Damit ist eine Rechnung beglichen.
19
Der Informant ist umgelegt worden.«
»Wurde die Polizei eingeschaltet?«
»Bis jetzt noch nicht.«
Das ist gut zu hören. O'Keefe legt den Hörer des schwer gepanzerten Münztelekoms auf und zündet sich dann eine Platinum Select an. Der erste Zug kommt kräftig und würzig, mit einer Andeutung von Gewürznelken, und verstärkt sein Gefühl, daß alles so läuft, wie es laufen sollte. Ein interessanter Eindruck, überlegt er, wenn man bedenkt, wo er sich jetzt befindet. Ein rascher Rundumblick überzeugt ihn davon, daß Hartford vielleicht der einzige Ort auf der Welt ist, der noch verrufener ist als Newark.
Überall tost der Verkehr, auf den erhöhten Fahrbahnen der kaum einen Block entfernten Interstate und auf der Straße direkt vor ihm. Laster und Busse dröhnen, Motorräder heulen und jaulen. Alle sind unterwegs, und keiner hält hier an. Das kann er verstehen. Die Straße wird von Abfällen gesäumt, die zum Teil brennen. Die Häuser, die sich fünf oder sechs Stockwerke hoch in den schmutziggelben Schein des Morgens erheben, sehen wie ausgebrannte Ruinen aus, in denen nicht mehr das geringste zu holen ist. An einem Ende des Blocks schlagen ein paar Orks in Kunstleder jemanden zusammen, dessen schrille Schreie sich kurz über das unablässige Hämmern von Fäusten und Keulen erheben. Am anderen Ende der Straße befiehlt ein taktisches Einsatzteam von Lone Star einer Reihe von Gangmitgliedern, sich vor einer Mauer aufzubauen, und eröffnet das Feuer mit automatischen Waffen, als ein Gangmitglied aus der Reihe tanzt.
O'Keefe dreht sich um und geht in eine Gasse, die mit Schutt und Abfällen übersät ist. Teufelsratten beobachten ihn aus dunklen Ecken. Unter den verrosteten Überresten eines ausgeschlachteten Kühlschranks ragt ein Paar trollgroßer Beine hervor. O'Keefes Hand gleitet durch die Tasche seines schwarzen Dusters zum Kolben der Luger SPv3 in dem Halfter an seiner Hüfte. Das Gewicht der Parabellum ist ebenso beruhigend wie die Vielzweckweste von Kelmar Tech, die seine Brust schützt. Wenn es echten Ärger gibt, und der rollt bereits an, ist er bereit.
Drei Blocks weiter ist das Kuritomo Motel. Das ist die Art Loch, in dem Freudenmädchen und -jungen ihre Kunden ausnehmen und dann mehr oder weniger tot zurücklassen. O'Keefe macht sich keine Sorgen um die beiden Schnallen, die dort auf ihn warten. Sie werden mit gewöhnlichem Ärger fertig. Aus diesem Grund arbeitet er mit ihnen zusammen.
O'Keefe geht über den Parkplatz zu seinem gemieteten Leyland-Rover, schnappt sich seine Segeltuchtasche und macht sich auf, Zimmer 12 und seine ›Partner‹ zu suchen.
Das Zimmer ist ein mäßig verkommenes Rechteck mit fleckigen Tapeten, zerkratzten und nicht zueinander passenden Plastikmöbeln und fadenscheinigem
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