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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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Teppichboden. Es gibt zwei schmale Betten und einen Stuhl. Auf dem Stuhl sitzt Shaver und reinigt ihre Ingram 20t Maschinenpistole. Auf einem der Betten sitzt Whistle und schaut auf ihre Armbanduhr. Neben ihr liegen in einer großen grauen Kiste aus Makroplast ungefähr siebzig Kilogramm Köder, im Augenblick schlaff und reglos.
    »Hast du es zuerst gefüttert?« fragt O'Keefe.
    Whistle rückt und pfeift dann, um die Frage zu bejahen. Den Köder ausgiebig zu füttern, ist unabdingbar, wenn sie ihn wohlbehalten abliefern wollen. Die Wirksamkeit von Beruhigungsmitteln zu erproben, ist unabdingbar für die bevorstehenden Ereignisse.
     
    »Es gefällt mir nicht, mit Werviechern in einem Zimmer zu sein«, grollt Shaver.
    »Du wirst dich daran gewöhnen«, erwidert O'Keefe.
    Shaver ist eine ehemalige Sister Sinister. Sie kennt viele kleine hinterlistige Tricks, die die natürlichen Defizite einer Frau in Vorteile ummünzen und ebenso tödlich wie eine Kanone sind, und mit Kanonen ist sie tödlich. Sie empfindet sich selbst als verlockend sinnlich und trägt grundsätzlich engsitzendes schwarzes Kunstleder, wenngleich sie sich im Moment bis auf die Unterwäsche ausgezogen hat, so daß ihre zahlreichen Narben und Tätowierungen zu sehen sind. Whistle kleidet sich immer in Weiß. Für eine Magierin ist sie noch jung und verfügt nur über ein begrenztes Repertoire an Zaubern, aber sie kommt von der Straße und hat ein Temperament, das so solide wie Granit ist. Beide sind keine wehleidigen Vorstadtschlampen, obwohl sie sich beklagen. Sie sind ein eigenes Team, und im Augenblick geben sie vorteilhafte Verbündete ab.
    Whistle, die Weiße, und Shaver, die Schwarze.
    Kurios... ein kurioses Paar.
    Andererseits kann O'Keefe Shavers Haltung verstehen. Einen Wertiger im Zimmer zu haben, auch wenn es sich um einen jungen handelt, erinnert sie nur an die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, und Werviecher, wie Shaver sie genannt hat, zu jagen, ist so ungefähr das Riskanteste, was es gibt. Sie sind unberechenbar, manche von ihnen kaum mehr als Tiere mit der Fähigkeit, eine menschliche Gestalt anzunehmen. Sie sind schwer zu fangen, weil sie sich so schnell von Verletzungen und Wunden erholen. O'Keefe hat fünfzig verschiedene Beruhigungsmittel ausprobiert, und zwar in Dosierungen, die reichen würden, um einen Behemoth flachzulegen, aber das beste Resultat, das sie damit erzielt haben, ist eine vorübergehende Lähmung, vielleicht eine Minute der Bewußtlosigkeit. Wiederholte Anwendung bewirkt in manchen Fällen gar nichts, als würde der Körper sofort eine natürliche Immunität dagegen entwickeln.
    Und sie zu fangen, ist nur ein Teil des Problems. Sie festzuhalten, kann noch schwieriger sein. Gewöhnliche Ketten und Handschellen sind nicht immer wirksam. Das gleiche gilt für Käfige und Zellen. Die Biester sind aalglatt. Zum einen sind sie nicht durch metamenschliche Vorurteile darüber belastet, wie die Welt funktionieren sollte und daher auch funktionieren ›muß‹. Sie nutzen Gelegenheiten aus, die ein Metamensch vielleicht gar nicht als solche erkennen würde. Die klassische Geschichte von dem Tier, das sich seinen Fuß abbeißt, um einer Falle zu entkommen, ist im Falle der Werwesen nur die Spitze des Eisbergs.
    »Du solltest dieses weggetretene Vieh lieber auf Eis legen«, sagt Shaver.
    »Alles entwickelt sich nach Plan.«
    »Sagt das einer deiner Kontakte?«
    O'Keefe nickt. »Genau.«
    Die kleine rotschwarze Gestalt in dem dunkelgrauen Käfig hebt den Kopf, faucht heiser und fängt an, die Käfigstäbe wütend mit den Pfoten zu bearbeiten. Whistle pfeift leise und lange, als sei sie positiv beeindruckt. »Hey, Tang«, sagt sie mit einem Blick auf O'Keefe. »Fünfundvierzig Sekunden diesmal.«
    Unschön. O'Keefe hatte gehofft, daß diese letzte Mischung aus Barbituraten und Opiaten eine länger anhaltende Wirkung hervorrufen würde. Er muß etwas anderes versuchen. Sollte es ganz schlimm kommen, kennt er ein Gas, das benutzt werden kann, wenn auch nur unter kontrollierten Bedingungen.
    »Echt Sahne«, sagt Whistle. »Mit Schlappmachern wie diesen wird es ein Kinderspiel, Striper zu schnappen.«
    O'Keefe schüttelt den Kopf. Nach allem, was er über Striper erfahren hat, ist er nicht so dumm, Witze zu machen. »Ihr kennt meine Anweisungen«, sagt er scharf,
     
    »und werdet sie bis zur letzten Stelle hinter dem Komma befolgen.«
    Whistle pfeift.
    »Du sagtest, du hättest ein Betäubungsmittel, das wirkt«, knurrt

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